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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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geben, muss ich Ihnen ebenfalls eine Geldstrafe auferlegen! Reden Sie bitte nur, wenn Sie gefragt werden.« Kitty sah, wie Julius Tallow sie ganz unverhohlen angrinste, und kämpfte mit den Tränen.
    Die Richterin bedachte Kitty mit einem strengen Blick. »Ihre völlig aus der Luft gegriffene Anschuldigung trägt nur zu der Menge der Beweise bei, die sich bereits zu Ihren Ungunsten angesammelt hat. Ruhe, habe ich gesagt!« Kitty hatte vor Schreck den Mund aufgeklappt.
    »Jedes Mal wenn Sie den Mund aufmachen, reiten Sie sich bloß tiefer rein«, fuhr die Richterin fort. »Es ist offensichtlich, dass Ihr Freund hier erschienen wäre, wenn er mit Ihrer Schilderung einverstanden wäre. Ebenso offensichtlich ist, dass Sie entgegen Ihrer Behauptung nicht von der Schwarzen Schleuder erfasst wurden, sonst könnten Sie wohl kaum – wie soll ich sagen – so putzmunter hier sitzen.« Die Richterin unterbrach sich und trank einen Schluck Wasser.
    »Die Unverfrorenheit, mit der Sie Ihr Anliegen vortragen, muss man fast schon bewundern«, fuhr sie fort, »ebenso die Dreistigkeit, einen unbescholtenen Bürger wie Mr Tallow anzuklagen.« Sie wies auf den Zauberer, der ein Gesicht machte wie eine schnurrende Katze. »Aber mit solchen windigen Argumenten kommen Sie bei mir nicht durch. Mr Tallow kann seinen guten Ruf und die hohe Rechnung anführen, die er für die Reparatur des von Ihnen verursachten Schadens begleichen muss. Sie dagegen haben außer wüsten Beschuldigungen, die ich für frei erfunden halte, nichts zu Ihren Gunsten vorzubringen.« Die Zuhörer schnappten abermals vernehmlich nach Luft. »Wie ich darauf komme? Das ist ganz einfach. Da Sie schon bezüglich der Schleuder gelogen haben, indem Sie behaupten, davon betroffen gewesen zu sein, obwohl das eindeutig nicht der Fall ist, hat das Gericht keinen Anlass, den Rest Ihrer Geschichte zu glauben. Abgesehen davon können Sie keinen Zeugen beibringen, nicht einmal Ihren Freund, den zweiten angeblich ›Geschädigten‹. Wie Ihre Ausbrüche erkennen lassen, haben Sie ein leidenschaftliches und zügelloses Temperament, das sich offenbar bei jeder Kleinigkeit Luft machen muss. Wenn ich das alles in Betracht ziehe, gelange ich unweigerlich zu einer eindeutigen Schlussfolgerung, die ich bislang eigentlich habe vermeiden wollen. Sie lautet folgendermaßen: Letzten Endes sind Sie sowohl minderjährig als auch eine Gewöhnliche und können sich wohl kaum anmaßen, einen ehrbaren Diener unseres Staates der Lüge zu beschuldigen.«
    Hier holte die Richterin tief Luft und von den Bänken war ein gedämpftes »Hört, hört!« zu vernehmen. Ein Protokollführer blickte auf, brummte: »Ganz recht, Euer Ehren«, und klemmte sich wieder hinter seine Tastatur. Kitty sank auf ihrem Stuhl zusammen. Sie war zutiefst verzweifelt und konnte weder die Richterin noch die Protokollführer und schon gar nicht den widerlichen Mr Tallow ansehen. Stattdessen beobachtete sie die Schatten der Regentropfen, die über den Fußboden krochen. Am liebsten wäre sie einfach rausgerannt.
    »Daraus folgt«, die Richterin setzte eine äußerst würdevolle Miene auf, »dass das Gericht gegen Sie entscheidet, Miss Jones, und Ihre Klage abweist. Wären Sie älter, hätte ich Sie zu einer Haftstrafe verurteilen müssen. So wie die Dinge liegen und aufgrund der Tatsache, dass Mr Tallow bereits selbst für eine angemessene Bestrafung Ihrer Jugendbande gesorgt hat, will ich mich auf eine Geldstrafe beschränken, und zwar dafür, dass Sie dem Gericht kostbare Zeit gestohlen haben.«
    Kitty schluckte. Hoffentlich ist es nicht viel, hoffentlich ist es nicht viel…
    »Ich verurteile Sie hiermit zu einhundert Pfund Geldstrafe.«
    Es hätte schlimmer kommen können. Damit konnte sie leben. Sie hatte fast fünfundsiebzig Pfund auf ihrem Bankkonto.
    »Außerdem trägt der Verlierer üblicherweise auch die der Gegenpartei entstandenen Kosten. Mr Tallow schuldet dem Gericht für sein verspätetes Erscheinen fünfhundert Pfund. Demnach schulden Sie dem Gericht insgesamt sechshundert Pfund.«
    Kitty wurde schwindlig, sie konnte die aufsteigenden Tränen nur mit Mühe zurückhalten. Verbissen kämpfte sie dagegen an. Sie wollte nicht weinen. O nein! Nicht hier!
    Sie schaffte es, das erste Aufschluchzen als lautes, rasselndes Husten zu tarnen. Im selben Moment schlug die Richterin zweimal mit dem Hammer auf den Tisch.
    »Die Verhandlung ist geschlossen.«
    Kitty rannte aus dem Saal.

14
    Erst in einem der kopfsteingepflasterten

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