Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers
Frosch hat vorgestern den ganzen Ärger ausgelöst, indem er im St James’s Park ein heilloses Durcheinander angerichtet hat. Seinetwegen ist ein gefährlicher Dschinn ausgebrochen und das hat wiederum zu besagten Unruhen geführt.«
»Dafür kann ich nichts!«, brüllte die Löwin protestierend. »Ich habe nur versucht, deinen Auftrag auszuführen, und das in schwer angeschlagenem Zustand – und es ist mir trotz widrigster Begleitumstände sogar gelungen. Lach nicht so! Da läuft’s einem ja eiskalt den Rücken runter.«
Der Junge hatte den Kopf in den Nacken gelegt und gab ein hohles, bellendes Gelächter von sich, das an Hyänengeheul erinnerte. »Gelungen?«, keifte er, »gelungen nennst du das? Du hauchst zu meinen Füßen fast dein Leben aus, bist nicht mal mehr in der Lage, mir Bericht zu erstatten, und machst mich zum Gespött der Leute? Wenn du das ›gelungen‹ nennst, wie sieht dann erst ›misslungen‹ aus?«
»Ich habe dich zum Gespött gemacht?« Die Löwin konnte ihre Belustigung kaum verhehlen. »Nun komm aber mal wieder auf den Teppich. Um dich zum Gespött zu machen, brauchst du meinen Beistand nun wirklich nicht, Freundchen. Was habe ich denn verbrochen? Vielleicht haben die anderen ja endlich mitbekommen, was du für ein Schinder bist, schließlich war ich so gut wie tot. Welcher Zauberer zwingt schon seinen Dschinn, so lange in dieser Welt auszuharren, bis er kurz vorm Verrecken ist? Erstaunlich, dass du mir nicht gleich den Rest gegeben hast.«
»Die anderen sind schuld! Die haben gewollt, dass ich dich erst befrage und dann verrecken lasse! Aber ich war ja so bescheuert, Rücksicht auf dich zu nehmen, und habe dich entlassen. Weshalb man mich prompt für den ganzen Schaden verantwortlich gemacht hat, den du angerichtet hast. Zur Belohnung bin ich meinen Ministerposten so gut wie los, vielleicht sogar mein Leben. Meine Gegner rotten sich zusammen, morgen soll ich mich im Kabinett rechtfertigen, und das alles deinetwegen.«
Seine Stimme bebte, seine Augen waren feucht, man hörte förmlich die Geigen schluchzen. Die Löwenkriegerin streckte die Zunge raus und machte ein unhöfliches Geräusch. »Das hättest du dir alles sparen können«, entgegnete ich gehässig, »wenn du mir mehr vertraut und mich zwischendurch öfter mal entlassen hättest. Dann wäre ich in besserer Verfassung gewesen und Hopkins’ Dämonen mit Leichtigkeit entkommen.«
Er blickte gespannt auf. »Ach – du hast ihn also gefunden?«
»Lenk nicht ab. Ich habe dir eben erklärt, dass du an allem schuld bist, weil du mir nicht genug vertraut hast. Das nach so vielen Jahren und obwohl ich dir gegen Lovelace beigestanden habe, gegen Duvall, gegen den Anarchisten mit der Auster…«
Er wand sich vor Verlegenheit. »Letzteren brauchst du nun wirklich nicht zu erwähnen.«
»…trotz alledem«, fuhr ich unbarmherzig fort, »bist du wieder in deine alte Masche verfallen, hast dich wie der typische Zauberer benommen und mich als deinen Feind betrachtet. Auf einen bösartigen Dämon wie mich kann man sich ja nicht verlassen, nicht mal, wenn…« Ich unterbrach mich. »Hä?! Hör endlich auf zu lachen, das hält ja kein Dschinn aus!«
»Das ist es ja!«, kreischte er. »Man kann sich nicht auf dich verlassen! Du lügst mich an.«
»Nenn mir ein Beispiel.«
»Kitty Jones!«
»Ich weiß nicht, wovon du redest.«
»Du hast behauptet, sie sei tot. Ich weiß aber, dass sie noch lebt.«
»Aha.« Meine Barthaare erschlafften ein Ideechen. »Seid ihr euch über den Weg gelaufen?«
»Nein.«
»Dann hast du dich geirrt.« Ich riss mich zusammen. »Sie ist mausetot. Der Golem hat sie verschlungen. Happs – schluck – rülps – einmal die Lippen geleckt. Schade drum, aber kein Grund, sich noch Jahre später drüber aufzuregen…« Hier versagte mir die Stimme. Sein Blick gefiel mir gar nicht.
Mandrake nickte. Auf seinem Gesicht wetteiferten rote Zornesflecken mit Leichenblässe. Es endete unentschieden. »Verschlungen, ach so? Komisch, mir ist, als hättest du gesagt, der Golem hätte sie ›zermalmt‹.«
»Echt? Tja, hat er auch. Vorher. Ehe er sie mit einem Happs – Aua!«
Ohne Vorwarnung stieß der Zauberer mit der Lanze zu. Ich war zu langsam und zu kraftlos, um auszuweichen, er traf mich voll in den Magen. Ich schnappte entsetzt nach Luft, blickte an mir herunter und atmete auf.
»Verkehrt rum! Die Spitze ist am anderen Ende.«
Das war Mandrake auch schon aufgefallen. Fluchend schleuderte er die Waffe aus
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