Bardenlieder von Silbersee - Die Drachenreiter 1: Schicksalsschlaege (German Edition)
hatte sie Meister Makantheo einmal belehrt, als sie ihn mit Fragen bedrängt hatte. Aber waren ihre Eltern wirklich tot? Und wenn ja, was war ihnen widerfahren?
Linara bemerkte, dass Imares unruhig auf seinem Stuhl umherrutschte. »Was ist los?«
»Nun ja«, begann der Junge zögernd. »Stimmt das, was Cirano gesagt hat? Kannst du zaubern?«
»Nein«, antwortete die Elfe gedehnt.
»Das ist doch gar nicht wahr«, behauptete Sindra. »Jeder Elf kann von Geburt an zaubern – zumindest ein Engelslicht und solch einfache Sachen.«
»Nein. Du vergisst, dass ich nicht bei Elfen aufgewachsen bin. Ich habe nie gelernt, wie man das macht.« Leichter Ärger schwang in Linaras Stimme mit. Sie mochte dieses Thema momentan überhaupt nicht.
Doch das Halbling-Mädchen ließ nicht locker. »Dann versuche es doch einmal! So etwas muss man als Elf nicht lernen, so etwas kann man. Da!« Sie schob ihren Bierkrug in die Mitte des Tisches. »Konzentriere dich darauf, dass er hübsch zu leuchten beginnt.«
Linara seufzte. Wenn sie zaubern könnte, wüsste sie das, oder? Oder? Es gab so viele Dinge, die sie nicht wusste. Sie warf Sindra einen zweifelnden Blick zu und erhielt ein aufmunterndes Nicken. Ermutigt richtete sie ihre Konzentration auf das Gefäß.
Zuerst geschah überhaupt nichts.
Die Elfe starrte auf den Behälter und ihre Gefährten warfen einander bereits enttäuschte Blicke zu.
Mit einem lauten Tosen schoss da plötzlich eine gleißende Stichflamme aus dem Krug an die Decke. Alle drei sprangen von ihren Stühlen und stürzten unter den Tisch. Gerade noch rechtzeitig, denn im nächsten Moment gab es einen ohrenbetäubenden Knall und Tonscherben sprengten in alle Richtungen, gefolgt von einem Sprühregen aus Bier.
Ächzend krochen die Gefährten wieder hervor, die Köpfe schüttelnd, um die Taubheit aus den Ohren zu verbannen, und ihre Kleidung abklopfend. In der Mitte des Tisches, dort, wo eben noch ein Krug mit Bier gestanden hatte, prangte nun ein schwarzer Brandfleck auf der Holzplatte.
»Wow! Und ich dachte immer, Engelslichter seien harmlose Lichtlein!«, rief Sindra begeistert.
Imares fühlte den Blick des Wirtes auf ihnen ruhen und gesellte schweigend zwei weitere Silberstücke zu dem einen, das bereits auf dem Tisch lag. Dann warf er Sindra einen vielsagenden Blick zu.
Der Halbling nickte.
»Kein Wort zu Cirano!«
Kapitel 5 - Alltag
Linara starrte wie gebannt auf die aufgeschlagene Seite des Buches in ihrer Hand.
»Was ist das für ein Geschöpf? Es kommt mir so bekannt vor.« Verunsicherung schwang unüberhörbar in ihrer Stimme mit.
»Das ist leicht möglich! Immerhin gibt es hier viele Aufzeichnungen und Steckbriefe über die unterschiedlichsten Kreaturen«, erwiderte Atharis ohne von seiner Arbeit aufzublicken. Er saß an seinem Schreibtisch und kramte in einem unübersichtlichen Haufen seiner Aufzeichnungen. »Man sieht sie immer wieder.«
»Nein!«, entgegnete seine Schwester. »Ich meine, ich bin ihm irgendwo begegnet.«
Imares blickte ihr neugierig über die Schulter. Die Buchseite zeigte in detaillierter Zeichnung einen ungewöhnlich kräftig gebauten Elfen mit fahler Haut und hellem Haar in Kampfpose. Es schien fast, als habe jemand versucht, den Schatten eines Elfen aufs Papier zu bannen. Der Junge lachte laut auf und schlug der Waldelfe übermütig auf die Schulter. »Meine liebe Linara! Wenn das wahr wäre, wärst du jetzt nicht hier!« Er wandte sich den anderen zu und rief: »Unsere Linara glaubt, einen Schattenelf gesehen zu haben«, was ihm einen misstrauischen Blick von Atharis eintrug.
Linara stand ratlos mitten im Raum, das Buch in der Hand, und zuckte die Achseln. »Was ist so lächerlich daran?«, fragte sie schmollend.
Atharis überlegte, wie er antworten könnte, um die, seiner Meinung nach, heikle Situation zu entschärfen.
Doch Imares kam ihm zuvor. »Kennst du die Geschichte deines eigenen Volkes nicht? Das ist dein Rassenfeind schlechthin! Die schneiden jedem Lichtelfen die Kehle durch. So gut kannst du gar nicht kämpfen können! Die sind zum Töten geboren! Nachts überfallen sie Elfensiedlungen und bri...«
Atharis fuhr wie von der Tarantel gestochen von seinem Stuhl hoch, wodurch dieser ins Wanken geriet und mit einem Krachen zu Boden ging. Den Kopf tief gesenkt, in der Hoffnung, dass niemand merkte, wie ihm das Blut heiß in die Wangen schoss, machte er sich umständlich daran, den Sessel wieder aufzustellen. Nun hatte er
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