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Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Barbarendämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Die ganze Sache dauert höchstens ein, zwei Stunden. Wir bringen dich zu dem Haus und zeigen dir, wie man reinkommt. Kannst du klettern?«
    Ein Nicken.
    »Sehr gut. Dachte ich mir schon. Du gehst rein, holst raus, was ich dir vorher sagen werde, dass du rausholen sollst – und jetzt kommt ein kleiner Knüller: Falls du unterwegs in dem Häuschen noch was findest, das dir ins Auge springt, lass es einfach mitgehen. Von mir aus. Das ist dann für dich, als kleiner Bonus. Zusätzlich zu dem, was ich dir zahlen werde, wenn du mir das übergibst, was ich haben will. Na, wie hört sich das an?«
    Das Mädchen kam mit dem frisch gezapften Bier. Sie lächelte Tleck kurz, den Wilden aber länger an. Der schaute ihr mit regungslosem Gesicht in den schweißglänzenden Ausschnitt. Das machte ihr nichts aus. Vielmehr war es Bestandteil ihres Berufes.
    Als sie wieder weg war, schob sich Tlecks Gesicht erneut näher an den Essenden heran. »Also, dann erzähle ich dir mal, worum es geht. Du musst von oben in das Haus einsteigen. Vom Dach aus, mit einem Seil, in eines der oberen Fenster. Das traust du dir zu, oder? Wusste ich doch. Ist am praktischsten so, weil der Garten von Hunden bewacht wird. Fiese Viecher, die fast nur aus Zähnen bestehen. Je weniger Kontakt mit denen, umso besser. Also, du steigst oben ein und gehst ganz nach unten in den Keller durch. Dort befindet sich die Sammlung. Du musst wahrscheinlich ein paar Türen aufbrechen, aber das kriegst du schon hin, deshalb habe ich mir ja jemand Kräftigen wie dich ausgesucht. Mach dir keine Sorgen wegen des Lärms. Es wird niemand zu Hause sein. Vielleicht fangen die Köter an zu kläffen. Lass sie doch. Sie kommen nicht rein. Wenn du im Keller gefunden hast, was du mir mitbringen sollst, steigst du oben wieder aus, übergibst mir den Gegenstand, und bekommst dein Geld. Einfacher geht’s nicht. Kein Blutvergießen. Nicht mal den Kötern krümmen wir ein Haar. Nichts, was irgendwen aufregen würde außer dem Besitzer des Hauses, und der ist ein Schwein.«
    Der Hüne stürzte sein zweites Bier hinunter, und abermals machte er sich nicht die Mühe, vorher seinen Mund vom Geflügelfleisch zu leeren. Vielleicht mochte er den Geschmack von Hühnchen in Bier. »Und jetzt fragst du dich sicherlich noch, was du da rausholen sollst, stimmt’s? Nichts Riesiges, nichts, was Probleme macht. Um eine kleine Büste geht es. Sie ist nicht mal besonders wertvoll. Ich glaube sogar, dass sie nur aus Ton gemacht ist. Also brauchst du gar nicht auf den Gedanken zu kommen, sie selbst einzustecken, um sie irgendwo zu verhökern. Sie ist weniger wert als das, was ich dir für sie geben werde. Und sie ist nicht einmal besonders hübsch. Denn du wirst es kaum glauben können: Sie stellt mich dar. Da staunst du, was? Daran wirst du sie erkennen. Ich bin es, Tleck, wie ich leibe und lebe, allerdings nur ab hier aufwärts.« Tleck hielt eine Hand quer vor seine beinahe weiblich ausgeprägte Brust. »Und kleiner. Und aus Ton. Der Kerl, dem dieses Haus gehört, benutzt meine Büste bei irgendwelchen Ritualen, um dafür zu sorgen, dass ich Kopfschmerzen bekomme oder nachts nicht schlafen oder tagsüber nicht mehr richtig denken kann, der krumme Hund. Ich will das Ding wiederhaben, um es eigenhändig zerstören zu können. Glaubst du an Magie, Junge? Leute, die wie du aus den Offenen Ländern stammen, sind meistens abergläubisch, oder? Du brauchst dir aber keine Sorgen zu machen. Der Hausherr ist ja nicht da. Und so etwas wie magische Fallen gibt es nicht, das ist nur ein Ammenmärchen. Was es aber gibt, was ich tatsächlich am eigenen Leibe erfahren musste, ist, dass Objekte in Ritualen verwendet werden und dass dann daraus eine Wirkung erwächst. Wechselwirkung, Fernwirkung, was weiß ich! Kopfschmerzen. Schlaflosigkeit. Seit dieser vermaledeite Mistkerl sich hat eine Büste von mir anfertigen lassen. Aber einen Tleck legt man nicht so ohne Weiteres aufs Kreuz. Ich habe ein Mädchen seines Haushalts bestochen. Und sie hat mir gesagt, die Büste ist im Keller. In einem Raum für Rituale. Und das Fenster rechts oben wird heute Nacht offen stehen. Ja. Ich quatsche dir zu viel, mein schweigsamer Freund, nicht wahr? Du brauchst dich ja auch nicht mit sämtlichen Kleinigkeiten zu belasten, aber mir kommt es so vor, dass ich, je weniger du redest, desto mehr die Verpflichtung verspüre, die Stille mit Worten zu füllen, ist doch so, oder?«
    Der Große hielt Tleck seinen leeren Bierkrug entgegen.
    »Nein,

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