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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem
Autoren: Jonathan Stroud
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London zu machen. Ein Hobby, wenn man so will, ein kleiner Ausgleich zu meinem Beruf. Erst gestern habe ich noch ein originales Nummernschild aus Porzellan aufgetrieben, nach dem ich Monate gesucht hatte, und an die Motorhaube geschraubt. Endlich war mein Prachtstück vollständig. Heute Morgen habe ich es zu einer kleinen Spritztour herausgeholt. Und was passiert? Ich werde aus heiterem Himmel von zwei halbwüchsigen, rotznasigen Gewöhnlichen angegriffen. Ihr habt mir die Windschutzscheibe zerdeppert, euretwegen habe ich die Kontrolle über den Wagen verloren, bin gegen eine Laterne geknallt, habe mir Karosserie, Reifen und Motor ruiniert und mein Nummernschild ist in tausend Scherben zersprungen. Mein schönes Auto ist ein Schrotthaufen. Es ist nicht mehr zu gebrauchen…« Er holte Luft. Eine dicke rosa Zunge fuhr zuckend über seine Lippen. »Was ich von euch will? Nun, erst einmal wüsste ich gern, was ihr dazu zu sagen habt!«
    In der Hoffnung auf eine Eingebung sah sich Kitty suchend um. »Ähm… vielleicht ›Entschuldigung‹?«
    »Entschuldigung?«
    »Ja, Sir, es war ein Versehen, wir wollten wirklich nicht…«
    »Ist das dein Ernst? Bei dem Schaden, den ihr angerichtet habt? Ihr niederträchtigen Gewöhnlichenbälger…«
    Kitty kamen die Tränen. »Das stimmt nicht!«, rief sie verzweifelt. »Wir haben nicht auf Ihr Auto gezielt! Wir haben bloß gespielt! Wir konnten die Straße gar nicht sehen!«
    »Gespielt? In einem Privatpark?«
    »Der Park ist nicht privat. Und wenn doch, ist das nicht richtig!« Kitty verlor die Beherrschung und schrie beinahe. »Es benutzt ihn doch gar niemand! Wir haben nichts Schlimmes gemacht. Wieso dürfen wir dann nicht herkommen?«
    »Halt die Klappe, Kitty«, warnte Jakob sie mit erstickter Stimme.
    »Nemaides«, wandte sich der gut gekleidete Herr an das Affenwesen am anderen Brückenende, »komm doch mal her. Ich hab hier was zu tun für dich.«
    Kitty vernahm das gedämpfte Tappen krallenbewehrter Pfoten und spürte, wie Jakob sich duckte.
    »Das mit Ihrem Auto tut uns Leid, Sir, ehrlich!«, versicherte sie noch einmal leise.
    »Warum lauft ihr dann weg und steht nicht zu eurer Missetat?«, fragte der Zauberer.
    Tonlos erwiderte sie: »Wir hatten Angst. Bitte, Sir…«
    »Das ist auch durchaus angebracht. Nun, Nemaides, ich würde die Schwarze Schleuder vorschlagen, oder was meinst du?«
    Kitty hörte kräftige Fingerknöchel knacken und eine tiefe Stimme bedächtig entgegnen: »Welche Drehzahl? Sie sind kleiner als der Durchschnitt.«
    »Ich fände eine ziemlich hohe angebracht. Schließlich war der Wagen sehr teuer. Jetzt mach schon.« Der Zauberer war offenbar der Meinung, seine Rolle in dieser Angelegenheit sei beendet. Die Hände immer noch in den Taschen, wandte er sich um und machte sich hinkend auf den Rückweg zum Tor in der Parkmauer.
    Vielleicht konnten sie ja doch noch wegrennen… Kitty zupfte Jakob am Kragen. »Komm!«
    Sein Gesicht war kreidebleich und sie konnte ihn kaum verstehen: »Hat keinen Zweck. Wir schaffen’s nicht…« Inzwischen hatte er ihr T-Shirt losgelassen, seine Arme hingen schlaff herunter.
    Wieder ertönte das dumpfe Tapp-Tapp-Tapp. »Sieh mich an, Kind.«
    Kitty erwog flüchtig, Jakob im Stich zu lassen und ihre eigene Haut zu retten, über die Brücke in den hinteren Teil des Parks zu fliehen. Doch beschämt verwarf sie den Gedanken und drehte sich langsam um.
    »So ist’s brav. Bei Frontalkontakt funktioniert die Schleuder besser.« Der Affe wirkte nicht einmal besonders schadenfroh, seine Miene war eher gelangweilt.
    Kitty bezwang ihre Angst und hob flehend die Hand. »Tu uns nichts… bitte!«
    Die gelben Augen weiteten sich, die schwarzen Lippen schürzten sich bedauernd zur Schnute. »Das ist leider nicht möglich. Ich habe meine Befehle, und die lauten nun mal, auf euch beide die Schwarze Schleuder anzuwenden… und diesen Auftrag muss ich befolgen, sonst komme ich selbst in große Schwierigkeiten. Ihr wollt doch nicht etwa, dass man mich mit dem Schrumpffeuer bestraft?«
    »Ehrlich gesagt wär mir das lieber als…«
    Der Dämon zuckte wie eine Katze nervös mit dem Schwanz, winkelte ein Bein an und kratzte sich mit der ausgefahrenen Kralle in der anderen Kniekehle. »Das kann ich dir nachfühlen. Es ist wirklich eine unerfreuliche Situation. Ich schlage vor, wir bringen die Sache möglichst schnell hinter uns.«
    Der Dämon hob die Hand.
    Kitty schlang den Arm um Jakob. Sie spürte sein Herz durch das Hemd hindurch
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