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Bastard

Bastard

Titel: Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Drehbank auf einem Metallständer. Metallsplitter, einige davon glänzend, und Sägemehl bedecken die Werkbank und den Betonboden. Alles ist schmutzig und verrostet. Fieldings Anschaffungen zur Hausverschönerung werden nur von vor die Fenster genagelten schweren Plastikplanen und Pressspanplatten vor Witterungseinflüssen und der Meeresluft geschützt. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raums befindet sich eine andere Tür, die weit offen steht. Ich höre Stimmen und andere Geräusche, die die Kellertreppe hinaufwehen.
    »Was habt ihr hier sichergestellt?«, frage ich Marino, während ich mich umblicke und mich an das erinnere, was ich unter dem Mikroskop gesehen habe. Wenn ich Proben aus Fieldings Werkstatt vergrößern würde, würde ich vermutlich auf dieselbe Müllhalde aus Rost, Fasern, Schimmelsporen, Schmutz und Insektenteilen stoßen.
    »Tja, wenn du dir die Metallsplitter anschaust, wirst du merken, dass einige davon neu sind. Sie sind nämlich nicht verrostet, sondern blitzblank«, erwidert Marino. »Also haben wir Proben genommen und ins Labor geschickt, um festzustellen, ob sie unter dem Mikroskop so aussehen wie das Zeug, das du in Eli Saltz’ Leiche gefunden hast.«
    »Sein Familienname ist nicht Saltz«, verbessere ich ihn zum wohl tausendsten Mal.
    »Und man vergleicht die Werkzeugspuren«, fügt Marino hinzu. »Obwohl eigentlich klar ist, was Fielding getan hat. Wir haben die Schachtel gefunden.«
    Die Schachtel, in die das Wasp-Messer verpackt gewesen ist.
    »Einige verbrauchte CO 2 -Kartuschen, ein paar Ersatzgriffe, sogar ein Bedienungshandbuch«, fährt Marino fort. »Das
volle Programm also. Laut Aussage der Firma hat Jack das Messer vor zwei Jahren bestellt. Vielleicht zum Tauchen.« Als er die Achseln zuckt, bewegen sich seine breiten Schultern unter dem riesigen gelben Overall. »Keine Ahnung. Jedenfalls kann er nicht schon damals geplant haben, Eli umzubringen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Vor zwei Jahren hat Jack in Chicago gewohnt, und du fragst dich jetzt sicher, wozu er dort ein Wasp Knife brauchte.« Marino stapft in seinen großen grünen Stiefeln herum und späht immer wieder die Kellertreppe hinunter, als wäre er neugierig, was dort vor sich geht. »Das einzige Lebensgefährliche in den Great Lakes ist nämlich das Quecksilber in den Fischen.«
    »Also sind die Sachen bei uns? Haben wir die Schachtel und die CO 2 -Kartuschen? Alles eben?« Ich will wissen, in welchen Labors, um sicherzugehen, dass Briggs meine Beweisstücke nicht ins AFME-Labor in Dover schickt.
    »Ja, alles. Bis auf das Messer, das in der Schachtel war. Das ist noch nicht aufgetaucht. Vermute, dass er es nach dem Mord an dem Typen weggeschmissen hat. Vielleicht hat er es ja von einer Brücke geworfen. Natürlich wollte er nicht, dass sich jemand am Tatort in Norton’s Woods umsieht.« Marino fixiert mich aus blutunterlaufenen Augen und lässt dann den Blick geistesabwesend durch den Raum schweifen, so wie Menschen es tun, wenn ihnen an ihrer Umgebung nichts mehr neu ist. Schließlich war er schon viele Stunden vor mir vor Ort.
    »Was ist denn da passiert?« Ich gehe vor dem Kamin in die Hocke. Er ist aus alten Backsteinen gemauert und offenbar original. »Was wurde hier gemacht?« Da mir der Helm ständig über die Augen rutscht, nehme ich ihn ab und lege ihn auf den Boden.
    »Was stört dich daran?« Marino bleibt stehen und beobachtet mich.

    Ich nähere meine behandschuhte Hand der Asche. Die Luftbewegung bringt sie zum Schweben, als wäre sie schwerelos. Ich überlege, wie ich den Zustand, in dem sie sich befindet, am besten erhalten kann. Die Asche ist viel zu instabil, um sie im Ganzen zu transportieren. Allerdings bin ich ziemlich sicher, zu wissen, was in diesem Kamin geschehen ist. Zumindest ahne ich es. So etwas ist mir schon öfter untergekommen, allerdings nicht in letzter Zeit. Die Dokumente, die heutzutage verbrannt werden, sind gewöhnlich Computerausdrucke, keine getippten Briefe. Außerdem bestehen sie aus billigem Kopierpapier mit hohem Holzfaseranteil, das unvollständig verbrennt, so dass eine Menge schwarzer, rußiger Asche entsteht. Die Rückstände von Büttenpapier sehen völlig anders aus. Sofort fällt mir Erica Donahues Brief ein, den sie nicht geschrieben haben will.
    »Ich würde empfehlen«, wende ich mich an Marino, »den Kamin abzudecken, damit die Asche nicht durcheinandergeweht wird. Wir müssen sie in situ fotografieren, bevor sich etwas daran verändert.

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