Barrayar
Entscheidung. Ich habe nur … noch ein bisschen um mich geschlagen, während ich zu Boden ging.« Er löste sich von ihr und stand wieder auf. »Lieber Captain, wenn ich in fünfzehn Jahren noch bei gesundem Verstand bin, dann wird das, glaube ich, dein Werk sein.«
Sie schaute zu ihm empor. »Und wie lautet deine Entscheidung?«
Die Qual in seinen Augen gab ihr die Antwort.
»O nein«, sagte sie unwillkürlich, dann biss sie sich auf die Lippe. Und ich habe versucht, so weise zu sprechen. Ich habe aber nicht das gemeint.
»Weißt du?«, sagte er sanft, resigniert. »Ezars Methode ist die einzige, die hier funktionieren kann. Letztlich stimmt es. Er herrscht noch von seinem Grab aus.« Er machte sich auf den Weg zum Bad, um sich zu waschen und die Kleider zu wechseln.
»Aber du bist nicht er«, flüsterte sie in den leeren Raum. »Kannst du nicht deine eigene Methode finden?«
KAPITEL 8
Vorkosigan war drei Wochen später bei Carl Vorhalas öffentlicher Hinrichtung anwesend.
»Ist es notwendig, dass du hingehst?«, fragte ihn Cordelia am Morgen, als er sich ankleidete, kühl und in sich gekehrt. »Ich muss doch nicht hingehen, oder?«
»Gott, nein, natürlich nicht. Ich muss nicht gehen, offiziell, außer … Ich muss gehen. Du kannst sicher verstehen, warum.«
»Nein … wirklich, außer als einer Art von Selbstbestrafung. Ich bin mir nicht sicher, dass du dir diesen Luxus leisten kannst, bei deiner Arbeit.«
»Ich muss gehen. Ein Hund kehrt zu seinem Erbrochenen zurück, nicht wahr? Seine Eltern werden dort sein, weißt du das? Und sein Bruder.«
»Was für eine barbarische Sitte.«
»Nun ja, wir könnten das Verbrechen als Krankheit behandeln, wie ihr Betaner das tut. Du weißt, wie das vor sich geht. Wir töten einen Menschen wenigstens sauber, auf einmal, statt stückweise über Jahre hinweg … ich weiß nicht.«
»Wie wird … es gemacht?«
»Enthauptung. Man hält sie für fast schmerzlos.«
»Wie weiß man das?«
Sein Lachen war völlig ohne Humor. »Eine sehr triftige Frage.«
Er umarmte sie nicht, als er wegging. Er kehrte knapp zwei Stunden später zurück, schweigend, lehnte mit Kopfschütteln das vorsichtige Angebot eines Mittagessens ab, sagte einen Nachmittagstermin ab und zog sich in Graf Piotrs Bibliothek zurück. Dort saß er an einem Buchprojektor, ohne zu lesen. Nach einer Weile schloss sich Cordelia ihm dort an, setzte sich auf die Couch und wartete geduldig darauf, dass er zu ihr zurückkam aus jenem fernen Bereich seines Geistes, in dem er sich jetzt aufhielt.
»Der Junge wollte tapfer sein«, sagte er nach einer Stunde Schweigen. »Man konnte sehen, dass er jede Geste im voraus geplant hatte. Aber niemand sonst folgte seinem Drehbuch. Seine Mutter machte ihn fertig … Und zur Krönung des Ganzen verfehlte der Henker seinen Hieb. Er brauchte drei Schläge, um den Kopf abzutrennen.«
»Das klingt ja, als hätte Sergeant Bothari es mit einem Taschenmesser besser gemacht.« Vorrutyer hatte sie an diesem Morgen mehr als gewöhnlich heimgesucht, scharlachrot.
»Es hat nichts gefehlt zur vollkommenen Scheußlichkeit. Seine Mutter hat mich auch noch verflucht. Bis Evon und Graf Vorhalas sie weggebracht haben.« Der leblose Ausdruck fiel von seiner Stimme ab. »O Cordelia! Das kann nicht die richtige Entscheidung gewesen sein! Und doch … und doch … es war keine andere möglich. Nicht wahr?«
Er kam zu ihr und hielt sie schweigend. Er schien sehr nahe daran zu sein, zu weinen, und es erschreckte sie fast noch mehr, dass er es nicht tat.
Schließlich wich die Spannung von ihm.
»Ich nehme an, ich sollte mich lieber zusammenreißen und umziehen. Vortala hat ein Treffen mit dem Minister für Landwirtschaft angesetzt, das zu wichtig ist, als dass ich es versäume, und danach ist da noch der Generalstab …« Als er das Haus verließ, war seine gewöhnliche Selbstbeherrschung zurückgekehrt.
In dieser Nacht lag er lange wach neben ihr. Seine Augen waren geschlossen, aber aus seiner Atmung erkannte sie, dass er den Schlaf nur vortäuschte. Sie konnte kein Wort des Trostes finden, das nicht hohl klang, deshalb schwieg sie mit ihm die langen Nachstunden hindurch.
Draußen begann es zu regnen, ein beständiges Nieseln. Einmal redete er.
»Ich habe schon früher Menschen sterben sehen. Habe Hinrichtungen befohlen, habe Männer in die Schlacht befohlen, habe einen dem anderen vorgezogen, habe drei nackte Morde verübt und hätte noch ein vierten begangen, wenn nicht Gott und
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