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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Gemeinschaft gewesen, oft hatte es Meinungsverschiedenheiten über die bestmögliche Vorgehensweise gegeben, die in den letzten paar Monaten eher noch zugenommen hatten. Jetzt aber war davon gar nichts mehr übrig. Ihre Gefährten waren tot oder verschwunden und mit ihnen das gemeinsame Ziel.
    Aber worin hatte dieses Ziel eigentlich bestanden? Seit dem Desaster in der Kathedrale sah Kitty nicht nur die Zukunft, sondern auch die Vergangenheit mit anderen Augen. Sie erkannte, wie sinnlos ihre Bemühungen gewesen waren. Nicht nur sinnlos, sondern auch kindisch. Wenn sie sich Mr Pennyfeather jetzt vorzustellen versuchte, sah sie ihn nicht mehr als die von hehren Visionen beseelte Leitfigur, der sie so lange gefolgt war, sondern eher als besseren Dieb, der mit rotem Gesicht grinsend und schwitzend in gruseligen Särgen nach tückischer Beute wühlte.
    Was hatten sie eigentlich erreichen wollen? Was hätten sie mit den erbeuteten Artefakten tatsächlich anfangen können? Sie hätten die Zauberer nicht stürzen können, auch nicht mithilfe einer Kristallkugel. Nein, sie hatten sich die ganze Zeit etwas vorgemacht. Der Widerstand war bloß ein Floh, der einer Bulldogge ins Ohr zwickt – ein Hieb mit der Pfote, und das war’s dann.
    Sie zog den Silberanhänger aus der Tasche und betrachtete ihn gleichgültig. Oma Hyrneks Geschenk hatte ihr das Leben gerettet, nicht mehr und nicht weniger. Es war reiner Zufall, dass sie überhaupt noch lebte.
    Im Grunde ihres Herzens hatte Kitty schon lange gewusst, dass die Gruppe allmählich zerfiel, aber dass sie so mir nichts, dir nichts zerschlagen werden konnte, darüber kam sie einfach nicht hinweg. Es hatte nur eines einzigen, angriffslustigen Dämons bedurft und alle Abwehrkräfte waren umsonst. Die großen Reden, die sie geschwungen hatten, Mr Hopkins’ kluge Ratschläge, Freds Angeberei und Nicks wohl überlegte Argumente… alles Schall und Rauch. Kitty konnte sich kaum mehr an diese Art Diskussionen erinnern, die Ereignisse in der Gruft hatten alles andere ausgelöscht.
    Da war Nick. Der Dämon hatte behauptet (dessen Worte klangen ihr nur zu deutlich im Ohr), er habe zehn von zwölf Eindringlingen getötet. Zählte man seine früheren Opfer mit, bedeutete das, dass auch Nick noch am Leben war. Ein spöttisches Grinsen huschte über Kittys Gesicht. Nick war so schnell verschwunden, dass sie nicht einmal mitbekommen hatte, wie er hinausgerannt war. Im Gegensatz zu ihr hatte er nicht im Traum daran gedacht, Fred, Anne oder Mr Pennyfeather zu Hilfe zu eilen.
    Und dann der schlaue Mr Hopkins… Wenn sie an den faden Bücherwurm dachte, packte Kitty heller Zorn. Wo war er denn die ganze Zeit gewesen? Schön weit weg und in Sicherheit. Weder er noch der geheimnisvolle Unbekannte, jener Herr, dessen Informationen hinsichtlich Gladstones Sicherheitsvorkehrungen so bedauerlich lückenhaft gewesen waren, hatten sich getraut, am Einbruch in die Gruft teilzunehmen. Hätten die beiden Mr Pennyfeather in den vergangenen Monaten nicht so beeinflusst, wäre der Rest der Gruppe jetzt noch am Leben. Und was war der Lohn für ihr Opfer? Leere Hände. Bis auf einen knorrigen alten Holzstecken.
    Gladstones Stab lag neben ihr auf dem schmutzigen Boden. In einem jähen Wutanfall sprang Kitty auf, packte ihn mit beiden Händen und wollte ihn über dem Knie zerbrechen. Zu ihrer Verwunderung konnte sie nichts ausrichten, es vibrierte nur schmerzhaft in ihren Handgelenken. Das Holz war widerstandsfähiger, als es aussah. Mit einem Wutschrei warf sie den Stab an die Wand.
    So plötzlich, wie er gekommen war, wich Kittys Zorn einer gähnenden inneren Leere. Es war durchaus denkbar, dass sie zu gegebener Zeit wieder Kontakt mit Mr Hopkins aufnehmen und mit ihm einen neuen Schlachtplan schmieden konnte. Aber nicht gleich heute. Erst musste sie etwas gegen das grässliche Gefühl unternehmen, ganz allein auf der Welt zu sein. Sie wollte ihre Eltern besuchen.
    Es war schon später Nachmittag, als Kitty den Keller verließ und mit gespitzten Ohren in den Hof trat. Irgendwo jaulten Sirenen, vom anderen Themseufer trug der Wind den Widerhall gelegentlicher Explosionen heran. Irgendetwas war dort im Gange. Sie zuckte die Achseln. Umso besser. Niemand würde groß auf sie achten. Sie schloss den Keller ab, versteckte den Schlüssel und machte sich auf den Weg.
    Obwohl sie kein Gepäck hatte (den Stab hatte sie im Keller gelassen), brauchte Kitty zu Fuß fast den ganzen Abend bis nach Balham, und als sie die

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