Bassus (German Edition)
Wagen und sah mit der Schnauze auf den Vorderpfoten dem Treiben zu.
Den beiden Germanen gelang es meist schnell, mit den Bewohnern ins Gespräch zu kommen. Die Menschen waren freundlich und froh, die vermeintlichen Händler zu sehen. Zwar begutachteten sie die Waren interessiert, doch mit Käufen hielten sie sich zurück.
In einem größeren Dorf waren die Bewohner vorsichtiger. In der Mitte des Dorfes stand ein seltsam deplatziert wirkendes protziges Haus im römischen Stil. Von dort kamen zwei Frauen, die zwar germanisch gekleidet waren, aber kostbaren römischen Schmuck trugen. Sie waren die ersten, die etwas kauften. Aber erst nachdem sie wieder weg waren, lockerte sich die Stimmung der anderen, und auch sie inspizierten das Geschirr.
Als sie das Dorf wieder verlassen hatten, sprach Tony Ildiger darauf an.
„Das waren die Frau und die Tochter des reichsten Bauern und Heerführers. Die anderen Bewohner sind abhängig von ihnen. Entweder arbeiten sie für sie auf den Feldern und in den Ställen oder sie sind Krieger.“
„Krieger? Aber es herrscht doch Frieden.“
„Meist bekämpfen sich die Germanen untereinander. Jeder Heerführer schart Krieger um sich, die er auch in Friedenszeiten bezahlt. Dafür müssen sie im Kriegsfall tapfer kämpfen und dürfen den Heerführer nicht überleben.“
„Heißt das, dass sie außer kämpfen nichts tun?“
„Genau. Das wäre unter ihrer Würde.“
„Was machen sie denn so den ganzen Tag, wenn sie nicht kämpfen?“
Ildiger lachte. „Sie schlafen lange, gehen auf die Jagd und betrinken sich.“
„Und stellen den Mädchen nach?“
„Oh, da irrst du dich. Das ist nicht erlaubt. Was das betrifft, sind die Sitten sehr streng.“
„Mhm. Ganz schön anders als bei den Römern.“
„Ja. Deshalb bewundern auch einige Römer die Germanen.“
„Warum möchtest du denn lieber in der römischen Armee dienen als einem germanischen Heerführer?“
„Es geht dort menschlicher zu.“
„Wie bitte?“
„Bei den Römern gibt es Regeln, denen sich alle unterordnen müssen. Bei den Germanen bin ich dem Heerführer auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Außerdem lerne ich bei den Römern sehr viel über das Kriegshandwerk. Bei den Germanen hingegen muss ich mich einfach nur auf den Gegner stürzen und sterben, damit ich zu den anderen toten Kriegern nach Walhall komme.“
„Immerhin haben wir die Römer schon einige Male besiegt“, sagte Baudio plötzlich wütend zu Ildiger. „Als ich in deinem Alter war, hätte niemand gewagt, so zu reden.“
„Die Welt verändert sich, Onkel Baudio“, erwiderte Ildiger ruhig. „Oder findest du es vielleicht gut, dass der Krieger, der als letzter auf dem Schlachtfeld erscheint, zu Tode gefoltert wird?“
„Das hat seinen Sinn. Die Leute kommen sonst Tage zu spät.“
„Oder dass die Frauen bei einer Schlacht dabei sind und Steine auf Krieger werfen, die vor Erschöpfung zusammenbrechen?“
„Ein Krieger hat zu kämpfen, bis er tot ist oder gesiegt hat.“
Ildiger schüttelte stumm den Kopf und warf Tony einen bedeutungsvollen Blick zu. Tony fragte sich gerade, wie zuverlässig dieser Onkel war. Da raunte Ildiger ihm zu: „Keine Sorge, er hat verstanden, dass die Römer sich mit der linken Seite des Rheins begnügen.“
Nach einer Weile kamen sie an Feldern vorbei, die wie die römischen angelegt waren.
„Aha, hier hat ein Bauer das römische System eingeführt“, sagte Tony.
„Diese Felder gehören der römischen Armee“, erklärte Severus, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt.
„Hier? In Germania Libera?“
„Auf unserer Seite reichen die Anbauflächen nicht aus. Deshalb pachten wir hier Land von örtlichen Heerführern.“
„Und darauf lassen sie sich ein?“
„Natürlich. Wir bezahlen sie schließlich gut. Auch das haben sie dem Frieden zu verdanken. Wären wir noch im Krieg, würden wir uns einfach nehmen, was wir brauchen.“
Am Abend kehrte ihre Gruppe in einer Herberge ein. Sie mussten zwar nicht bei den Tieren schlafen, waren dafür aber auf einem Speicher untergebracht. Da sie ihn nur über eine Leiter erreichen konnten, blieb Harpalos unten und schlief bei den Pferden. Bevor Tony einschlief, hörte er in der Schenke unter ihnen die Germanen reden und ärgerte sich darüber, dass er kein Wort verstand. Sie hätten genauso gut Suaheli sprechen können.
Gegen Mittag des nächsten Tages waren sie bereits einige Meilen im Landesinneren. Nachdem sie die Straße verlassen hatten,
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