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Barry Trotter und die schamlose Parodie

Titel: Barry Trotter und die schamlose Parodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerber
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Tung Shan antwortete: >Ich weiß, dass du es bist, aber was bin ich?<«
    Barry lachte. »He, das ist lustig. Es soll doch lustig sein, oder?«
    »Aber unbedingt. Alles ist ein einziger großer Witz.« Der Mönch rückte noch näher heran und lächelte. Barry bekam eine Anwandlung von Klaustrophobie, aber er wollte nicht unhöflich erscheinen. Die Snackbar hatte bis Denver geschlossen, und das Abteil war leer. Bruder Curtis saß inzwischen praktisch auf Barrys Schoß. Sein Atem roch merkwürdig — fast wie Helium.
    »Hier kommt mein Lieblings-Koan, kleiner Barry. >Joshua fragte den Lehrer Nansen: Ist der Tod ein Ende oder ein Anfang? Nansen dachte einen Moment nach und antwortete dann: Wie dringend willst du das wissen?<«
    »Moment mal«, sagte Barry. »Woher kennen Sie meinen Namen?«
    Plötzlich hörte man ein lautes Zischen, und der bizarre Geistliche begann sich unter irrem Kichern aufzublähen wie ein Ballon. Barry und Lon rappelten sich aus ihren Sitzen auf und wichen ein paar Schritte zurück. Curtis wuchs und wuchs, das Kichern wurde zu einem Meckern und dann zu schallendem Gelächter. Bald war er so groß, dass er die Tür am Ende des Waggons versperrte; die beiden Freunde rüttelten an der anderen Tür, aber die war fest verschlossen. »Das ist ein Kaputtziner!« brüllte Barry. Er würde sie zerquetschen! Der Gottesmann fuhr fort, sich mit einem bedrohlichen Zischen auszudehnen — Stühle kippten um, Tische verschwanden unter seiner Leibesfülle. Gegen diese Kreatur halfen keine Zaubersprüche, sie prallten an ihr ab wie an Gummi.
    Bruder Curtis füllte den Panoramawagen inzwischen fast vollständig aus; Lon und Barry kauerten in der hintersten Ecke und zerrten mit aller Kraft an der Klinke der verriegelten Tür. Es war nur noch eine Frage von Sekunden, bis der aufgeblasene Geistliche sie beide zermalmen würde.
    Doch dann sah Barry, wie Lon das winzige Plastikschwert aus seinem Kindercocktail nahm und es in den Mönch hineinstieß. Merkwürdig riechende Luft, eine Mischung aus Helium und Schweißgeruch, begann aus dem Loch zu strömen. »Hä?« wunderte sich Curtis. Dann wurde sein Lachen zu einem schaurigen Schreien, so laut, dass Barry und Lon sich die Finger in die Ohren stecken mussten. Bald darauf lag nur noch eine leere Hülle von einem Mönch platt auf dem Boden. Barry tippte mit seinem Schuh dagegen. Als er sicher war, dass Curtis das Zeitliche gesegnet hatte, zog er ihn in den Gang und hievte ihn aus der Tür auf das vorbeisausende Nebengleis. »Deine Religion war im übrigen echt beknackt!« gab Barry ihm noch mit auf den Weg.
    Als er zurückkam, sah er, dass der Panoramawagen völlig verwüstet war; Lon nutzte die Gelegenheit, um von der Bar ein paar Chipstüten mitgehen zu lassen. »Lass uns hier abhauen, bevor jemand kommt und uns die Schuld in die Schuhe schiebt«, sagte Barry. Durch das viele Helium in der Luft klang seine Stimme verzerrt. »Gut gemacht, Lon.«
    »Danke«, sagte Lon. Vielleicht bist du schlauer, als wir alle glauben, sinnierte Barry.
    Nachdem sie dem Tod so knapp von der Schippe gesprungen waren, beschlossen unsere Helden, sich zur Sicherheit in ihren Abteilen zu verbarrikadieren. Als sie die Great Plains überquerten, sah Barry, wie sich am Horizont vor ihnen die Umrisse von Gewitterwolken abzeichneten. Er sah die mächtige Lokomotive und die Waggons, die sich durch die Landschaft schlängelten. In einiger Entfernung konnte er schemenhaft Regen erkennen. Sie steuerten genau auf ein Unwetter zu, und Barry spürte ein gewisse Aufregung — so ähnlich, wie wenn man in eine Autowaschanlage fährt. In dem Moment ließen ihn ein Blitz und ein Donnerschlag zusammenzucken. Er hatte ein komisches Gefühl — war das etwa Angst?
    »Hmm«, sagte Barry. »Das muss wohl das sein, was man eine >böse Vorahnung< nennt.«

Kapitel fünfzehn
Albträume können sehr aufschlussreich sein
    (besonders in Schundromanen wie diesem)

    Diejenigen unter den Lesern, die diese Geschichte tatsächlich aufmerksam verfolgen, mögen sich fragen, was verdammt noch mal los ist, denn: »Wenn Barry und seine Gang gerade erst vor ein paar Seiten New York verlassen haben, wieso überqueren sie dann jetzt bereits die Great Plains? Wir wollen Magie, nicht magischen Realismus, Sie Blödmann!«
    Das ist ein berechtigter Einwand. Leider ist die Erklärung ziemlich hanebüchen: Der Zug war kein gewöhnliches Muddel-Transportmittel mehr. Gute alte schwarze Magie hatte ihn verwandelt (Stichwort: Hermelines

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