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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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stehen, um sie wieder anzuzünden, und sah sich abermals gründlich um. Diesmal kniff er unmerklich die Augen zusammen, machte kehrt und schlenderte lässig wieder zurück. Kitty und Stanley betrachteten angeregt irgendein Schaufenster, ein Händchen haltendes verliebtes Pärchen. Fred ging an ihnen vorbei. »Dämon im Anmarsch«, raunte er. »Tu die Tasche weg.«
    Eine Minute verstrich. Kitty und Stanley betrachteten unter zärtlichem Getuschel die Perserteppiche in der Auslage, Fred besah sich interessiert die Blumengestecke im benachbarten Laden. Kitty behielt aus dem Augenwinkel die Ecke im Blick. Dort erschien jetzt ein kleiner, alter, gut gekleideter und weißhaariger Herr, der vergnügt einen Militärmarsch summte. Dann überquerte er außerhalb ihres Blickfelds die Straße. Kitty schielte zu Fred hinüber, der unauffällig den Kopf schüttelte. Kitty und Stanley blieben vor ihrem Schaufenster stehen. Jetzt kam eine Dame mittleren Alters mit einem ausladenden Blumenhut um die Ecke. Sie ging sehr langsam, als sinniere sie über das Elend der Welt. Als sie vorbeiging, roch Kitty ihr Parfüm, eine kräftige, ziemlich aufdringliche Duftnote. Ihre Schritte verklangen.
    »Alles klar«, zischte Fred. Er ging zur Ecke zurück, prüfte, ob die Luft rein war, nickte und bog ab. Kitty und Stanley trennten sich von ihrer Teppichauslage, ließen einander so abrupt los, als hätten sie gerade eben festgestellt, dass der andere an einer ansteckenden Krankheit litt, und folgten Fred. Kitty zog ihre Tasche aus dem Mantel und trug sie wieder in der Hand.
    Die nächste Straße war schmaler, dort gab es kaum Passanten. Auf der linken Seite lag hinter einem schwarz gestrichenen Gitter die dunkle, leere Lieferanteneinfahrt des Teppichladens. Davor lehnte Fred und beobachtete die Straße nach links und rechts. »Am andern Ende is grade ’ne Suchkugel vorbeigeflogen, aber jetzt is sie weg. Du bist dran, Stan.«
    Am Tor der Einfahrt hing ein dickes Vorhängeschloss. Stanley stellte sich davor und untersuchte es gründlich. Dann kramte er eine Pinzette aus der Innentasche seiner Jacke, drückte, drehte einmal kurz und die Kette fiel lose herab. Er ging den beiden anderen in den Hof voran und betrachtete aufmerksam den Boden.
    »Ist da was?«, fragte Kitty.
    »Hier nich. Der Hintereingang is mit ’nem Bann gesichert, da lassen wir lieber die Finger von. Aber das Fenster da drüben is okay.«
    »Gut.« Kitty schlich zu dem betreffenden Fenster und spähte hindurch. Soweit sie etwas erkennen konnte, war dahinter ein Lager voller zusammengerollter Teppiche, die einzeln in Stoff eingeschlagen und zu hohen Stapeln aufgeschichtet waren. Sie drehte sich nach ihren Begleitern um. »Und?«, zischte sie. »Seht ihr hier was?«
    »Ich sag’s ja«, brummte Stanley geringschätzig, »es is totaler Schwachsinn, dass du immer alles bestimmen darfst. Ohne uns wärst du aufgeschmissen, blind wie ’n Maulwurf… Nö, hier gibt’s keine Si
    cherheitsvorkehrungen.«
    »Und Dämonen auch nich«, ergänzte Fred.
    »Gut.« Kitty hatte derweil schwarze Handschuhe übergestreift. Sie ballte die Faust und schlug die unterste Fensterscheibe ein. Es krachte, dann klirrten Scherben auf die Fensterbank. Kitty fasste durch das Loch, legte den Riegel um und schob das Fenster hoch. Dann schwang sie sich hindurch, kam drinnen geräuschlos auf und sah sich gespannt nach allen Seiten um. Sie wartete nicht auf die anderen, sondern ging an den Pyramiden aus verhüllten Teppichrollen vorbei und sog den muffigen Geruch ein, dann stand sie vor einer halb offenen Tür. Sie zog eine Taschenlampe heraus und leuchtete in das geräumige, mit Schreibtischen, Stühlen und Gemälden üppig möblierte Büro. In der Ecke stand ein niedriger Safe.
    »Wart mal.« Stanley hielt Kitty am Arm fest. »Zwischen den Schreibtischen seh ich was leuchten, so ’n dünnen Faden. Ein Stolperzauber. Pass auf.«
    Sie machte sich ärgerlich los. »Ich wär schon nicht mitten durchgelatscht. Ich bin ja nicht blöd.«
    Er zuckte die Achseln. »Is ja gut.«
    Kitty stieg mit einem großen Schritt über den unsichtbaren Faden und stand vor dem Safe. Sie entnahm ihrer Tasche eine kleine weiße Kugel und legte sie auf den Boden, dann ging sie vorsichtig zur Tür zurück. Dort sprach sie ein Wort aus: Die Kugel implodierte mit einem Zischen und einem jähen Luftzug und war verschwunden. Der Sog riss etliche Gemälde von den Wänden, den Teppich vom Boden und die Safetür aus den Angeln. Gelassen stieg

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