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Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras

Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras

Titel: Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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und Brot versehen in einen Ratssaal sperrt, in welchem eine der Menge der Schwachsinnigen entsprechende Anzahl von einteiligen Kleidungsstücken in verschiedenen Farben ausliegt. Die Kandidaten werden vor Beginn des Konklaves von den Mitgliedern der Schneiderzunft entkleidet und betreten den Saal nackt. Sie verbringen dort eine Nacht. Elf Blinde (falls es zum fraglichen Zeitpunkt nicht genügend Blinde in Sa’orq gibt, lädt man die fehlenden aus der Umgebung ein, notfalls aus entlegenen Orten) werden in einen anderen Raum gebracht, in welchem weder Fenster noch Lampen sind. Auf einem Tisch in diesem Raum stehen elf Farbtöpfe. Jeder der Blinden erhält einen kleinen Becher und wird aufgefordert, diesen aus einem der Töpfe zu füllen und in einen neben dem Eingang stehenden Behälter zu gießen. Am folgenden Morgen analysieren die Mitglieder der Zünfte der Gerber und Färber die Farbmischung und bestimmen, welcher Grundfarbe sie am ehesten nahekommt. Sobald sie sich geeinigt haben, wird das Konklave der Schwachsinnigen für beendet erklärt; die Türen des Ratssaals werden geöffnet. Da es dort nachts kalt war, haben die Kandidaten der Göttlichkeit sich mit größerem oder kleinerem Erfolg bemüht, sich mit den ausgelegten Kleidern gegen die Kälte zu wappnen. Der Schwachsinnige, dessen Kleidung mit dem von Gerbern und Färbern bestimmten Farbton übereinstimmt, ist der neue Erbgott. Das Verfahren ist gerecht und gegen jeden Versuch der Manipulation gefeit.
    Den Erbgott berät eine Theologenkaste, die »Kunder der Gottheit«. Hierbei handelt es sich um alte Frauen und Männer, die keinen sinnvollen Beruf mehr ausüben können und daher frei für die Politik sind. Auch ihre Zahl ist elf, und sie werden von den Zünften der Stadt gewählt. Zunächst wird hierbei unter den mehr als elf Zünften durch das Los entschieden, welche elf in Frage kommen; diese haben sodann auf der Stelle nach einer ebenfalls durch Los festgelegten Verteilung einen Kandidaten oder eine Kandidatin aus einer bestimmten anderen Zunft vorzuschlagen. Auch hier sind Absprachen und Manipulationen unmöglich. Diese Theologen legen die Ratschlüsse des Erbgotts aus oder erfinden sie. Elf ist auch die Anzahl der erfundenen und verhöhnten Götter, die in Gestalt der elf hellsten Sterne des südlichen Himmels der Nacht vorstehen und, wie die Überlieferung sagt, niemals hinschauen. In Sa’orq hält man es für ein verzweiflungsvolles Unterfangen, auf göttliche Offenbarungen zu warten, da Götter a) nicht existieren, sich b) vorwiegend Geisteskranken offenbaren und c) in der Absurdität des Großen Chaos ohnehin keine Chance haben. Die Ermittlung der göttlichen Weisungen richtet sich nach dem Gemeinwohl.
    Die wichtigste der Institutionen von Sa’orq ist jedoch zweifellos die der Annalen. In ihnen verzeichnen begabte Chronisten, die ebenfalls durch Losentscheid bestimmt wer den, mit vielerlei Ausschmückungen bemerkenswerte Scher ze, Anekdoten und Bizarrerien. Kriege, Epidemien oder be nachbarte Dynastien gelten als gewöhnlich und daher nicht aufzeichnenswert. In die Annalen von Sa’orq aufgenommen zu werden gilt als höchste Anerkennung, die einem Schelm auf Shilgat wiederfahren kann.«
     
30. Kapitel
     
    Als der Wagen in die Halle fuhr, die nach Dantes Berechnung die Station Sa’orq sein mußte, bremste Barakuda und stieg aus. Er warf sich Lederbeutel und Waffen über die Schulter und suchte nach einem Ausgang. Im warmen Goldlicht entdeckte er eine Reihe von Leitern und Treppen und vertraute sich seiner Intuition an. Nach langem Steigen erreichte er keuchend eine höhere Halle, aus der wiederum Treppen aufwärts und abwärts führten. Die Wände wiesen mehrere Öffnungen auf – vermutlich Gänge; zwischen den Öffnungen standen Statuen, deren seelenlose Blicke sich im Mittelpunkt der Halle trafen, wo sich die Lichtquelle befand. Vorsichtig tastete er sich glitschige Treppenstufen hinauf und erreichte eine Tür.
    Unversehens befand er sich auf einem gefliesten Gang, an dem viele Räume zu liegen schienen – oder viele Keller zugänge. Von rechts hörte er leise Stimmen und ging lang sam in diese Richtung.
    Der Korridor führte in eine Säulenhalle mit Statuen, ab strakten Mosaiken und Darstellungen von Heilerinstrumenten.
    An einem Ende der Halle standen schwere Holztische und Stühle; hinter einem Tisch saß eine ältere Frau und beriet zwei einfach gekleidete Leute, ein Paar. Der Mann trug ei nen Schulterverband.
    Barakuda ging betont

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