Barrayar
zu sagen, ich dachte, es wäre hübsch, in Palais Vorkosigan eine Liftröhre zu haben. Wenn man Basement, Subbasement, Dachgeschoß und Dach dazuzählt, dann gibt es jetzt acht Stockwerke im Hauptgebäude. Zu Fuß ist das ein ganz schöner Weg!«
»Eine Liftröhre? Wir haben nie …« – er biss sich auf die Lippe. »Wo?«
»Du könntest es im hinteren Teil des Korridors einbauen lassen, neben den Versorgungsleitungen, ohne dass dadurch die Innenkonstruktion beeinträchtigt wird.«
»Du könntest es auch. Prima. Finde einen Bauunternehmer. Tu’s!«
»Ich werde mich morgen darum kümmern. Danke, Sir.« Hinter seinem Rücken hob sie die Augenbrauen.
Offensichtlich in der Absicht, sie zu ermutigen, war Graf Piotr während des Mittagessens bemüht freundlich zu Dr. Henri, obwohl dieser deutlich ein Mann der neuen Zeit war. Henri seinerseits, der Cordelias Rat folgte, kam glänzend mit Piotr aus. Piotr erzählte Henri alles über das neue Fohlen, das in seinen Ställen hinter der Hügelkette geboren worden war.
Das Tier war ein genetisch bescheinigtes Vollblut, das Piotr ein Quarterhorse nannte, obwohl es für Cordelia wie ein ganzes Pferd aussah. Das Hengstfohlen war unter großen Kosten als tiefgefrorener Embryo von der Erde importiert und einer Rassestute implantiert worden, und Piotr hatte die Entwicklung bis zur Geburt sorgfältig überwacht. Der biologisch geschulte Henri zeigte fachliches Interesse, und nach dem Essen nahm Piotr ihn mit zu einer persönlichen Besichtigung der großen Tiere.
Cordelia entschuldigte sich: »Ich möchte mich ein bisschen ausruhen. Sie können gehen, Drou. Sergeant Bothari wird bei mir bleiben.« Tatsächlich machte Cordelia sich Sorgen über Bothari. Er hatte mittags nicht einen einzigen Bissen zu sich genommen, und seit über einer Stunde auch kein einziges Wort mehr gesprochen.
Drou, die Bedenken hatte, andererseits aber ganz versessen auf die Pferde war, ließ sich überreden. Die drei stapften also den Hügel hinauf. Cordelia blickte ihnen nach, dann wandte sie ihr Gesicht Bothari zu, der sie wieder beobachtete. Er nickte ihr auf seltsame Weise zustimmend zu.
»Danke, Mylady.«
»Hmm, ja. Ich habe überlegt, ob Sie sich nicht wohlfühlen.«
»Nein … ja. Ich weiß nicht. Ich wollte … ich wollte mit Ihnen sprechen, Mylady. Seit … seit einigen Wochen. Aber es schien sich nie eine gute Gelegenheit dafür zu ergeben. In der letzten Zeit wurde es noch schlimmer. Ich kann nicht mehr länger warten. Ich hatte gehofft, dass heute …«
»Nutzen wir den Augenblick.« Die Haushälterin klapperte in Piotrs Küche herum. »Hätten Sie Lust auf einen Spaziergang?«
»Bitte sehr, Mylady.«
Sie gingen zusammen um das alte Steinhaus herum. Der Pavillon oben auf dem Hügel mit seinem Überblick über den See wäre ein großartiger Ort zum Sitzen und Reden, aber Cordelia fühlte sich zu voll und zu schwanger für den Aufstieg. Sie führte statt dessen nach links, auf dem Pfad, der parallel zum Abhang verlief, bis sie zu einer Art kleinem ummauertem Garten kamen.
Der Familienfriedhof der Vorkosigans war bis zum letzten Winkel belegt mit unterschiedlichsten Gräbern: engere Familie, entfernte Verwandte, Gefolgsleute mit besonderen Verdiensten. Der Friedhof war ursprünglich ein Teil der Anlage des zerstörten Forts gewesen, und die ältesten Gräber von Wachen und Offizieren waren schon vor Jahrhunderten angelegt worden. Die Vorkosigans waren hier erst nach der atomaren Zerstörung der alten Distrikthauptstadt Vorkosigan Vashnoi während der cetagandanischen Invasion aufgetaucht. Die Toten waren damals mit den Lebenden verschmolzen worden, und eine Familiengeschichte von acht Generationen war ausgelöscht worden. Es war aufschlussreich, wenn man Geburts- und Sterbedaten aus neuerer Zeit in Beziehung zu den jeweiligen historischen Ereignissen brachte, z.B. zur cetagandanischen Invasion oder zum Krieg von Yuri dem Wahnsinnigen. Das Grab von Arals Mutter stammte genau aus dem Jahr, in dem Yuris Krieg begann. Neben ihr war eine Grabstelle für Piotr reserviert, und das schon seit dreiunddreißig Jahren. Sie wartete geduldig auf ihren Ehemann. Und die Männer beschuldigen uns Frauen, wir ließen immer auf uns warten. Ihr ältester Sohn, Arals Bruder, lag an ihrer anderen Seite bestattet.
»Setzen wir uns dort drüben hin.« Cordelia nickte in Richtung einer Steinbank, die von kleinen orangefarbenen Blumen umgeben war und der eine von der Erde importierte, mindestens schon ein
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