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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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»Ich kann’s kaum erwarten.«
    »Sie wird nicht erscheinen«, widersprach ihr Vater. »Sie hat schon so genug Unheil gestiftet.«
    Kitty schnaubte verächtlich, schwieg aber. Ihre Eltern hatten eine Heidenangst davor, sich mit den Zauberern anzulegen, und missbilligten es ausdrücklich, dass sie den Park unerlaubterweise betreten hatte. Als sie heil und gesund aus dem Krankenhaus heimgekehrt war, kam es Kitty vor, als wären sie wütender auf ihre eigene Tochter als auf diesen Tallow, und das machte sie stinksauer.
    »Tja, ganz wie Sie wollen«, sagte die Beamtin. »Ich schicke Ihnen das Protokoll jedenfalls zu.«
    Mindestens eine Woche lang verlautete so gut wie nichts über Jakobs Zustand. Er lag immer noch im Krankenhaus, Besuche waren streng untersagt. Irgendwann hielt es Kitty nicht mehr aus, nahm ihren ganzen Mut zusammen, trabte los und klingelte zum ersten Mal seit dem Vorfall bei den Hyrneks. Zögernd ging sie den Gartenweg bis zur Haustür, denn sie wusste nicht, wie man sie empfangen würde. Sie war bedrückt und fühlte sich schuldig.
    Aber Mrs Hyrnek war sehr nett zu ihr, zog Kitty sogar an ihren stattlichen Busen und umarmte sie fest, bevor sie das Mädchen hereinbat. Sie führte sie in die Küche, in der es wie immer kräftig und würzig nach Essen roch. Auf dem langen Tisch standen Schüsseln mit zur Hälfte klein geschnittenem Gemüse, die mächtige Eichenanrichte mit den vielen bunt bemalten Tellern nahm die ganze Breite der Wand ein. An den dunklen Wänden hingen die verschiedensten seltsamen Gerätschaften. Jakobs Oma saß auf ihrem hohen Stuhl am großen schwarzen Herd und rührte mit einem langstieligen Löffel in einem Topf Suppe. Alles war wie immer, bis hin zu den altvertrauten Rissen in der Decke.
    Nur Jakob fehlte.
    Kitty setzte sich an den Tisch und ließ sich stark duftenden Tee einschenken. Der Stuhl ihr gegenüber beklagte sich knarzend, als sich Mrs Hyrnek mit einem schweren Seufzer hinsetzte. Eine Weile sagte sie gar nichts, was für sich genommen schon höchst ungewöhnlich war. Kitty ihrerseits scheute sich, das Gespräch zu eröffnen. Drüben am Herd rührte die Oma immer noch in der dampfenden Suppe.
    Endlich trank Mrs Hyrnek schlürfend einen großen Schluck Tee und sagte unvermittelt: »Heute ist er aufgewacht.«
    »Ach! Geht es ihm…?«
    »Es geht ihm den Umständen entsprechend. Also nicht besonders gut.«
    »Nein… Aber es ist doch schon mal gut, dass er aufgewacht ist, oder? Wird er wieder gesund?«
    Mrs Hyrnek machte eine vielsagende Miene. »Ha! Er ist in die Schwarze Schleuder geraten! Das Gesicht bleibt so.«
    Kitty spürte, wie ihr die Tränen kamen. »Für immer?«
    »Die Verbrennungen sind zu schwer. So viel solltest du begriffen haben. Du hast ihn doch gesehen.«
    »Aber warum hat er…?« Kitty krauste die Stirn. »Ich meine… ich bin doch wieder gesund und mich hat es doch auch erwischt. Es hat uns beide…«
    »Du? Dich hat es nicht erwischt!« Mrs Hyrnek klopfte sich gereizt auf die Wangen und sah Kitty derart vorwurfsvoll an, dass das Mädchen samt Stuhl an die Wand zurückwich und nichts mehr zu sagen wagte. Mrs Hyrnek betrachtete sie noch eine ganze Weile mit vernichtendem Basiliskenblick, dann widmete sie sich wieder ihrem Tee.
    »Es… es tut mir schrecklich Leid, Mrs Hyrnek«, sagte Kitty schließlich ganz kleinlaut.
    »Es braucht dir nicht Leid zu tun. Du hast meinen Sohn schließlich nicht so zugerichtet.«
    »Aber kann man denn da gar nichts machen?«, fragte Kitty. »Wenn die Ärzte schon nichts tun können, dann doch bestimmt die Zauberer?«
    Kopfschütteln. »Die Schäden sind bleibend. Aber selbst wenn nicht –die würden uns garantiert nicht helfen.«
    »Aber sie müssen uns helfen!«, widersprach Kitty empört. »Das geht doch nicht! Was wir gemacht haben, war ein Versehen, aber was er getan hat, war ein vorsätzliches Verbrechen!« Heller Zorn packte sie. »Er wollte uns umbringen, Mrs Hyrnek! Das muss das Gericht doch begreifen! Jakob und ich können es beide bezeugen, nächsten Monat bei der Verhandlung… bis dahin geht es ihm doch besser, oder? Wir zerpflücken Tallows Lügengeschichte und dann können sie ihn gleich in den Tower sperren. Und danach fällt ihnen bestimmt etwas ein, wie man Jakobs Gesicht wiederherstellen kann, ganz sicher, Mrs Hyrnek.«
    Noch während dieser flammenden Rede spürte sie, wie hohl ihre Worte klangen. Trotzdem traf sie Mrs Hyrneks Erwiderung unvorbereitet.
    »Jakob wird nicht zur Verhandlung erscheinen,

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