Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Barrayar

Barrayar

Titel: Barrayar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
Vom Netzwerk:
weiß wie Papier, seine Haut fast durchscheinend, als ob er buchstäblich von der Bühne schwinden würde, die er so lang beherrscht hatte.
    Die Galerie war überfüllt mit Ehefrauen, Stabspersonal und Wachen. Die Frauen waren elegant gekleidet und mit Juwelen geschmückt, und Cordelia musterte sie interessiert, dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder darauf, einige Informationen aus Vorpatril herauszuholen.
    »Hat dich Arals Ernennung zum Regenten überrascht?«, fragte sie.
    »Nicht wirklich. Ein paar Leute nahmen diese Geschichte von Rücktritt und Rückzug ins Privatleben nach dem Schlamassel von Escobar ernst, aber ich nie.«
    »Er hat es ernst gemeint, dachte ich.«
    »Oh, daran zweifle ich nicht. Der erste, den Aral mit diesem Getue vom prosaisch steinernen Soldaten zum Narren hält, ist er selber. Ich denke, das ist die Art von Mann, der er schon immer gern sein wollte. Wie sein Vater.«
    »Hm. Nun ja, ich hatte bei ihm einen gewissen Hang zum Politisieren in der Konversation bemerkt. Auch mitten in den außerordentlichsten Umständen. Zum Beispiel bei Heiratsanträgen.«
    Vorpatril lachte. »Das kann ich mir gut vorstellen. Als er jung war, war er ein echter Konservativer – wenn man wissen wollte, was Aral über irgendeine Sache dachte, dann musste man nur Graf Piotr fragen und dessen Antwort mit zwei multiplizieren. Aber zu der Zeit, als wir zusammen dienten, da wurde er … hm … komisch. Wenn man ihn in Fahrt brachte …« In seinen Augen war ein gewisses schelmisches Funkeln, das Cordelia sofort ermunterte.
    »Wie brachtest du ihn in Fahrt? Ich dachte, politische Diskussionen waren für Offiziere verboten.«
    Er schnaubte verächtlich: »Ich glaube, man hätte das Atmen mit etwa der gleichen Erfolgschance verbieten können. Der Vorschrift wird, sagen wir mal, nur sporadisch Geltung verschafft. Aral hielt sich daran, es sei denn, Rulf Vorhalas und ich nahmen ihn mit und brachten ihn dazu, sich wirklich zu entspannen.«
    »Aral? Entspannen?«
    »O ja. Nun, Arals Trinken war bemerkenswert …«
    »Ich dachte, er war ein lausiger Trinker. Er hatte keine Lust darauf.«
    »Das war es ja, was bemerkenswert war. Er trank selten. Obwohl er eine schlimme Zeit durchmachte, nachdem seine erste Frau gestorben war, als er sich viel mit Ges Vorrutyer herumtrieb … hm …« Er warf einen Blick zur Seite und nahm dann einen anderen Anlauf: »Auf jeden Fall war es gefährlich, ihn dazu zu bringen, sich zu sehr zu entspannen, denn dann wurde er niedergeschlagen und ernst, und dann brauchte es nur wenig, um dahinterzukommen, welche gegenwärtige Ungerechtigkeit oder Unfähigkeit oder Verrücktheit seinen Zorn erregte. Gott, konnte der Mann reden. Wenn er dann seinen fünften Drink hinuntergegossen hatte – kurz bevor er unter den Tisch glitt für die Nacht –, da konnte er in jambischen Pentametern über die Revolution deklamieren. Ich dachte immer, er werde eines Tages auf der politischen Seite landen.« Er lachte in sich hinein und blickte fast liebevoll auf die kräftige, in Rot und Blau gekleidete Figur, die mit den Grafen am anderen Ende des Saals saß.
    Die Abstimmung des Vereinigten Rates über die Bestätigung von Vorkosigans kaiserlicher Ernennung war nach Cordelias Meinung eine seltsame Sache. Sie hatte es bisher nicht für möglich gehalten, dass man fünfundsiebzig Barrayaraner zur Übereinstimmung darüber bringen könnte, in welcher Himmelsrichtung ihre Sonne am Morgen aufging, aber hier war das Votum für Kaiser Ezars Entscheidung fast einstimmig. Die Ausnahme bildeten fünf Männer, die sich der Stimme enthielten, vier laut, einer so leise, dass der Lordwächter des Sprecherkreises ihn auffordern musste, sein Votum zu wiederholen. Selbst Graf Vordarian stimmte mit ja, fiel Cordelia auf – vielleicht hatte Vortala den Zwist vom Abend zuvor letztlich noch in einem frühmorgendlichen Treffen beilegen können. Es schien alles auf einen sehr verheißungsvollen und ermutigenden Start von Vorkosigans neuer Aufgabe hinzuweisen, und sie sagte das auch zu Lord Vorpatril.
    »Oh … ja, Madame«, sagte Lord Vorpatril, nachdem er ihr zugelächelt hatte, »Kaiser Ezar hat deutlich gemacht, dass er geschlossene Zustimmung wünscht.«
    Sein Ton machte ihr klar, dass sie wieder einen Fingerzeig übersehen hatte.
    »Willst du damit sagen, dass einige dieser Männer lieber mit nein gestimmt hätten?«
    »Das wäre unklug von ihnen, zum jetzigen Zeitpunkt.«
    »Dann müssen die Männer, die sich enthalten haben …

Weitere Kostenlose Bücher