Barrayar
Büro.
Koudelka erschien sehr still, so deprimiert wie jeder andere in den Nachwehen der Katastrophe. Allerdings nicht so morbid wie die anderen, die mit dem Versagen des Sicherheitsdienstes zu tun hatten. Selbst Illyan wurde kleiner, wenn er sie sah.
Aral führte sie ein paarmal jeden Tag behutsam den Korridor hinauf und hinab. Das Vibra-Skalpell hatte einen saubereren Schnitt durch ihren Unterleib gemacht als etwa ein durchschnittlicher Säbelhieb, aber der Schnitt war nicht weniger tief. Jedoch schmerzte die heilende Narbe weniger als ihre Lungen. Oder ihr Herz. Ihr Bauch war nicht so sehr flach als schlaff, aber zweifellos nicht mehr besetzt. Sie war allein, unbewohnt, sie war wieder sie selbst, nach fünf Monaten dieser seltsamen verdoppelten Existenz.
Dr. Henri kam eines Tages mit einem Schwebestuhl und nahm sie zu einem kurzen Ausflug hinüber in sein Labor, damit sie sehen konnte, wo der Replikator sicher installiert war. Sie beobachtete, wie sich ihr Baby in den Vid-Aufnahmen bewegte und studierte die technischen Datensammlungen und Berichte des Teams. Nerven, Haut und Augen ihres Patienten lieferten ermutigende Testergebnisse, jedoch war sich Henri nicht so sicher über die Ohren, wegen der winzigen Knochen im Ohr. Henri und Vaagen waren richtig ausgebildete Wissenschaftler, fast betanisch in ihrer Einstellung, und sie segnete sie schweigend und dankte ihnen laut, und als sie dann in ihr Zimmer zurückkehrte, fühlte sie sich bedeutend besser.
Als Hauptmann Vaagen am nächsten Nachmittag in ihr Zimmer platzte, sank jedoch ihr Herz. Sein Gesicht war gewittrig dunkel, seine Lippen waren schroff aufeinandergepresst.
»Was ist los, Hauptmann?«, fragte sie heftig. »Der zweite Versuch mit Kalzium – ist er fehlgeschlagen?«
»Es ist noch zu früh, um das zu sagen. Nein, Ihrem Baby geht es wie immer, Mylady. Unsere Schwierigkeiten betreffen Ihren Schwiegervater.«
»Wie bitte?«
»General Graf Vorkosigan kam heute Vormittag uns zu besuchen.«
»Oh! Er kam, um das Baby zu sehen? Oh, das ist gut. Er ist so verwirrt durch all die neue Lebenstechnologie. Vielleicht beginnt er endlich, diese emotionalen Blockierungen abzubauen. Die neuen Todestechnologien akzeptiert er ja auch ziemlich bereitwillig, als der alte Vor-Krieger, der er ist.«
»Ich an Ihrer Stelle würde über ihn nicht zu optimistisch werden, Mylady.« Er holte tief Atem und nahm Zuflucht zu einer formellen Haltung. »Dr. Henri hatte die gleiche Idee wie Sie. Wir führten den General im ganzen Labor umher, zeigten die Ausrüstung, erläuterten unsere therapeutischen Theorien. Wir waren absolut ehrlich, so wie wir es mit Ihnen gewesen sind. Vielleicht zu ehrlich. Er wollte wissen, welche Resultate wir bekommen würden. Zum Teufel, wir wissen es nicht. Und das sagten wir ihm.
Nachdem er ein wenig auf den Busch geklopft hatte, Andeutungen gemacht hatte … nun ja, um es kurz zu machen, zuerst bat der General, dann befahl er, dann versuchte er Dr. Henri zu bestechen, den Absperrhahn zu öffnen. Den Fötus zu vernichten. Die Mutation, wie er sagt. Wir warfen ihn schließlich hinaus. Er schwor, dass er wiederkommen werde.«
Sie zitterte, drunten in ihrem Bauch, obgleich sie ihr Gesicht ausdruckslos hielt. »Ich verstehe.«
»Ich möchte, dass dieser alte Mann aus meinem Labor draußen bleibt, Mylady. Und mir ist es gleich, wie Sie das schaffen. Ich kann es nicht brauchen, dass solcher Mist auf uns herunterkommt. Nicht von so hoch oben.«
»Ich werde mal schauen … warten Sie hier.« Sie wickelte ihren Bademantel enger um ihren eigenen grünen Pyjama, passte ihren Sauerstoffschlauch fester an und schritt vorsichtig über den Korridor.
Aral, leger in Uniformhosen und ein Hemd gekleidet, saß an einem kleinen Tisch neben seinem Fenster. Das einzige Zeichen seines fortdauernden Patientenstandes war der Sauerstoffschlauch in seiner Nase, Behandlung seiner eigenen abklingenden Soltoxin-Pneumonie. Er konferierte mit einem Mann, während Koudelka Notizen machte. Der Mann war, Gott sei Dank, nicht Piotr, sondern nur einer von Vortalas Ministerialsekretären.
»Aral. Ich brauche dich.«
»Kann es warten?«
»Nein.«
Er stand von seinem Stuhl mit einem kurzen »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick, meine Herren!« auf und folgte ihr über den Korridor.
Cordelia schloss die Tür hinter ihnen.
»Hauptmann Vaagen, bitte erzählen Sie Aral, was Sie gerade mir erzählt haben.«
Vaagen, der um ein Grad nervöser ausschaute, wiederholte seinen
Weitere Kostenlose Bücher