Bardenlieder von Silbersee - Die Drachenreiter 1: Schicksalsschlaege (German Edition)
vor ihr.
Linara schrak zusammen und wich wieder zurück. Ängstlich starrte sie zwischen die Bäume. Was war das gewesen? Der Mörder?
Aus dem Dickicht schoss etwas auf sie zu. Die Elfe machte einen Satz rückwärts und stieß einen Schrei aus.
Squizi, der in vollem Galopp auf sie zugerast kam, stolperte vor Schreck über seine eigenen Pfoten und überschlug sich beinahe. Verdutzt setzte er sich auf sein Hinterteil und blickte beleidigt zu seiner Gefährtin auf, die sich verlegen durch die Haare strich. Mit einer fahrigen Handbewegung gab sie dem Tier zu verstehen, sich die Bäume zu ihrer Rechten vorzunehmen.
Linara verschränkte die Arme vor der Brust, da sie merkte, wie sehr ihre Hände zitterten, was nicht ausschließlich auf die Tatsache zurückzuführen war, dass die Nacht ungemütlich kalt war. Ihren Umhang enger um die Schultern ziehend, blickte sie sich erneut um.
Ihre Gefährten schienen spurlos verschwunden – vom Wald verschluckt. Verschluckt! Der Gedanke jagte Linara einen Schauer über den Rücken. Was, wenn der Mörder bereits zugeschlagen hatte? Lautlos. Und sie war als Letzte noch übrig ...
»Jacharthis«, flüsterte sie tonlos. »Wo seid ihr?«
Als sie nicht sofort Antwort erhielt, begann Panik in ihr hochzusteigen.
In dem Baum neben ihr raschelten Zweige. Sie wollte schreien, Mondkristall zu sich rufen.
»Ich bin direkt über dir«, hörte sie endlich die Stimme des Elfen. »Cirano befindet sich rechts, Aster links von dir und Imares lauert ungefähr zwanzig Meter entfernt in deinem Rücken.«
Linara wandte den Kopf von einer Seite zur anderen, dann blickte sie auf. »Ich sehe dich nicht«, beschwerte sie sich.
»Das sollst du auch nicht«, behauptete Jacharthis.
Unter ihm kauerte sich Linara gegen den Stamm des Baumes, auf dem er hockte.
»Ich gebe es ungern zu«, flüsterte sie. »Ich habe Angst.«
Jacharthis nickte, obwohl er gleichzeitig wusste, dass sie es nicht sehen konnte.
Sie blickte zu ihm empor. Ihre Augen suchten die Schatten zwischen den Ästen ab, erfolglos. »Glaubst du, dass jemand kommen wird?« Linaras Stimme vibrierte leicht.
Der Elf zuckte die Achseln. Natürlich konnte sie auch das nicht sehen. In den vielen Jahren, die Jacharthis in den Wäldern zugebracht hatte, hatte er gelernt, sich in den Schatten der Bäume zu verbergen, sodass er sogar für Augen, die nicht auf Tageslicht angewiesen waren, ungesehen blieb. Normalerweise jedoch hätte er eine Waldelfe damit niemals austricksen können. Es war jammerschade, dachte er, dass Linara dadurch, dass sie bei Menschen aufgewachsen war, viele Fähigkeiten ihres Volkes niemals kennengelernt hatte. Was das betraf, war er überrascht, dass sie die Kommunikation mit Tieren fast perfekt beherrschte.
Linara schmiegte sich wie eine Katze an den Baumstamm und blickte ängstlich in alle Richtungen. Es gab nur eine Sorte von Feinden, welche die junge Waldelfe wirklich fürchtete, und das waren Gegner, die sie nicht sehen konnte. Was um alles in der Welt hatte sie sich nur dabei gedacht?
»Wenn du den Köder spielen willst«, flüsterte Jacharthis über ihr, »dann solltest du dich auch dementsprechend verhalten.« Er warf einen prüfenden Blick auf ihre unmittelbare Umgebung und lauschte aufmerksam, bevor er fortfuhr: »Selbst wenn Feinde in der Nähe wären, könnten sie in zehn Metern Entfernung an dir vorbeigehen, ohne dich auch nur zu bemerken. Du ziehst so viel Aufmerksamkeit auf dich, wie ein Löwenzahn auf einer Sommerweide.«
Linara schickte einen beleidigten Blick in das Geäst über ihr. »Und was bitteschön soll ich deiner Meinung nach tun? Soll ich hier eine kleine Tanz- und Gesangsshoweinlage vorführen, um Zuschauer anzulocken?«
»Eine hervorragende Idee!«, lobte Jacharthis überschwänglich. »Wenn das nichts hilft, können wir mit Gewissheit davon ausgehen, völlig alleine in diesem Wald zu sein.« Er lächelte amüsiert über die giftigen Blicke, die Linara dem Baum zuwarf.
Umso erstaunter war er daher, als sich die Elfe nach ein paar Minuten, die sie brauchte, um ihre Angst weit genug niederzukämpfen, einige Schritte entfernte, sich dort auf einen umgestürzten Stamm setzte und zaghaft ein Lied anstimmte. Es war kaum mehr als ein Flüstern und ihre Stimme zitterte so sehr, dass ihr keine reine Tonfolge über die Lippen kam.
Jacharthis war nicht begeistert, als er in der stockenden Melodie ein Kampflied erkannte, das jungen Kriegern beigebracht wurde, die es beim Training singen sollten, um ein
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