Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
erreichte mich der Ruf.
    Tausend Angelhaken schienen sich in mich hineinzubohren und ich wurde gleichzeitig in verschiedene Richtungen gezogen. Wenn ich mich allzu lange widersetzte, riskierte ich, dass meine Substanz auseinander riss, aber ich legte keinen Wert darauf, die Sache hinauszuzögern. Ich wollte das Amulett abliefern und nichts mehr damit zu tun haben.
    Erwartungsvoll gab ich dem Ruf nach und verschwand vom Dach der Kathedrale…
    …um gleich darauf im Zimmer des Jungen wieder zu erscheinen. Ich sah mich um.
    »He, was soll das denn sein?«
    »Ich befehle dir, Bartimäus, mir zu offenbaren, ob du deinen Auftrag gewissenhaft und vollständig…«
    »Was denn sonst! Was glaubst du, was das hier ist? Modeschmuck?« Ich zeigte mit der Wasserspeiertatze auf meine Brust. Im flackernden Kerzenlicht blinkte das Amulett verführerisch. »Das Amulett von Samarkand. Einst gehörte es Simon Lovelace. Jetzt gehört es dir. Bald gehört es wieder Simon Lovelace. Viel Spaß damit. Ich habe das Pentagramm gemeint, das du da gemalt hast. Was sind das für Runen? Diese zusätzliche Zeile hier?«
    Der Junge warf sich in die Brust. »Adelbrands Pentagramm.« Ich hatte fast den Eindruck, dass er selbstzufrieden grinste, doch das wäre für jemanden seines Alters dann doch zu ungehörig gewesen.
    Adelbrands Pentagramm! Verflixt. Ich machte ein großes Gedöns darum, die Umrandungen von Stern und Kreis zu überprüfen, und suchte nach winzigen Lücken oder Zittrigkeiten im Kreidestrich. Anschließend prüfte ich jede Rune und jedes Symbol.
    »Aha!«, donnerte ich. »Hier hast du etwas falsch buchstabiert! Du weißt, was das bedeutet, oder…?« Ich duckte mich zum Sprung wie eine Katze und schlug dabei drohend mit den Steinflügeln.
    Das Gesicht des Jungen verwandelte sich in ein interessantes Farbenspiel aus weiß und rot, seine Unterlippe bibberte und seine Augen quollen hervor. Er sah aus, als wollte er am liebsten davonlaufen, doch leider tat er es nicht und vereitelte damit meinen Plan. 24
(Verlässt ein Zauberer seinen Schutzkreis, hat er keine Macht mehr über sein Opfer. Ich hatte gehofft, mich auf diese Weise davonmachen zu können. Abgesehen davon hätte es mir auch erlaubt, aus meinem eigenen Pentagramm herauszutreten und ihm einen Denkzettel zu verpassen. )
Hastig überflog er die Buchstaben auf dem Boden.
    »Treuloser Dämon! Das Pentagramm ist ohne Fehl. Du kannst es nicht verlassen.«
    »Na schön, das war geschummelt.« Ich richtete mich wieder auf und legte die Flügel an den Buckel. »Willst du das Amulett nun haben oder nicht?«
    »L-leg es in die Schale.«
    Zwischen den beiden Kreisen stand eine kleine Specksteinschale auf dem Boden. Ich nahm das Amulett ab und warf es mit einer lässigen Bewegung (und einer gewissen Erleichterung) hinein. Der Junge beugte sich vor. Ich beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Wenn auch nur ein Zeh oder ein Finger aus seinem Schutzkreis herausragte, würde ich schneller zuschlagen als eine Gottesanbeterin.
    Doch dazu war der Bengel zu schlau. Er zog einen Stock aus der Tasche seines schäbigen Mantels. In der Spitze steckte ein hakenförmiges Stück Draht, das verdächtig nach einer verbogenen Büroklammer aussah. Nach einigen tastenden Versuchen erwischte er mit dem Haken den Rand der Schale und zog sie in seinen Kreis. Dann hob er das Amulett an der Kette hoch und rümpfte die Nase.
    »Igitt!«
    »Dafür kann ich nichts. Das Klärwerk Rotherhithe ist schuld. Nein, wenn ich’s mir recht überlege, bist du selber schuld. Deinetwegen war ich nämlich die ganze Nacht auf der Flucht. Du kannst froh sein, dass ich nicht ganz untergetaucht bin.«
    »Hat dich jemand verfolgt?« Es hörte sich fast erfreut an. Du liegst ja so was von daneben, mein Junge – ich an deiner Stelle hätte die Hosen gestrichen voll!
    »Alle höllischen Horden Londons waren hinter mir her.« Ich rollte die Steinaugen und klapperte mit dem gekrümmten Schnabel. »Keine falschen Hoffnungen, mein Junge, sie sind gelbäugig und gierig im Anmarsch und haben es auf dich abgesehen. Gegen sie kannst du nichts ausrichten. Du hast nur eine einzige Chance: Befreie mich aus diesem Kreis, und ich helfe dir, ihren Klauen zu entrinnen.« 25
(Genau. Und zwar hätte ich ihn eigenhändig abgemurkst, bevor sie aufgetaucht wären.)
    »Du hältst mich wohl für blöd?!«
    »Angesichts des Amuletts in deiner Hand erübrigt sich eine Antwort. Aber egal. Ich habe meine Schuldigkeit getan und meinen Auftrag erfüllt. Ich

Weitere Kostenlose Bücher