Bardenlieder von Silbersee - Die Drachenreiter 1: Schicksalsschlaege (German Edition)
Schwester wehtut.« Es war eine Warnung. Und Atharis erkannte am Gesichtsausdruck seines Gegenübers, dass dieser sie verstanden hatte. Natürlich hatte der Elf kein Interesse daran, Linara körperlich zu verletzen. Aber das hatte Atharis auch nicht gemeint.
Er stand mit einem Ruck auf. »Seid mein Gast, wenn Ihr es wünscht.«
Jacharthis erhob sich ebenfalls und neigte den Kopf. »Ich danke Euch.«
Atharis nickte nur.
Er war sich noch nicht sicher, ob es wirklich eine gute Idee war, den Elfen aufzunehmen. Gleich morgen wollte er die Steckbriefe aus dem Elfenfürstentum Intirana einer genaueren Begutachtung unterziehen. Dem Elfen gedachte er in der Zwischenzeit eine Kammer in einem der Nebengebäude als trockene Unterkunft anzubieten, jedoch nicht das leer stehende Zimmer direkt neben jenem seiner Schwester.
Auf Anraten ihres Bruders suchte Linara ihren Lehrmeister und Ziehvater auf, da Atharis vermutete, dass die Zwillingsschwerter nicht aus einer zweitklassigen Schmiede irgendeines Dorfes stammten.
Makantheo war ein Experte auf dem Gebiet der Waffen und des Kampfes. Nun hatte er dem Trubel der Kampfschule endgültig den Rücken zugekehrt und war in eine bescheidene Holzhütte auf einer Lichtung nahe einer steilen Felswand des Kalkspitzengebirges gezogen, wo er die letzten Jahre seines Lebens in der Einsamkeit der Natur verbringen wollte. Es war ein unwegsames Gelände, in dem das Blockhaus stand. Doch Linara bevorzugte es, Mondkristall im Stall stehen zu lassen und den Aufstieg ins Gebirge auf sich zu nehmen, um die Schönheit der Natur in vollen Zügen genießen zu können.
Nun saß Meister Makantheo mit seiner Adoptivtochter auf einer Bank vor der Hütte in den letzten, wärmenden Strahlen der Frühsommersonne und zog genüsslich an seiner Pfeife. Linara lehnte gegen die dunkle Holzwand. Mit geschlossenen Augen lauschte sie dem Summen der Insekten. Sie verstand nur zu gut, warum ihr Ziehvater diesen Platz für sich gewählt hatte. Auf ihrem Schoß lag zusammengerollt das Eichhörnchen Squizi und schlief.
»Warum hast du euren neuen Gefährten nicht mitgebracht?«, unterbrach Makantheo die Stille und blies eine Rauchwolke in einen Mückenschwarm, der vor ihnen in der klaren Luft tanzte.
Linara richtete sich abrupt auf, weshalb Squizi, aus dem Schlaf gerissen, den Kopf hob und sie vorwurfsvoll anblinzelte. »Woher weißt du das denn schon wieder? Hast du Späher unter den Vögeln oder hat Squizi geplaudert?«
»Nein!«, lachte Makantheo. »Atharis war gestern hier und erzählte mir von eurem mysteriösen Elfen, der jeder Frau auf der Farm den Kopf zu verdrehen scheint. Wie war sein Name doch gleich?«
»Jacharthis«, antwortete Linara reserviert. Sie hatte die Anspielung nicht überhört.
»Jacharthis«, wiederholte der Meister und zog nachdenklich an seiner Pfeife. »Dein Bruder wollte, dass ich mir den Jungen einmal ansehe und beurteile, wie es um seine Kampfkunst steht. Deshalb dachte ich, du würdest ihn mitbringen.«
Linara schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn tatsächlich sogar gefragt, ohne dass ich von Atharis’ Plänen wusste oder auch nur davon, dass mein Bruder dich ebenfalls besuchen wollte. Doch Jacharthis hat abgelehnt. Ich dachte, er würde sich freuen, dich kennenzulernen. Es scheint mir fast, als meide er den Kontakt zu Menschen. Er ist sehr verschlossen, beinahe scheu.«
›Das wundert mich nicht‹, überlegte Makantheo, hütete sich jedoch davor, den Gedanken laut auszusprechen. »Aber du bist gekommen, um über etwas anderes mit mir zu reden«, meinte er indes fröhlich. »Wo sind diese Schwerter, von denen dein Bruder so begeistert sprach?«
Die Elfe zog die Klingen aus ihren neuen Scheiden und hielt sie ihrem Mentor hin. »Jedes Mal, wenn ich sie in die Hand nehme, habe ich das Gefühl, dass sie geladen mit Energie sind. Es würde mich nicht wundern, wären es magische Waffen.«
Makantheo nahm ihr ein Schwert aus der Hand und betrachtete es lange. Nachdenklich ließ er seine Finger über die Klinge und das Heft streifen. Es verging eine ganze Weile, bis er seiner Tochter Antwort gab: »Sie sind es in der Tat! Das sind die Drachenschwerter von Akathan, wenn mich nicht alles täuscht. Ich habe ihre Existenz bis jetzt für ein Märchen gehalten und ihren früheren Besitzer ebenfalls. Sie gehörten einem Elfenmischling – eine sehr gefährliche Mischung, wenn du mich fragst – halb Schattenelf, halb Lichtelf. Man sagt, er sei kein angenehmer Zeitgenosse gewesen, doch
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