Barbarossa, Botticelli und die Beatles
allen Leids könne der Mensch in seiner Beschränktheit nicht erfassen. Voltaire wird sich darüber mokieren und die von Leibniz verkündete »beste aller möglichen Welten« zum Gegenstand seiner Satire Candide machen.
Kangxi und die universelle Welt außerhalb Chinas
Kangxi lebt von 1654 bis 1722
Zur Wende zum 18. Jahrhundert findet ein fast unbekannter Austausch der Kulturen statt. Gottfried Wilhelm Leibniz interessiert sich seit Jahren lebhaft für China und ist überzeugt, »dass die höchste Kultur und die höchste technische Zivilisation« gleichzeitig in Europa und China zu finden sind. Die Chinesen seien aber das Volk, das die Europäer »in den Regeln eines noch kultivierteren Lebens übertrifft«.
Leibniz steht in regem Briefkontakt mit den Jesuiten, die der chinesische Kaiser Kangxi an seinen Hof geholt hat. Weil er hofft, das Interesse des chinesischen Herrschers selbst zu wecken, schreibt er persönlich an ihn und regt die Gründung einer Akademie der Wissenschaften in Peking an. Als Leibniz 1671 seine Rechenmaschine erfunden hat, schenkt er ein Exemplar dem Kaiser. Leider ist sie verschollen.
Leibniz und Kangxi: Die beiden so verschiedenen Männer haben einiges gemeinsam. Während Leibniz sich mit sechs Jahren schon als kleiner Privatgelehrter versucht, kommt Kangxi 1661, neun Jahre später, im gleichen Alter in China auf den Kaiserthron. Beide Männer sind in ihrer Kultur verwurzelt und doch blicken sie hinaus in die Welt und suchen nach den Dingen, die die Menschheit als Ganzes verbinden.
Kangxi ist der dritte Kaiser der Qin-Dynastie und regiert 61 Jahre lang. Mit etwa 13 Jahren beginnt er sich von seinen Regenten zu emanzipieren und zieht allmählich die Macht an sich. Um die westliche Wissenschaft kennenzulernen, lädt er mehrere Jesuiten an seinen Hof. Sie sollen ihm ihr Wissen in Mathematik, Astronomie und auf allen Gebieten der Technik nahebringen. Den belgischen Jesuiten Ferdinand Verbiest ernennt er zum Hofastronomen, nach seinem Tod dessen Ordensbruder Antoine Thomas.
Kangxi ist auch selbst als Gelehrter tätig. Er lässt eine umfangreiche Enzyklopädie erstellen und das für die chinesische Sprache wichtige Kangxi-Wörterbuch . Mehrere ausgedehnte Inspektionsreisen führen ihn in die Weite seines Reiches. Der Maler Wang Hui malt das berühmte auf Seide gefertigte Bild Die Südreise des Kaisers Kangxi . Es gehört zu einer Reihe von Rollen, die zusammen über 230 Meter lang waren. Die meisten sind erhalten und im Palastmuseum von Peking zu bewundern.
Ludwig XIV., der Sonnenkönig
Ludwig XIV. lebt von 1638 bis 1715
Frankreich scheint der Mittelpunkt der Welt zu sein. Auch Gesandtschaften Kaiser Kangxis aus dem Reich der Mitte treffen beim Sonnenkönig ein, dem wohl berühmtesten aller französischen Monarchen. Das Bild von ihm in der Welt ist vornehmlich das eines verwöhnten, von Hofschranzen umgebenen, unter hochgetürmter theatralischer Allongeperücke daherschreitenden, gepuderten Gecken. Stimmt das? Vielleicht.
Tatsächlich aber ist er auch jener Monarch, der willensstark und machtbewusst das Konzept des Absolutismus zum Höhepunkt führt und es konsequent und für alle Herrscher Europas vorbildhaft umsetzt. »Der Staat bin ich«, soll er bereits im Alter von 17 Jahren verkündet haben.
Der Gottgegebene ( le Dieudonné ) wird der Knabe voller Erleichterung genannt, als König Ludwig XIII. und seine Frau Anna von Österreich endlich nach bereits 23 Jahren Ehe einen Thronfolger bekommen. Im Prinzip ist der kleine Ludwig König, seit er denken kann. Mit vier Jahren besteigt er den Thron, während Kardinal de Mazarin für ihn die Staatsgeschäfte leitet. Als Mazarin 1661 stirbt, teilt Ludwig dem Staatsrat mit, künftig allein zu regieren. Im gleichen Jahr lässt er mit dem Bau desSchlosses von Versailles beginnen. Über zwei Jahrzehnte später zieht der Hof vom Louvre dorthin.
Versailles mit einem Hofstaat von rund 20 000 Personen wird zu einem umfassenden Vorbild. Überall in Europa eifert man der Architektur, der Mode, den Vergnügungen im Schloss, dem Zeremoniell nach. Der Landschaftsarchitekt André le Nôtre beeinflusst mit seinen Barockgärten die europäische Kultur ebenso wie der Komponist Jean-Baptiste Lully die Barockmusik und der Komödiendichter Molière Literatur und Theater. Das Hofzeremoniell wird als bewusstes und wohlgesetztes Mittel zur Demonstration, Wahrung und Ordnung der Machtverhältnisse genutzt. Jeder erkennt seinen Platz und den des anderen in der Rang-
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