Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels
legte er den Rückwärtsgang ein und trat aufs Gas. Der Wagen holperte über Schlaglöcher und durch Pfützen in die Dunkelheit. Während er sich immer weiter entfernte, sah er im Fabrikeingang mehrere Schüsse aufblitzen, von denen aber keiner den Wagen traf. Erst nach etwa zweihundert Metern wendete er und schoss, sich vor Wut auf die Lippen beißend, mit Vollgas davon.
21
In seinem Sack konnte Fermín nur ihre Stimmen hören.
»Da haben wir ja noch mal Schwein gehabt«, sagte der neue Wärter.
»Fermín schläft schon«, sagte Dr. Sanahuja in seiner Zelle.
»Manche haben echt die Ruhe weg. Da, hier ist er. Jetzt könnt ihr ihn wegschaffen.«
Fermín hörte Schritte um sich herum und verspürte einen plötzlichen Ruck, als einer der Totengräber den Knoten neu schlang und kräftig zuzog. Dann hoben sie ihn zu zweit an und schleiften ihn über den Steinboden des Gangs. Fermín getraute sich nicht, auch nur einen Muskel zu rühren.
Die Schläge von Stufen, Ecken und Türen folterten seinen Körper erbarmungslos. Er hielt sich eine Faust in den Mund und biss darauf, um nicht vor Schmerz laut aufzuschreien. Nach einer langen Reise wurde es schlagartig kalt, und das klaustrophobische Echo, allgegenwärtig im ganzen Kastell, war verschwunden. Sie befanden sich im Freien. Er wurde mehrere Meter über ein hartes Pflaster voller Pfützen geschleift. Rasch drang die Kälte in den Sack.
Schließlich wurde er hochgehoben und ins Leere geworfen. Er landete auf einer Art Holzfläche. Schritte entfernten sich. Er atmete heftig. Im Sack stank es nach Exkrementen, fauligem Fleisch und Dieselöl. Er hörte den Motor anspringen, und nach einem Ruck setzte sich der Lastwagen in Bewegung. Auf dem abschüssigen Gelände geriet der Sack ins Rollen. Fermín merkte, dass sie unter langsamem Holpern denselben Weg bergab fuhren, der ihn vor Monaten ins Kastell geführt hatte, eine lange, kurvenreiche Fahrt, wie er sich erinnerte. Doch nach kurzer Zeit bog der Lastwagen in einen anderen Weg ein, der über flaches, nicht asphaltiertes Terrain verlief, und Fermín war sich sicher, dass sie in den Berg hinein- anstatt zur Stadt hinunterfuhren. Irgendetwas konnte nicht stimmen.
Erst jetzt kam er auf den Gedanken, vielleicht habe Martín nicht alle Details berücksichtigt, irgendetwas könnte ihm entgangen sein. Letztlich wusste niemand mit Bestimmtheit, was mit den Leichen geschah. Vielleicht war Martín nicht darauf gekommen, dass sie möglicherweise in einen Kessel geschmissen und so aus der Welt geschafft wurden. Fermín konnte sich vorstellen, wie Salgado beim Erwachen aus seinem Chloroformnebel in Gelächter ausbrach und sagte, noch bevor Fermín Romero de Torres, oder wie auch immer sein Name sei, im Fegefeuer brutzele, sei er schon bei lebendigem Leib verschmort.
Die Fahrt zog sich noch einige Minuten hin. Dann verlangsamte der Lastwagen die Geschwindigkeit, und nun nahm Fermín auf einmal einen Gestank wahr, wie er ihn noch nie erlebt hatte. Das Herz schnürte sich ihm zusammen, und während ihn diese unsägliche Ausdünstung an den Rand der Ohnmacht trieb, wünschte er sich, niemals auf diesen Wahnsinnigen gehört zu haben und einfach in seiner Zelle geblieben zu sein.
22
Beim Kastell angelangt, stieg der Direktor aus dem Studebaker aus und eilte in sein Büro. Vor der Tür saß immer noch wie festgenagelt der Sekretär an seinem kleinen Schreibtisch und tippte mit zwei Fingern die Korrespondenz des Tages.
»Hör schon auf damit und lass sofort den Schweinehund Salgado herbringen«, befahl er.
Der Sekretär schaute ihn verwirrt an und wusste nicht, ob er den Mund öffnen sollte.
»Bleib doch nicht wie ein Ölgötze da sitzen, rühr dich.«
Verängstigt stand der Sekretär auf und wich dem zornigen Blick des Direktors aus.
»Salgado ist gestorben, Herr Direktor. Heute Nacht …«
Valls schloss die Augen und atmete tief.
»Herr Direktor …«
Ohne irgendeine Erklärung abzugeben, lief Valls los und blieb erst vor Zelle Nr. 13 stehen. Als er ihn erblickte, erwachte der Wärter aus seiner Benommenheit und grüßte militärisch.
»Exzellenz, was …«
»Mach auf. Schnell.«
Der Wärter schloss die Zelle auf, und Valls stürmte hinein. An der Pritsche packte er den liegenden Körper an der Schulter und riss ihn herum. Jetzt lag Salgado auf dem Rücken. Valls beugte sich über ihn und kontrollierte die Atmung. Dann wandte er sich an den Wärter, der ihn erschrocken anschaute.
»Wo ist die Leiche?«
»Die Leute vom
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