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Bastard

Bastard

Titel: Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Also fangen wir damit an, sammeln sie dann in Farbdosen und bringen sie ins Dokumentenlabor. «
    Seine in großen Stiefeln steckenden Füße kommen näher. »Wozu?«
    Seine wirkliche Frage lautet, warum ich auftrete wie eine Spurensicherungsexpertin. Meine Antwort, wenn ich ihm denn eine geben wollte, was nicht der Fall ist, wäre, dass es schließlich jemand tun muss.
    »Wir wollen auf die übliche Methode vorgehen.« Ich blicke ihm in die glasigen Augen. Es ist noch nicht vorbei , soll das heißen. Mich interessiert nicht, dass alle anderen sich bereits ein Urteil gebildet haben. Wir müssen der Wahrheit auf den Grund gehen.
    »Lass mich mal schauen, was du da hast.« Er kauert sich
neben mich. Unsere gelben Overalls knistern bei jeder Bewegung wie Plastiktüten. Der schwache Geruch, den sie absondern, erinnert mich an einen neuen Duschvorhang.
    »Getippte Buchstaben in der Asche.« Als ich mit dem Finger darauf deute, entstehen neue Verwehungen.
    »Wenn du seit neuestem Hellseherin bist, kannst du ja in einem der Esoterikläden hier anheuern. Wie willst du einen verbrannten Brief lesen?«
    »Das geht zum Teil, weil teures Papier sauber verbrennt, so dass man die mit dem Farbband einer Schreibmaschine getippten Buchstaben noch erkennt. So etwas hatten wir schon, Marino. Es ist nur eine Weile her. Verstehst du, was ich meine?« Wieder deute ich mit dem Finger darauf, und die Asche verrutscht weiter. »Man kann sogar noch ein Stück des eingeprägten Briefkopfs ausmachen. Boston und einen Teil der Postleitzahl. Es ist dieselbe Postleitzahl wie auf dem Brief, den ich von Mrs. Donahue erhalten habe. Allerdings will sie ihn nicht geschrieben haben, und ihre Schreibmaschine ist verschwunden.«
    »Nun, im Haus gibt es eine. Eine alte grüne Reiseschreibmaschine, die auf dem Esszimmertisch steht.« Er rappelt sich auf und beugt die Knie, als täten sie ihm weh.
    »Nebenan ist eine grüne Schreibmaschine?«
    »Ich dachte, Benton hätte es dir erzählt.«
    »Wahrscheinlich war eine Stunde nicht lang genug, um mir alles zu erzählen.«
    »Sei nicht sauer. Wahrscheinlich ging das nicht. Du würdest deinen Augen nicht trauen, was drüben für ein Chaos herrscht. Offenbar hat Fielding beim Umzug seinen Kram nie wirklich ausgepackt. Überall Kartons. Eine richtige Müllhalde. «
    »Ich bezweifle, dass er eine Reiseschreibmaschine hatte. Es ist bestimmt nicht seine.«

    »Außer er hat mit dem jungen Donahue unter einer Decke gesteckt. So lautet wenigstens die offizielle Erklärung für diesen Mist.«
    »Nicht, wenn man der Mutter glaubt. Johnny konnte Jack nicht ausstehen. Also ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass er Jack Mrs. Donahues Schreibmaschine gegeben hat.«
    »Falls es ihre ist. Das wissen wir schließlich nicht. Und außerdem sind da noch die Drogen«, erwidert Marino. »Johnny nimmt sie offenbar, seit er in Fieldings Taekwondo-Kurs angefangen hat. Und eins plus eins macht zwei, richtig?«
    »Ob diese Rechnung aufgeht, wird sich noch zeigen. Was ist mit Briefpapier oder Ähnlichem?«
    »Keines bemerkt.«
    »Außer dem, was anscheinend im Kamin liegt.« Ich erläutere ihm noch einmal, dass hier vermutlich Erica Donahues Briefpapier verbrannt worden ist, entweder alles oder das, was nach dem Brief übriggeblieben ist, den jemand unter ihrem Namen an mich geschrieben hat.
    »Pass auf …« Marino beendet den Satz nicht.
    Aber das ist auch überflüssig. Mir ist nämlich klar, was er sagen wollte. Er wollte mich daran erinnern, dass ich in Sachen Fielding nicht objektiv bin. Marino meint, das am besten zu wissen, und zwar wegen unserer gemeinsamen Vergangenheit. Er war in den Anfangstagen nämlich auch dabei und hat die Zeit miterlebt, als Fielding in Richmond mein Praktikant und Protegé – und offenbar in den Augen vieler Leute noch mehr – war.
    »Und das lag einfach so rum?«, erkundige ich mich und deute auf eine Rolle bleigraues Isolierband auf der Werkbank.
    »Okay, schon gut«, antwortet er, kauert sich neben einen offenen Tatortkoffer, der auf dem Boden steht, und holt einen Asservatenbeutel heraus. Die Rolle kann anhand der Abrissstelle
mit dem letzten abgetrennten Streifen verglichen werden. »Dann verrate mir mal, wie zum Teufel er da rangekommen ist und wozu er das gemacht hat.«
    Er meint Fielding. Wie ist Jack Fielding in den Besitz von Erica Donahues Schreibmaschine gelangt, und aus welchem Grund hat er einen angeblich von ihr stammenden Brief geschrieben und ihn mir von einem gemieteten Fahrer

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