Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers
der Gäste aus. Um den Mund hatte er vor Alter und Erschöpfung tiefe Furchen. Er setzte zum Sprechen an, entschied sich dagegen…
»Schon gut, George.« Kitty kam mit dem Mantel überm Arm um den Tresen herum. »Hier bin ich. Trotzdem danke.« Sie ging langsam zwischen den Tischen durch. »Wollen wir, Mr Mandrake?«
Erst sagte der Zauberer gar nichts, sondern sah sie nur groß an. Sein blasses Gesicht war ein wenig gerötet, aber das mochte daran liegen, dass es in der Kneipe so warm war. Dann gab er sich einen Ruck und deutete eine Verbeugung an. »Miss Jones! Sehr erfreut! Wären Sie so freundlich mitzukommen?« Er trat zur Seite. Kitty blickte stur geradeaus und ging in stolzer Haltung an ihm vorbei. Er folgte ihr zur Tür.
Dort drehte er sich noch einmal um. »Tut mir Leid, dass ich Ihre gesellige Runde gestört habe.« Dann war er draußen, die Tür fiel ins Schloss. Fast eine volle Minute lang rührte sich niemand und es blieb ganz still.
Dann äußerte ein Gast: »Du musst dir wohl ’ne neue Bedienung suchen, George.«
Die Wachkugel im Hof war verschwunden, hin und wieder glitten auf der Straße jenseits des Hofes Autoscheinwerfer vorbei. Es regnete. Kitty hörte die Tropfen hinter der Ufermauer in den Fluss fallen. Kühle, ein wenig feuchte Luft strich ihr übers Gesicht und weckte sie aus ihrer Benommenheit.
»Mein Wagen parkt ganz in der Nähe, Miss Jones«, ertönte es hinter ihr. »Ich schlage vor, wir gehen zu Fuß hin.«
Auf einmal überkam Kitty unbändige Freude. Statt der Angst, die sie hätte verspüren sollen, empfand sie nur Trotz, sogar eine Art Heiterkeit. Nachdem sich der erste Schreck über Mandrakes unvermutetes Auftauchen gelegt hatte, war sie erstaunlich gelassen und fühlte sich eigenartig lebendig. Drei lange Jahre hatte sie ein quälend einsames Dasein gefristet, hatte ununterbrochen auf der Hut sein müssen. Jetzt, da sich alle ihre Hoffnungen zerschlagen hatten, merkte sie, dass sie dieses Leben keinen Augenblick länger hätte ertragen können. Es drängte sie, etwas zu tun, ganz gleich welche Folgen es für sie hatte. Mit der Wut und Enttäuschung trat auch ihre einstige Verwegenheit wieder zutage.
Sie drehte sich um. Vor ihr stand Mandrake, der Minister Mandrake. Niemand hätte ihr gelegener kommen können.
»Und was haben Sie jetzt mit mir vor?«, fuhr sie ihn an. »Wollen Sie mich umbringen?«
Der junge Mann blinzelte verdutzt. In dem schwachen Lichtschein, der durch die Kneipenfenster fiel, wirkte sein Gesicht gelb und kränklich. Er räusperte sich. »Nein, ich…«
»Warum nicht? Verfahrt ihr nicht so mit Verrätern?« Kitty spuckte ihm das letzte Wort förmlich ins Gesicht. »Und überhaupt mit allen, die euch in die Quere kommen? Vor zwei Tagen war einer von euren Dämonen hier. Er hat einen Kellner umgebracht. Der Mann hatte Familie und hat sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Der Dämon hat ihn trotzdem getötet.«
»Das ist bedauerlich«, erwiderte der Zauberer, sichtlich aus dem Konzept gebracht, »aber damit habe ich nichts zu tun.«
»O nein, Sie befehligen die Dämonen ja bloß.« Kittys Ton war schroff, ihre Stimme schrill. »Es sind Ihre Diener und Sie erteilen ihnen Anweisungen.«
»Ich meinte, ich bin nicht persönlich dafür verantwortlich. Es fällt nicht in meine Zuständigkeit. Und jetzt, Miss Jones…«
»Tut mir Leid«, erwiderte sie lachend, »aber das ist die dämlichste Ausrede, die ich je gehört habe. ›Das fällt nicht in meine Zuständigkeit.‹ Dann ist ja alles in Ordnung. Der Krieg fällt auch nicht in Ihre Zuständigkeit, nehme ich an, und die Nachtpolizei und die Verliese im Tower auch nicht. Sie haben mit alledem nichts zu tun.«
»Allerdings«, entgegnete er ungehalten. »Schaffen Sie es allein, sich zu mäßigen, Miss Jones, oder soll ich Ihnen behilflich sein?« Er schnippte mit den Fingern und eine schattenhafte Gestalt trat aus der hintersten Hofecke. »Das ist Fritang, mein gewalttätigster Diener. Er macht alles, was ich ihm…«
»Recht so! Schüchtern Sie mich nur ein!«, höhnte Kitty. »So wie Sie die Leute in der Kneipe eingeschüchtert haben. Ohne Leibwächter trauen Sie sich nirgendwohin, was? Können Sie nachts überhaupt noch schlafen?«
»Das sagen ausgerechnet Sie?«, konterte Mandrake. »Ich kann mich nicht entsinnen, dass der Widerstand irgendwann vor Gewalt zurückgeschreckt wäre. Wie viele Leute haben Sie doch gleich auf dem Gewissen? Etliche Tote, eine Menge Verstümmelte und…«
»Das kann man
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