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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Dritten Stufe, gegen Kathleen Jones, Gewöhnliche aus Balham. Wie ich sehe, hat sich Miss Jones entschieden, hier zu erscheinen. Wo ist Mr Tallow?«
    Der junge Mann sprang wie ein Schachtelmännchen auf. »Er ist nicht da, Euer Ehren!« Abermals salutierte er schneidig und setzte sich wieder.
    »Das sehe ich. Wo steckt er?«
    Der junge Mann sprang wieder auf. »Hab nicht den blassesten Dunst, Euer Ehren!«
    »Tja, Pech. Protokollführer, vermerken Sie, dass Mr Tallow wegen Missachtung des Gerichts verwarnt werden muss… unter Vorbehalt. Fangen wir an…« Die Richterin setzte ihre Brille auf und warf einen Blick in ihre Unterlagen.
    Kitty setzte sich gerade hin. Sie war furchtbar aufgeregt.
    Die Richterin nahm die Brille wieder ab und blickte zu ihr hinüber. »Kathleen Jones?«
    Kitty sprang auf. »Jawohl, Euer Ehren!«
    »Setzen Sie sich, setzen Sie sich. Wir halten es hier so ungezwungen wie möglich. Aufgrund Ihrer Jugend… wie alt sind Sie übrigens, Miss Jones?«
    »Dreizehn, Euer Ehren.«
    »Aha. Aufgrund Ihrer Jugend und Ihrer unverkennbaren Herkunft aus bescheidenen Verhältnissen… ich lese hier, dass Ihr Vater Verkäufer und Ihre Mutter Putzfrau ist…«, der angewiderte Unterton war nicht zu überhören, »…schüchtert diese erhabene Umgebung Sie vermutlich ein.« Die Richterin gestikulierte in die Runde. »Aber ich darf Ihnen versichern, dass Sie nichts zu befürchten haben. Dies ist ein Tempel der Gerechtigkeit, in dem selbst die Geringsten unter uns willkommen sind, vorausgesetzt natürlich, sie halten sich an die Wahrheit. Haben Sie das verstanden?«
    Kitty saß ein Kloß in der Kehle. Sie hatte Mühe, laut und deutlich zu antworten.
    »Jawohl, Euer Ehren.«
    »Sehr schön. Dann wollen wir nun Ihre Schilderung der Ereignisse hören. Bitte sehr.«
    In den folgenden Minuten schilderte Kitty mit ziemlich belegter Stimme den Vorfall aus ihrer Sicht. Anfangs war sie etwas gehemmt, doch dann gewann sie an Selbstvertrauen und schilderte das Geschehen in allen Einzelheiten, an die sie sich noch erinnerte. Die Anwesenden hörten schweigend zu, inklusive der Richterin, die Kitty ausdruckslos über den Brillenrand anblickte. Die Protokollführer tippten emsig.
    Kitty schloss mit einer eindringlichen Beschreibung von Jakobs Zustand nach Einwirkung der Schwarzen Schleuder. Als sie geendet hatte, lag drückende Stille über dem Saal. Irgendwer hustete. Während Kittys Ausführungen hatte es zu regnen angefangen. Regentropfen klopften sanft gegen die Scheiben, das Licht im Saal war grau und wässrig.
    Die Richterin lehnte sich zurück. »Haben Sie alles mitgeschrieben, meine Herren Protokollführer?«
    Einer der drei hob den Kopf. »Jawohl, Euer Ehren.«
    »Sehr schön.« Die Richterin machte eine finstere Miene, als sei sie unzufrieden. »Da Mr Tallow nicht erschienen ist, muss ich meinem Urteil wohl oder übel diese Version der Ereignisse zugrunde legen. Das Gericht kommt zu folgendem Beschluss…«
    Plötzlich pochte jemand kräftig an die Saaltür. Bei den Worten der Richterin hatte Kitty vor Erleichterung schon das Herz im Leib gehüpft, jetzt rutschte ihr dasselbe Herz in böser Vorahnung in die Hose. Der junge Mann mit der grünen Mütze flitzte los und öffnete, doch Julius Tallow stieß die Tür bereits so schwungvoll auf, dass er ihn fast umgerissen hätte. In einem grauen Anzug mit rosa Nadelstreifen schritt der Zauberer mit entschlossen vorgeschobenem Kinn zu dem leeren Stuhl und nahm Platz.
    Kitty betrachtete ihn voller Abscheu. Er erwiderte ihren Blick mit kaum merklichem Grinsen und wandte sich sodann der Richterin zu.
    »Mr Tallow, nehme ich an«, sagte diese.
    »So ist es, Euer Ehren.« Er senkte den Blick. »Meine ergebensten Entsch…«
    »Sie kommen zu spät, Mr Tallow.«
    »Jawohl, Euer Ehren. Meine ergebensten Entschuldigungen, Hohes Gericht. Ich wurde heute früh im Büro aufgehalten, Euer Ehren. Ein Notruf… drei durchgedrehte Foliot haben in Wapping gewütet. Eigentlich eine Lappalie, aber höchstwahrscheinlich stecken irgendwelche Terroristen dahinter. Ich musste der Nachtpolizei erst erklären, wie man in so einem Fall am besten vorgeht, Euer Ehren.« Er drehte sich zum Publikum um und bemerkte mit vertraulichem Zwinkern: »Eine Hand voll Obst verstreuen und Honig draufgießen… damit kriegt man sie immer. Der süße Duft lockt sie nämlich an und dann…«
    Die Richterin klopfte mit ihrem Hammer auf den Tisch. »Verzeihen Sie, Mr Tallow, aber das tut jetzt nichts zur Sache!

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