Bastard
den Namen noch immer wie Curry aus, ganz gleich, wie oft ich ihm erkläre, dass es Kü-rie heißt, wie das Element Curium, das nach Madame Kü-rie benannt ist.
»Und noch was«, meint er dann zu mir. »Gut, dass die Heizung im Haus erst vor fünf oder sechs Stunden ausgefallen ist, als jemand kam. Solche Hunde haben ja nicht viel mehr Haare als ich. Obwohl er sich unter die Decke von Fieldings Bett gewühlt hatte, hat er gezittert, als hätte er Krämpfe. Natürlich hatte er eine Scheißangst. Die vielen Polizisten und das FBI, alle in Nahkampfausrüstung, sind hier reingestürmt wie die Wilden. Ganz zu schweigen davon, dass Windhunde
nicht gern allein sind. Sie kriegen dann, wie nennt man das, Trennungsängste.«
Er öffnet noch einen Schrank und reicht mir ein Paar Stiefel, ohne mich nach der Größe fragen zu müssen.
»Woher weißt du, dass es Jacks Bett ist?«, frage ich.
»Weil sein Mist überall rumliegt. Wessen Bett sollte es sonst sein?«
»Wir müssen auf Nummer sicher gehen.« Ich wiederhole mich. »Er hat hier draußen in einer abgelegenen Gegend gewohnt. Nirgendwo Nachbarn, die ihn hätten beobachten oder belauschen können. Der Park ist um diese Jahreszeit menschenleer. Woher weißt du also, ob er allein hier war? Warum bist du so überzeugt, dass er keinen Helfer hatte?«
»Wen denn? Wer zum Teufel würde ihm bei so etwas helfen?« Als Marino mich ansieht, steht ihm die Skepsis ins breite Gesicht geschrieben: Ich bin in Sachen Fielding nicht objektiv. Zumindest denkt das Marino. So wie alle anderen vermutlich auch.
»Wir dürfen keine Möglichkeit ausschließen«, entgegne ich, deute noch einmal auf das Führerhaus und erkundige mich nach dem Hund.
»Alles bestens«, erwidert Marino. »Anne hat ihm etwas zu fressen besorgt, Hühnchen und Reis vom Griechen in Belmont. Außerdem hat sie ihm ein hübsches bequemes Bettchen hergerichtet. Die Heizung läuft auf Hochtouren. Da drin ist es heiß wie in einem Backofen. Wahrscheinlich verbrauchen wir mehr Saft, um seinen mageren Hintern warm zu halten, als für die Untersuchung des Kellers. Willst du ihn kennenlernen?«
Er gibt uns dicke schwarze Gummihandschuhe und Einweghandschuhe aus Nitril. Benton pustet sich auf die Hände, um sie zu wärmen, verschickt dabei weiter SMS und liest die auf seinem Telefon eingehenden Nachrichten. Marinos und mein Gespräch scheint ihn nicht zu interessieren.
»Eines nach dem anderen«, sage ich zu Marino, weil ich es im Moment nicht über mich bringe, mir einen bedauernswerten Hund anzusehen, der in einem stockfinsteren, unbeheizten Haus zurückgelassen wurde, nachdem der Entführer sein Herrchen umgebracht hatte. So lautet zumindest die Theorie.
»Der Ablauf funktioniert wie folgt«, verkündet Marino, greift nach zwei grellgelben Helmen und reicht sie uns. »Da drüben stehen Plastikwannen zum Desinfizieren.« Er zeigt auf eine Stelle neben der Sperrholzplatte, die als Eingangstür der Hütte dient. »Ihr dürft keine Spuren außerhalb des Flatterbands verteilen. Deshalb werden Overalls und Stiefel da drüben an- und ausgezogen.«
Neben drei mit Wasser gefüllten Wannen steht eine Flasche Geschirrspülmittel; Schuhe und Stiefel der Leute, die drinnen arbeiten, sind säuberlich aufgereiht. Ich erkenne ein paar braune Kampfstiefel in Herrengröße. Nach der Schuhkollektion zu urteilen, befinden sich mindestens acht Ermittler am Tatort, von denen jemand vermutlich bei der Army ist. Vielleicht ist es sogar Briggs selbst. Nachdem Marino sich gebückt und die Anzeige des mit geriffeltem Stahl verkleideten Notstromaggregats überprüft hat, poltert er die ebenfalls aus geriffeltem Stahl bestehenden Stufen hinunter und hinaus ins grelle Sonnenlicht. Das funkelnde Eis, das die kahlen Bäume überkrustet, lässt sie aussehen wie in flüssiges Glas getaucht. Überall hängen lange, spitze Eiszapfen, die mich an Nägel und Speere erinnern.
»Du könntest mal langsam deinen Overall anziehen«, meint Marino zu mir, während Benton, mit seinem Telefon beschäftigt, davonschlendert. Er tauscht Nachrichten mit jemandem aus und hört uns nicht zu. Marino und ich nähern uns dem Anbau, wobei wir aufpassen müssen, dass wir auf dem unebenen Eis, das die zerfurchte Erde, den Morast und
den von Fielding zurückgelassenen Schutt bedeckt, nicht stolpern.
»Lass deine Schuhe hier stehen«, weist Marino mich an. »Falls du auf die Toilette musst oder frische Luft schnappen willst, vergiss nicht, deine Stiefel abzuspülen, bevor du
Weitere Kostenlose Bücher