Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers
Substanz zusehends auf, dann jedoch besserte sich meine Lage unerwartet. Kurz nachdem mich Faquarl verlassen hatte, sank ich in eine silberbedingte Ohnmacht, und damit verabschiedete sich auch meine Krähengestalt. Ich verwandelte mich in eine ölige, dünnflüssige, abwaschwasserähnliche Plempe und trieb wie ein Fettauge in der Suppe, die mich wiederum von dem Silber ringsum isolierte. Es ging mir nicht direkt blendend, aber meine Substanz zersetzte sich deutlich langsamer, als von Faquarl beabsichtigt.
Zwischendurch kam ich immer mal wieder zu mir. Eben noch wähnte ich mich im fernen Ägypten und nahm Abschied von Ptolemäus, dann sah ich Kabeljau-und Heilbuttstückchen vorbeischwimmen. Ab und an hallte mir Faquarls Ankündigung in den Ohren: Ab heute Abend nehmen wir Rache! Klang nach einem Riesenstunk. Na, meinetwegen. Ich war müde. Ich hatte die Schnauze voll. Ich war froh, allein und in Frieden sterben zu dürfen.
Und dann war die Suppe auf einmal futsch und das beißende Silber auch. Ich war der Terrine entkommen.
Fraglos eine Wendung zum Guten. Bloß dumm, dass ich nicht mehr allein war.
Mein Herr – das war ja vorauszusehen, mit dem wurde ich fertig, aber als ich mich wabbelnd um mich selbst drehte und die Lage sondierte, wen sahen meine trüben Augen da? Ich sag mal so: Wenn einen ein Erzfeind in eine tödliche Falle lockt und man wider alle Wahrscheinlichkeit und dank heldenhafter Anstrengungen am Leben bleibt und fliehen kann, ist das Letzte, was man anschließend sehen will, ebenjener Erzfeind, wie er naserümpfend auf einen runterschaut. 1
(Wenn es schon unbedingt sein musste, wäre mir jeder andere Erzfeind lieber gewesen. )
Schon gar nicht, wenn man selber kaum noch krauchen kann, wie eine Qualle aussieht und nach Fischsuppe müffelt. So was versaut einem den schönsten Triumph.
Aber es ging noch weiter. Außer Mandrake und Faquarl waren noch eine Menge anderer Leute anwesend, ich kam gerade rechtzeitig, um mitzukriegen, was los war.
Fünf Pforten zum Anderen Ort standen offen und meine Substanz brummte, solcher Trubel herrschte in dem großen Saal. Es gab fünf Pentagramme mit fünf Menschen drin. Auf der ersten Ebene schienen sie in ihren Bannkreisen allein zu sein, auf der zweiten und dritten leisteten ihnen wabernde Schatten Gesellschaft. Auf den noch höheren Ebenen entpuppten sich die Schatten als abscheuliche, unförmige Gestalten mit unzähligen zappelnden Fangarmen und Gliedmaßen, zahllosen Augen, Stacheln und Klauen. Unter meinem Blick verdichteten sich die Gestalten eine nach der anderen und jede verschmolz mit einem Menschen. Im Nu waren der letzte Fühler und das letzte Bein verschwunden.
Unmittelbar danach schienen die Menschen die Sache erst einmal im Griff zu haben. Sie blinzelten, räkelten sich, kratzten sich den Kopf und mein Freund Jenkins setzte umständlich die Brille auf. Nur ihre ungewöhnlich leuchtkräftigen Auren deuteten darauf hin, dass etwas nicht stimmte. Ich fiel sowieso nicht darauf herein. Nachdem ich miterlebt hatte, was Faquarl mit Mr Hopkins anstellte, nahm ich nicht an, dass die Menschen lange die Oberhand behalten würden.
So kam es natürlich auch.
Hinter mir bebten die Ebenen. Ich drehte mich wie eine Amöbe auf einem Plattenteller und sah noch einen Menschen, einen untersetzten, dicklichen Mann in einem mit Rüschen überladenen Hemd. Jetzt wurde mir richtig mulmig, denn er hatte eine geradezu gleißende Aura, sie strahlte wie die Sonne, wenn sie plötzlich durch die Wolken bricht, schillerte in überirdischen Farben und flimmerte vor Angriffslust. Dass sich in diesem Burschen schon jemand häuslich eingerichtet hatte, sah ein Blinder mit dem Krückstock.
Der Mann sagte etwas, aber ich hörte nicht hin. Urplötzlich flackerte seine Aura, aber nur ganz kurz, als hätte jemand die Klappe eines Hochofens aufgerissen. Daraufhin verlor der kleine, dicke Mann den Verstand.
Trotz aller gegenteiligen Behauptungen Faquarls ist die Vorstellung, sich mit einem Menschen zu vereinen, einigermaßen abstoßend. Erstens weiß man nie, wo sich der Betreffende schon herumgetrieben hat, zweitens ist es ästhetisch ausgesprochen fragwürdig, seine Substanz mit scheußlich plumpem, irdischem Fleisch zu verschmelzen – wie sieht das denn aus! Allein beim Gedanken daran wird einem schwummerig. Drittens und nicht zuletzt gibt es erhebliche technische Probleme, denn man muss erst lernen, sich eines menschlichen Körpers zu bedienen. Faquarl hatte in puncto Hopkins
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