Barbarossa, Botticelli und die Beatles
denken – die Postimpressionisten. Und da es sich in der Malerei nicht anders verhält als auf vielen anderen Gebieten, gilt auch hier: Grenzen sind dazu da, um überschritten zu werden.
Den Begriff Postimpressionismus prägt der Maler und Kunstkritiker Roger Fry für die von ihm 1910 in London organisierte Ausstellung »Manet And The Post Impressionists«. Dort sind Gemälde von Paul Cézanne, Paul Gauguin und Vincent van Gogh zu sehen. Cézanne, der oft auch noch den Impressionisten zugeordnet wird, wächst in Aix-en-Provence auf. In der Schule schließt er Freundschaft mit dem späteren Schriftsteller Émile Zola und wird 1870 dessen Trauzeuge. Die Freundschaft zerbricht an Zolas Erfolg und Cézannes Misserfolg.
Schon früh will Cézanne Maler werden, doch die Familie ist dagegen. Er soll die Nachfolge des Vaters antreten, dem Inhaber einer Bank. So studiert er zunächst Rechtswissenschaften, brichtdas Studium ab und geht, nun endgültig mit dem Entschluss, sich nur noch der Malerei zu widmen, 1862 nach Paris. Dort lernt er andere junge Künstler kennen wie die späteren impressionistischen Maler Claude Monet, Édouard Manet, Alfred Sisley und Camille Pissarro.
In seiner ersten Schaffensperiode ist Cézanne noch in der Romantik verhaftet. Unter dem Einfluss seines Freundes Pissarro beginnt er sich jedoch davon zu lösen und geht ab 1880 vollkommen neue Wege. Mehr und mehr unterteilt er das Motiv in kleine Farbflächen, die noch immer sowohl Schattierungen als auch Linie und Form des Gegenstands beschreiben, so in seinen Früchtestillleben und insbesondere den zahlreichen Gemälden der Montagne Sainte Victoire in der Nähe seines Hauses in Aix-en-Provence. Pablo Picasso und Georges Braque lassen sich von dieser Zerlegung des Bildes in einzelne, nahezu autonome Formen später zum Kubismus inspirieren. Henri Matisse hingegen ist vor allem von der Auflösung des Raumes zugunsten der Farbkomposition fasziniert.
Nach dem Tode seines Vaters erbt Cézanne 1886 ein beachtliches Vermögen. Er malt von ständigen Selbstzweifeln verfolgt unermüdlich weiter. Vernichtende Kritiken führen dazu, dass er sich aus dem Kunstbetrieb zurückzieht. Erst 1895 hat er seine erste Einzelausstellung und allmählich erfährt er auch eine Anerkennung in der breiteren Öffentlichkeit. Zuvor schon hatten einige seiner Malerkollegen die Bedeutung seiner Arbeiten erkannt, die der klassischen Moderne den Weg bereiten werden.
Vincent van Gogh und das Bild des Fühlens
Vincent van Gogh lebt von 1853 bis 1890
»Es ist ihm unmöglich, mit jemandem auf eine gleichgültige Weise zu verkehren«, erklärt Theo van Gogh 1889 seiner künftigen Frau das Wesen des Bruders.
Das Bild des armen, gequälten, verkannten, mit sich hadernden Künstlers nimmt mit Vincent van Gogh seine berühmteste Gestalt an. Hochsensibel, auf der verzweifelten Suche nach dem Sinn des Lebens, scheitert der Sohn eines niederländischen Pfarrers durch sein selbstzerstörerisches Engagement als Lehrer und Hilfsprediger.
Erst vergleichsweise spät findet er zur Malerei. Um seine bisher nur autodidaktische künstlerische Ausbildung zu intensivieren, zieht van Gogh mit 27 Jahren nach Brüssel. Sein darauffolgendes Kunststudium in Antwerpen bricht er ab und geht nach Paris, wo sein Bruder Theo Kunsthändler ist, lebt auf dem Montmartre und freundet sich mit Henri de Toulouse-Lautrec und Paul Gauguin an. Seine Bilder, zuvor düster und erdig, hellen sich auf, als er in die südfranzösische Provence nach Arles zieht, um dort die reine Farbe zu finden.
Van Gogh malt schnell und spontan. Seine Gefühle sollen sich in den Bildern wiederfinden. Er vereinfacht die Form und intensiviert die Farben. So entstehen seine berühmtesten Gemälde, darunter Das Nachtcafé (1888), Sternennacht (1889), Zypressen (1889).
Van Goghs Versuch, in Arles eine Künstlerkolonie zu gründen, scheitert tragisch. Gauguin zieht zwar kurz zu ihm, doch es kommt zum Streit. Seine Wut richtet van Gogh gegen sich selbst. Er schneidet sich ein Ohr ab und wird in eine Heilanstalt eingewiesen. Noch einmal erholt er sich, malt wie besessen, aber schwere Anfälle suchen ihn heim. Der Arzt und Kunstliebhaber Paul Gachet in Auvers nimmt ihn bei sich auf und behandelt ihn. Van Gogh gerät in einen abermaligen Schaffensrausch: »Und meine eigene Arbeit, nun, ich setze mein Leben dabei aufs Spiel, und mein Verstand ist zur Hälfte dabei draufgegangen«, teilt er in seinem letzten Brief dem Bruder mit. Wenige Tage
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