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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Jones?«, fragte er höflich. »Wenn Sie einverstanden sind, würde ich mich gern mit Ihnen unterhalten.« Seine Mundwinkel zuckten. »Oder erwägen Sie soeben, aus dem Fenster zu springen?«
    Indem er aussprach, was ihr gerade durch den Kopf ging, erwischte sie der Zauberer – ob nun durch Zufall oder mit Absicht – eiskalt, sodass sie einen Fluchtversuch fürs Erste aufschob. Sie wurde rot, kniff die Lippen zusammen, setzte sich aufs Sofa und blickte ihr Gegenüber mit künstlicher Gelassenheit an.
    Das war also dieser Mandrake, dessen Leute der Widerstandsbewegung seit Monaten auf den Fersen waren. Seinen Beruf sah man ihm schon von weitem an, allein die Kleidung verriet ihn: langer schwarzer Mantel, lächerlich enger schwarzer Anzug, glänzende Lacklederschuhe. Aus seiner Brusttasche wuchs wie eine riesige Klatschmohnblüte ein übergroßes rotes Taschentuch, die langen Haare hingen ihm wirr um das schmale, blasse Gesicht. Erst jetzt sah Kitty, wie jung er noch war, bestimmt nicht älter als sie selbst, womöglich sogar um einiges jünger. Wie um das zu überspielen, legte er arrogant die Fingerspitzen zusammen und schlug die Beine übereinander, wobei sein Fuß zuckte wie die Schwanzspitze eines verspielten Kätzchens; sein Lächeln sollte sicher liebenswürdig sein, wirkte aber bloß angestrengt.
    Dass er noch so jung war, beruhigte Kitty ein wenig. »Was wollen Sie von mir, Mr Mandrake?«, fragte sie scheinbar gelassen.
    Der Zauberer ergriff die ihm zunächst stehende Tasse samt Untertasse und trank einen Schluck Tee. Mit betonter Sorgfalt setzte er beides auf der Armlehne des Sessels ab und rückte es behutsam zurecht. »Sehr liebenswürdig von Ihnen, Mrs Jones«, sagte er schließlich. »Ein schmackhaftes Getränk. Vielen Dank für Ihre Zuvorkommenheit.« Das Lob entlockte Kittys Mutter nur ein leises Schluchzen.
    Kitty achtete nicht darauf, sie hatte nur Augen für den Zauberer. »Was wollen Sie?«
    Diesmal gab er ihr eine Antwort: »Zunächst einmal möchte ich Ihnen mitteilen, dass Sie verhaftet sind.«
    »Und weshalb?« Kitty hörte, dass ihre Stimme schwankte.
    »Nun… sagen wir…« Bei jedem Punkt der nun folgenden Aufzählung tippte er die Fingerspitzen bekräftigend aneinander: »Terrorismus, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Verrat an Mr Devereaux, Vandalismus, vorsätzliche Beschädigung fremden Eigentums, Verabredung zum Mord, Raubüberfall, Grabschändung… ich könnte noch weitermachen, aber das würde Ihre Mutter nur unnötig aufregen. Wirklich sehr betrüblich, dass zwei so unbescholtene, staatstreue Bürger mit einer Tochter wie Ihnen gestraft sind.«
    »Ich verstehe das nicht«, sagte Kitty, ohne eine Miene zu verziehen. »Das sind alles schwerwiegende Anschuldigungen. Haben Sie dafür irgendwelche Beweise?«
    »Sie wurden in Gesellschaft diverser uns bekannter Verbrecher gesehen, die der so genannten Widerstandsbewegung angehören.«
    »Gesehen? Was soll das heißen? Wer hat das behauptet?«
    »Kathleen, du dummes Ding, sag die Wahrheit!«, mahnte der Vater.
    »Misch dich nicht ein, Papa.«
    »Besagte Verbrecher«, fuhr der Zauberer fort, »wurden heute Morgen tot in einer Gruft in Westminster Abbey aufgefunden, die sie zuvor geplündert hatten. Der eine war ein gewisser Mr Pennyfeather, Ihr Arbeitgeber, soweit ich unterrichtet bin.«
    »Ich hab’s ja immer geahnt, dass mit dem Kerl was nicht stimmt«, flüsterte die Mutter.
    Kitty holte tief Luft. »Es tut mir Leid, das zu hören, aber Sie erwarten doch wohl nicht, dass mich mein Arbeitgeber über sein Privatleben unterrichtet! Da müssen Sie sich schon etwas Besseres einfallen lassen, Mr Mandrake.«
    »Sie leugnen also, dass Sie auch außerhalb der Arbeitszeit mit diesem Pennyfeather zu tun hatten?«
    »Aber ja.«
    »Und wie steht’s mit seinen Mitverschwörern? Zwei jungen Männern namens Fred und Stanley?«
    »Mr Pennyfeather beschäftigte eine Menge Hilfskräfte. Ich habe die beiden schon gekannt, aber nicht besonders gut. Ist das alles, Mr Mandrake? Mir scheint, Sie haben überhaupt keine Beweise gegen mich!«
    »Nun, was das betrifft…« Der Zauberer lehnte sich lächelnd zurück, »drängt sich beispielsweise die Frage auf, wieso Ihre Kleidung voller weißer Flecken ist. Man könnte fast an Schimmel denken, vielleicht aus einer alten Gruft… Auch könnte man sich fragen, warum Sie heute früh nicht zur Arbeit erschienen sind, vor allem, da es doch zu Ihren Aufgaben gehört, den Laden morgens pünktlich

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