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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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einst gesessen und gelesen oder bei schlechtem Wetter ihren Verdauungsspaziergang gemacht hatten. Er ging mit ihnen die Straßen in der unmittelbaren Umgebung durch, kennzeichnete die Reviere der Nachtpolizei und – soweit bekannt – die Flugrouten der Wachkugeln. Er trug die beiden unverschlossenen Türen ein und riet ihnen für den Fall, dass sie doch auf eine verirrte Streife stoßen sollten, die Kathedrale nicht alle auf einmal, sondern einer nach dem anderen zu betreten. Kurz, Mr Hopkins hatte das Ganze vorbildlich vorbereitet.
    »Schade, dass ich so gar keine Abwehrkräfte habe«, sagte er traurig. »Sonst könnte ich mitmachen.«
    Mr Pennyfeather beobachtete gerade Stanley, der unter einer Waffenkiste wankte, die er aus dem Keller geholt hatte. »Lass gut sein, Clem«, rief er. »Du hast schon genug getan! Den Rest übernehmen wir. Was Einbrüche angeht, sind wir die Profis.«
    »Entschuldigung, Sir«, fragte Kitty, »kommen Sie etwa auch mit?«
    Der alte Mann bekam vor Wut rote Flecken im Gesicht. »Was glaubst du denn! Das wird der Höhepunkt meines ganzen Lebens! Wie kommst du dazu, das infrage zu stellen? Glaubst du etwa, ich bin dafür zu klapprig?«
    »Nein, nein, Sir, natürlich nicht.« Kitty beugte sich wieder über die Lagepläne.
    Inzwischen hatten Aufregung und Unruhe sämtliche Mitglieder der Truppe ergriffen; alle, sogar die sonst so ausgeglichene Anne, waren gereizt und nervös. Am Vormittag wurde die Ausrüstung verteilt und jeder packte schweigend seine Sachen zusammen. Als Kitty mit den Gaben des unbekannten Gönners zurückgekommen war, hatten sich Pennyfeather und Mr Hopkins ins Hinterzimmer verzogen und in die Instruktionen vertieft. Die anderen lungerten zwischen Farbtuben und Staffeleien herum und redeten nicht viel. Anne schmierte Brote fürs Mittagessen.
    Nachmittags gingen Kitty, Fred, Stanley und Nick zum Training in den Keller. Fred und Stanley schleuderten abwechselnd Wurfscheiben an einen zernarbten Balken, Nick verwickelte Kitty in eine fingierte Messerstecherei. Als sie zurückkamen, hatten sich Mr Hopkins und Mr Pennyfeather immer noch im Hinterzimmer eingeschlossen. Um halb sechs, die Stimmung war schon sehr angespannt, stellte Anne Tabletts mit Tee und Mandelplätzchen auf den Tisch. Eine Stunde später kam Mr Pennyfeather aus dem Hinterzimmer und goss sich bedächtig eine Tasse kalten Tee ein.
    »Wir haben die Anleitung entschlüsselt«, verkündete er. »Jetzt kann es losgehen.« Er hob die Tasse und brachte feierlich einen Trinkspruch aus: »Auf heute Nacht, wie immer unser Unternehmen auch ausgehen mag! Wir kämpfen für eine gerechte Sache. Seid stark und zuversichtlich, Freunde. Wenn wir mutig sind und nicht verzagen, fängt für uns ein neues Leben an!«
    Er trank und stellte die Tasse mit vernehmlichem Klirren auf der Untertasse ab.
    Es folgte die allerletzte Besprechung.
    Kitty betrat das Nebengebäude der Kathedrale als Zweite. Vor weniger als einer Minute war Anne ihr vorangegangen. »Meinst du, wir dürfen Licht machen?«, flüsterte sie.
    »Ich hab ’ne kleine Stabtaschenlampe dabei«, erwiderte Anne.
    Ein schmaler Strahl fiel auf die gegenüberliegende Wand und streifte flüchtig Kittys Gesicht. Kitty blinzelte und hob abwehrend die Hand. »Runter damit«, sagte sie. »Vielleicht gibt’s hier Fenster.«
    Anne hockte sich hin und ließ den Lichtkegel aufs Geratewohl über die Steinfliesen schweifen, beleuchtete aufgestapelte Farbeimer, mehrere Spaten und Harken, einen blitzblanken neuen Rasenmäher und anderes Werkzeug. Kitty streifte den Rucksack ab, ließ ihn zwischen ihre Füße plumpsen und sah auf die Uhr. »Gleich kommt der Nächste.«
    Prompt hörte man es draußen vor der Tür leise scharren. Anne knipste die Taschenlampe aus. Sie saßen im Dunkeln.
    Die Tür ging auf und wieder zu, jemand atmete schwer. Der Luftzug brachte einen Schwall Rasierwasserduft mit herein.
    »Hallo, Fred«, sagte Kitty erleichtert.
    Der Rest der Truppe traf im Abstand von jeweils fünf Minuten ein. Der Letzte war Mr Pennyfeather, der schon jetzt völlig außer Atem war. »Frederick! Stanley! Laternen… an!«, befahl er keuchend. »Hier gibt… Hier gibt es… keine Fenster. Es kann nichts passieren.«
    Die sechs Eindringlinge standen einander im hellen Schein der beiden Petroleumlaternen gegenüber. Alle trugen Rucksäcke, alle waren schwarz gekleidet. Mr Pennyfeather hatte sogar seinen Stock schwarz angemalt und die Spitze mit einem schwarzen Stoffstreifen umwickelt. Nun

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