Bassus (German Edition)
anderes.“
Bassus sah ihn an. „Was denn?“
„Schmerz.“
Nach einer Weile sagte Bassus: „Das ändert nichts daran, dass Tony diese Lösung missbilligen wird.“
„Aber er bekäme seine Freiheit wieder.“
„Er wird das nicht als Freiheit auffassen.“
Wackeron hob plötzlich seine Arme. „Dann sorgen wir eben dafür, dass er es nicht erfährt.“
„Wie denn?“
„Wir halten es vor ihm geheim. Du bleibst für ihn weiterhin einfach nur Bassus.“
„Und wenn er wieder Mist baut und ich ihn zurechtweisen muss?“
„Dann tust du das, indem du ihm einfach den Wind aus den Segeln nimmst. Mein Freund, du bist klug und gerissen. Dir wird schon die richtige Taktik für einen schwierigen Jungen einfallen.“
„Aber wo soll er wohnen und womit soll er sich den ganzen Tag beschäftigen?“
Wackeron legte seinen Arm um ihn. „Auch dafür weiß ich eine Lösung.“
Seit sie ihn wieder angekettet hatten, driftete Tony allmählich in den Wahnsinn ab. Er war ein Stück Treibgut, das knapp unterhalb der Oberfläche eines schwarzen, kalten Ozeans schwamm. Hin und wieder sah er in der Ferne ein winziges Licht leuchten, ein Irrlicht, das trügerisch flackerte und wieder verging. Doch es interessierte ihn nicht mehr. Seine Gedanken und Gefühle waren bereits ausgeschaltet.
Auch dass ihm von Zeit zu Zeit Wasser eingeflößt wurde, nahm er nicht mehr wahr.
Er verstand deshalb auch nicht, was sich viele Tage später auf dem Flur vor seinem Verlies abspielte.
Perpenna spielte das ehrliche Entsetzen großartig. Zutiefst geknickt trat er den Reitersoldaten gegenüber, die mit einem adlernasigen Decurio und einem düster dreinblickenden Arzt gekommen waren.
„Aber woher hätte ich das wissen sollen? Er hat nichts davon gesagt.“
„Mach die Tür auf“, befahl Fabius Pudens einem der Wächter.
Der drehte den Schlüssel um. Der Gestank, aber noch mehr der Anblick des verwesenden Leichnams neben dem halbtoten Jungen, der da in seinen Ketten hing, war selbst für die hart gesottenen Männer der Ala Noricorum zu viel. Sie fluchten leise.
„Macht ihn los“, knurrte Fabius Pudens.
Nachdem sie Tony in den Hof geschleppt hatten, wandte sich Fabius Pudens noch einmal an Perpenna, der immer wieder seine Unschuld beteuerte.
„Er hatte ein keltisches Amulett bei sich. Es gehört der Familie.“
Perpenna zögerte. Doch nach einem weiteren Blick in die Augen des Decurio sagte er eilfertig: „Ich lasse es holen.“
Auf dem Rückweg zur Ala waren sie lange stumm.
„Es muss nun einmal Menschen geben, die Sklaven sind“, sagte ein Reiter schließlich. „Aber sie so zu behandeln, bei Jupiter, das ist nicht in Ordnung.“
Alle murmelten zustimmend.
Donatus hatte Bassus und Morvran dabei geholfen, Tony im Hof zu waschen und notdürftig medizinisch zu versorgen. Trotz seines erbärmlichen Zustands hatten sie sich dagegen entschieden, ihn auf einem Wagen zu transportieren. Es hätte zu lange gedauert. Sie wollten ihn auf dem schnellsten Weg in das Valetudinarium der Ala bringen, wo Wackeron auf sie wartete.
Tony hockte vor Bassus auf Teres. Es sah aus, als würde Bassus einen Leichnam festhalten.
„Gibt es denn gar nichts, was man gegen Perpenna unternehmen kann?“, fragte Donatus nach einer Weile.
„Nein“, erwiderte Fabius Pudens, „er darf mit seiner Ware tun und lassen, was er will. Außerdem hat er beste Beziehungen zu den Legionen am Rhein. Sie verkaufen ihm regelmäßig ihre Gefangenen.“
„Hat unsere Ala ihm auch schon Gefangene verkauft?“, wollte einer wissen.
Pudens schwieg.
Ein anderer sagte: „Wenn es sich dabei um Aufständische gehandelt hat, die geplündert und gemordet haben, ist mir egal, was Perpenna mit ihnen macht.“
Auch hier stimmten einige zu.
„Seien wir einfach froh, dass wir Tony retten konnten“, schloss Fabius Pudens die Diskussion ab.
„Wenn es nicht schon zu spät ist“, murmelte Bassus düster.
Morvran ließ sich nicht anmerken, dass auch er über Tonys Zustand besorgt war. „Wir werden ihn schon wieder hinkriegen“, meinte er.
Bassus betete still: „Ihr Götter, steht ihm bei. Holt ihn heraus aus seinem todesähnlichen Zustand. Ich verspreche, dass ich immer für ihn da sein werde.“
Lange sah es so aus, als würde Tony es nicht schaffen. Tagsüber lag er in der Sonne. In der Nacht brannten Öllampen vor den Götterstatuen in seinem Krankenzimmer. Selbst Fabius Pudens hatte eine Miniaturfigur seines Lieblingsgottes Mithras gebracht.
Während
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