Bastard
noch ein Junge. Jemand, mit dem meine und Lucys Wege sich im Sommer 2001 anlässlich einer Ausstellung in London gekreuzt haben.
»Wer hat ihn umgebracht und warum?«, frage ich, als wir die leere Verladezone durchqueren. Der Transporter des CFC ist verschwunden. »Ich verstehe nicht, warum das, was du mir gerade erzählt hast, auf Jack als Elis Mörder hinweist.«
»Alles deutet in dieselbe Richtung. Tut mir leid, aber so ist es nun einmal.«
»Ich begreife einfach nicht, warum.« Ich öffne die Tür nach draußen. Es ist viel zu schön und sonnig, um so kalt zu sein.
»Ich weiß, es ist nicht leicht für dich«, sagt Benton.
»Wegen eines Paars Datenhandschuhe?«, hake ich nach, während wir uns über den gefrorenen, eisglatten Schnee tasten. »Einer mikromechanischen Fliege? Wer hätte einen Grund gehabt, Eli mit einem Injektionsmesser zu erstechen?«
»Drogen«, kehrt Benton zu seinem ursprünglichen Thema zurück. »Eli hat offenbar den Fehler gemacht, sich mit Jack einzulassen – vielleicht war es ja auch umgekehrt. Muskelaufbauende Drogen mit gefährlichen Nebenwirkungen. Vermutlich
hat Jack sie selbst genommen und damit gehandelt. Und Eli oder sonst jemand bei Otwahl hat ihn damit beliefert. Wer, wissen wir nicht. Doch dass Eli ermordet wurde, während er mit einem Flybot unterwegs war, den er seinem Stiefvater zeigen wollte, ist kein Zufall, sondern meiner Ansicht nach das Motiv.«
»Warum sollte sich Jack für einen Flybot oder ein Treffen von Vater und Sohn interessieren?«, frage ich. Dabei gehen wir sehr langsam und setzen vorsichtig einen Fuß vor den anderen, weil ich jeden Moment auszurutschen drohe. »Das ist ja hier wie auf einer Eislaufbahn«, schimpfe ich, weil der Parkplatz nicht geräumt wurde und gestreut werden muss. Offenbar hat man hier in letzter Zeit wirklich alles schleifen lassen.
»Tut mir leid, dass wir so weit hinten stehen.« Im Schneckentempo arbeiten wir uns zum rückwärtigen Zaun vor. »Aber sonst war nichts frei. Die Drogensache«, fügt er hinzu. »Allerdings keine Drogen, die man auf der Straße kriegt. Hier hat Otwahl seine Finger im Spiel. Es geht um eine Menge Geld, um den Krieg und um mögliche massive Gewaltausbrüche auf internationaler Ebene.«
»Wenn du recht hast, würde das darauf hinweisen, dass Jack Eli ausspioniert hat. Er hat seinen Kopfhörer heimlich mit einem Aufnahmegerät ausgestattet und ist ihm nach Norton’s Woods gefolgt. Das wäre plausibel, wenn der Mord dem Zweck diente, Eli daran zu hindern, seinem Stiefvater den Flybot zu zeigen oder ihn ihm gar auszuhändigen. Woher sonst hätte Jack wissen sollen, was Eli vorhatte? Also muss er oder ein anderer ihn ausspioniert haben.«
»Ich bezweifle, dass Jack etwas mit dem Kopfhörer zu tun hat.«
»Genau das meinte ich ja. Jack interessiert sich nicht für solche technischen Feinheiten und besitzt auch gar nicht
die nötigen Kenntnisse. Außerdem hat er keinen Bezug zu einem Unternehmen wie Otwahl. Du sprichst nicht über den Jack, den ich kenne. Er hat viel zu viel Bewegungsdrang und ist zu ungeduldig und einfach gestrickt, um einen Plan umzusetzen, wie du ihn gerade geschildert hast.« Beinahe hätte ich das Wort primitiv benutzt, weil das schon immer einen Teil seines Charmes ausmachte. Seine Körperlichkeit, seine Sinnenfreude und seine geradlinige Art, an die Dinge heranzugehen. »Und deshalb passt das mit dem Kopfhörer nicht zu ihm«, beharre ich. »Sie sind für mich ein Hinweis darauf, dass jemand anders dahinterstecken muss.«
»Ich habe Verständnis für deine Gefühle und dafür, warum du das gern glauben möchtest.«
»Wusste Dr. Saltz eigentlich, dass der Stiefsohn, der ihn so vergötterte, in der Drogenszene verkehrte und eine illegale Waffe besaß?«, frage ich. »Hat er zufällig den Kopfhörer oder irgendwelche Personen erwähnt, mit denen Eli Kontakt hatte?«
»Er wusste weder von dem Kopfhörer noch sehr viel über Elis Privatleben. Nur dass Eli um seine Sicherheit fürchtete und sich, wie ich schon sagte, seit einigen Monaten Sorgen machte. Mir ist klar, wie weh dir das tut, Kay.«
»Weswegen genau hat er sich Sorgen gemacht?«, erkundige ich mich, während ich mich langsam weitertaste. Sicher wird bald jemand hier draußen ausrutschen und sich etwas brechen. Und dann wird er das CFC verklagen. Wieder ein Problem, mit dem ich mich dann herumschlagen muss.
»Eli war an gefährlichen Projekten beteiligt und von schlechten Menschen umgeben. So hat Dr. Saltz es
Weitere Kostenlose Bücher