Bassus (German Edition)
seinen Geist stärken.“
„Hoffen wir es. Hast du noch einmal mit ihm gesprochen und ihm alles erklärt?“
„Nur was seinen zukünftigen Status im Valetudinarium betrifft, nichts über eure Beziehung. Das wollte ich dir überlassen.“
Während Bassus darüber nachdachte, wie er das Thema anschneiden konnte, betrat Fabius Pudens das Krankenzimmer. Mit gespielter Überraschung blieb er stehen.
„Ja, wen sehe ich denn da?“, rief er und schlug die Hände zusammen.
Tony stellte die Schale ab. Obwohl er noch sehr schwach war, kämpfte er sich hoch, bis er schwankend auf seiner Bettkante saß. Ehrerbietig legte er die Hand auf sein Herz und neigte den Kopf.
„Decurio, Ich danke Ihnen, dass Sie sich beim Praefectus so für mich eingesetzt haben und ich hier in die Lehre gehen darf.“
„Schon gut“, winkte Pudens verwundert ab, „mach uns einfach keine Schande.“ Er zwinkerte Tony freundlich zu.
„Ich verspreche, dass ich immer meinen Pflichten nachkommen werde“, sagte Tony ernst.
„Nicht so förmlich. Lehn dich zurück und iss weiter“, befahl Pudens.
Tony tat, wie ihm geheißen wurde.
Bassus verließ das Zimmer, fassungslos, den Jungen so untertänig zu sehen.
Draußen fiel aus dem nächtlichen Himmel ein viel zu früher, nasser Schnee. Bassus stellte sich unter das Vordach des Valetudinariums und betrachtete die Pfützen, in denen sich die Öllampen spiegelten. Eigentlich war gerade erst der Herbst angebrochen. Doch die Bauern meinten, es würde diesmal einen frühen und langen Winter geben.
Widersprüchliche Gefühle regten sich in ihm. Seine Befürchtungen, dass Tony schwierig sein könnte, schienen sich nicht zu bewahrheiten, aber dieser neue, willfährige Tony zerriss ihm das Herz. In dem Jungen war offensichtlich etwas für immer zerbrochen, und sicher wäre es besser für ihn, wenn er in seine eigene Zeit zurückkehren konnte.
Doch wie sollte das geschehen?
Die Prophezeiung des Druiden hatte sich erfüllt. Und das konnte nur bedeuten, dass Tony nun für immer hier bleiben musste.
Was für ein Preis.
Nein. Das wollte er nicht.
Bassus’ Brustkorb verengte sich. Die Begegnung mit dem Druiden lag inzwischen fast 25 Jahre zurück. Und noch immer war er nicht sicher, ob der Druide sein Freund oder sein Feind gewesen war.
Was waren das für Schutzgötter, die einen dreizehnjährigen Jungen tagelang neben einem Leichnam angekettet ließen?
Aus den Contubernia in seiner Nähe hörte er Gelächter, aber auch eine einsame männliche Stimme, die ein trauriges Lied sang. Aus welcher Region des Imperiums der Sänger wohl stammte? Afrika? Hatte er sich freiwillig bei den Reitertruppen der Auxiliaren verpflichten lassen, oder war er gezwungen worden?
Ein dunkler Schatten raste aus der Richtung der Pferdeställe auf Bassus zu. Es war Harpalos, der bei Teres gewesen war und zu Tony zurückkehrte.
Lachend wehrte Bassus ihn ab. „Geh weg, du bist nass, alter Junge.“
Doch Harpalos konnte es nicht lassen, seine Freude zum Ausdruck zu bringen. Erst als Fabius Pudens herauskam, ließ er von Bassus ab, um auch den Decurio stürmisch zu begrüßen.
„Genug“, sagte der, nachdem er ihm ausgiebig die Ohren gekrault hatte, „lauf zu Tony.“
Harpalos schoss davon.
Pudens stellte sich neben Bassus. Seine Gegenwart hatte etwas Tröstendes. Jetzt klopfte er Bassus auf den Rücken.
„Du wirst das mit dem Jungen schon schaffen“, sagte er.
Dann zog er die Kapuze seines Mantels über den Kopf und lief zu seinem Contubernium.
Bassus beobachtete, wie er mit langsamen, weit ausholenden Schritten die tieferen Schneepfützen vermied.
Neun Jahre diente er nun schon unter ihm. Immer hatte Pudens seine schützende Hand über ihn gehalten. Er respektierte Bassus‘ Grundsatz, niemals jemanden zu töten, der nicht mit einer Waffe auf ihn oder andere losgegangen war. Gegenüber den Praefecten, die glücklicherweise häufig wechselten, wies Pudens immer darauf hin, wie vielen seiner Kameraden Bassus schon das Leben gerettet hatte und wie viele wichtige Informationen er von seinen gefährlichen Kundschaftergängen mitbrachte.
Seinem Alter und seinen Dienstjahren nach hätte Bassus längst selbst Decurio oder zumindest Duplicarius sein müssen. Doch das war ihm egal. Auch der doppelte oder vierfache Sold, den er dann bekommen hätte, interessierte ihn nicht. Hin und wieder befehligte er auf seinen Kundschaftermissionen als Principal kleinere Gruppen von Exploratores. Dann erhielt er etwas mehr Sold als
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