Barins Dreieck
bezahlt Ihren Aufenthalt hier in A.?«, fragte er.
»Mein Verlag natürlich.«
»Dieses Manuskript, das Sie übersetzt haben ... haben Sie irgendeinen Beweis dafür, dass es wirklich von Germund Rein stammt?«
»Wie meinen Sie das?«
»Woher wissen Sie, dass Rein es geschrieben hat?«
Langsam wurde ich wütend.
»Natürlich ist es von Rein. Von wem sollte es sonst sein?«
»Wie kam das Manuskript in Ihre Hände?«
»Ich habe es von Kerr bekommen.«
»Von Ihrem Verleger?«
»Ja, natürlich.«
»Und woher hatte Kerr es?«
»Rein hatte es ihm geschickt.«
»Woher wissen Sie das?«
»Weil er es mir erzählt hat natürlich.«
»Kerr?«
»Ja.«
»Sie haben keine anderen Quellen?«
»Was denn für Quellen?«
»Die bezeugen können, dass es sich wirklich so verhalten hat.«
Ich schnaubte.
»Wozu sollte ich die brauchen? Was ist das für ein Schwachsinn, den Sie da andeuten wollen?«
Ich bekam eine weitere, diesmal schärfere Rüge vom Richter. Der Anwalt stützte sich mit den Ellbogen auf die Schranke, die meine Bank umgab.
»Gibt es noch etwas anderes als das Wort Ihres Verlegers, das bestätigen kann, dass es tatsächlich Rein war, der ihm dieses Manuskript geschickt hat?«
»Nein.«
»Dann kann es also ein Bluff sein, oder?«
»Das glaube ich nicht.«
»Ich frage Sie nicht, was Sie glauben.«
»Ich sehe es als vollkommen ausgeschlossen an, dass mein Verleger mit der Unwahrheit operieren würde.«
»Auch wenn das bedeuten würde, dass der Verlag auf die Füße kommt?«
»Der Verlag steht bereits auf den Füßen.«
Der Anwalt lachte kurz auf.
»Wenn aber jemand anderes sich als Rein ausgegeben hätte, könnte dann nicht auch Ihr ehrenwerter Herr Verleger hinters Licht geführt worden sein?«
Ich dachte nach. Trank einen Schluck Wasser.
»Im Prinzip schon«, musste ich zugeben. »Aber ich halte das für ausgeschlossen.«
»Danke«, sagte der Verteidiger. »Das war alles.«
Der Richter gab mir zu verstehen, dass ich meinen Platz auf der Zeugenbank verlassen durfte, und ich wurde von dem gleichen Wachtmeister hinausgeführt, der mich auch hereingeholt hatte. Als ich die Angeklagebank passierte, versuchte ich noch einmal Augenkontakt mit Mariam Kadhar herzustellen, aber sie saß immer noch unbeweglich da, den Blick zu Boden gerichtet. Otto Gerlach dagegen betrachtete mich wütend, und es war klar, dass er mich am liebsten umgebracht hätte, wenn wir uns in etwas unzivilisierterer Umgebung befunden hätten.
Als ich die breite Treppe des Gerichtsgebäudes hinunterschritt, wurde ich von blendendem Sonnenschein empfangen. Ich schaute auf die Uhr und konnte feststellen, dass mein Auftritt weniger als eine Stunde in Anspruch genommen hatte.
Ich zog meine Jacke aus. Hängte sie mir über eine Schulter und ging ins Zentrum. Die Übelkeit war immer noch da, und ich sah ein, dass ich jetzt ein paar reelle Drinks brauchte, um das Gleichgewicht wiederherzustellen.
I ch träume selten, aber als sie auftauchte, wusste ich sofort, dass sie nicht wirklich war.
Die Kleidung war die gleiche wie vor Gericht, und ihre weißen Schultern schimmerten unnatürlich weiß mit Hilfe irgendeiner Art künstlicher Beleuchtung, die ich nicht lokalisieren konnte. Sie näherte sich mir langsam, sehr, sehr langsam und vorsichtig. Ich erkannte sofort, dass sie barfuß war, ohne auch nur hinzusehen, vielleicht hörte ich ihre weichen Fußsohlen auf dem dunklen Marmorboden. Oder erkannte sie. Der Kontrast zwischen dem Warmen, Sinnlichen und dem Kalten, Harten war messerscharf. Ich spürte den Boden selbst und erkannte ihn wieder, zweifellos war er aus dem Chor in der Pierra del’Angelokirche in Tusca, wo Ewa und ich uns vor zehn Jahren eine Nacht lang geliebt hatten. Vor elf, wenn man es genau nimmt. Zwei Schritte von mir entfernt blieb sie stehen und ließ ihr Kleid zu Boden fallen. Ihre hemmungslose Nacktheit erfüllte den gesamten dunklen Kirchenraum, ich griff nach ihr, umfasste sie, sog ihre Haut in meine Nasenflügel ein, ein Duft von Thymian und Sandelholz, das einen heißen Sommertag lang in der Sonne gelegen hat. Und von Lust. In einer weichen Knicksbewegung beugte sie sich herab und umschloss mit ihren Lippen mein steifes Glied, ließ sich auf die Knie nieder, ich folgte ihr, sie ließ mich los, legte sich mit gespreizten Beinen auf den Rücken, und ich drang in sie ein. Lautstark begannen wir uns zu lieben, genau wie wir es in jener Nacht vor langer Zeit gemacht hatten. Ihre Erregung hallte im
Weitere Kostenlose Bücher