Bastard
jetzt erledigen. Wir sind ohnehin unterwegs«, erwidere ich.
»Ich hatte eigentlich nicht an die Meinung irgendeines Tierarztes gedacht.«
»Das ist mir klar.« Ich streichle Sock und bekomme immer mehr das Bedürfnis, ihn zu behalten. »Ich versuche mich an den Namen der Frau zu erinnern, die sich um Jet Ranger kümmert.«
»Nicht wieder dieses Thema.«
»Lucy ist auch nie zu Hause, und trotzdem klappt es wunderbar. Ich glaube, sie heißt Annette oder Lanette. Ich frage Lucy, ob Annette oder Lanette tagsüber vorbeischauen kann, vielleicht gleich morgens. Dann kann sie Sock abholen und mit zu Lucy nehmen, und er und Jet Ranger leisten einander Gesellschaft. Und abends bringt Annette oder wie sie auch immer heißt, Sock zurück nach Cambridge. Was soll daran so schwierig sein?«
»Wir werden ein Zuhause für Sock suchen, wenn der richtige Zeitpunkt da ist.« Benton nimmt die Ausfahrt Woburn. Das Schild schimmert grün, als der Lichtkegel unserer Scheinwerfer darübergleitet und der Wagen langsamer wird.
»Du bekommst ein wundervolles Zuhause«, sage ich zu Sock. »Das hat Secret Agent Wesley gerade versprochen. Du hast es selbst gehört.«
»An dem Grund, warum du besser keinen Hund haben solltest, hat sich nichts geändert«, erklingt Bentons Stimme vom dunklen Vordersitz her. »Dein IQ sackt um etwa fünfzig Punkte.«
»Das wäre dann ein negativer Wert. Minus zehn oder so.«
»Bitte lass die Babysprache und das Geplapper, wenn du mit Tieren redest.«
»Ich überlege gerade, wo ich Futter für ihn herkriegen soll.«
»Am besten setze ich dich ab, fahre zum nächsten Supermarkt und besorge etwas«, schlägt Benton vor.
»Nichts aus der Dose. Ich muss zuerst recherchieren, welche Marke geeignet ist. Vermutlich Seniorenkost von einer
kleinen Firma, denn er ist nicht mehr der Jüngste. Apropos, wir sollten es mit Hühnerbrust, weißem Reis, einem Weißfisch wie Kabeljau und vielleicht etwas Gänsefuß versuchen. Ich fürchte also, du wirst in einen richtigen Lebensmittelladen gehen müssen. Ich glaube, irgendwo hier in der Nähe gibt es einen Biosupermarkt.«
In der Tierklinik werde ich in einen langen, hellen Flur geführt, von dem aus viele Behandlungszimmer abgehen. Der Pfleger, der uns begleitet, ist sehr freundlich zu Sock. Mir fällt auf, dass die Bewegungen des Hundes schwerfällig sind. Er steht zwar leicht auf seinen kleinen Füßen, trottet aber langsam den Flur entlang, als wäre er nie im Leben ein Rennen gelaufen und auch gar nicht in der Lage dazu.
»Ich glaube, er hat Angst«, meine ich zu dem Pfleger.
»Diese Hunde sind faul.«
»Wer würde das bei einem Hund glauben, der ein Tempo von sechzig Stundenkilometern schafft«, wende ich ein.
»Weil sie müssen, aber sie wollen nicht. Sie schlafen lieber auf dem Sofa.«
»Nun, aber ich möchte ihn nicht zerren. Außerdem hat er den Schwanz eingekniffen.«
»Der Arme.« Der Pfleger bleibt immer wieder stehen, um Sock zu streicheln.
Vermutlich hat Dr. Kessel die Mitarbeiter über das traurige Schicksal des Hundes aufgeklärt. Jedenfalls bringt man uns nichts als Rücksichtnahme und Mitgefühl und außerdem ziemlich viel Aufmerksamkeit entgegen, als wäre Sock prominent. Ich hoffe, dass es nicht dazu kommen wird. Es wäre nämlich gar nicht hilfreich, wenn Informationen über ihn an die Öffentlichkeit gelangen würden. Das Resultat wären Gerüchte im Internet, Sensationsgier und die üblichen geschmacklosen Witze, die man so gern über mich reißt. Nehme ich Sock ins Institut mit? Wird Sock zum Leichenspürhund
ausgebildet? Was macht Sock, wenn ich beim Nachhausekommen nach Tod rieche?
Er hat kein Fieber. Zahnfleisch und Zähne sind gesund. Puls und Atmung sind normal, und er weist keine Anzeichen von Herzflimmern oder Austrocknung auf. Allerdings erlaube ich Dr. Kessel nicht, ihm Blut abzunehmen. Das heben wir uns für das nächste Mal auf, schlage ich vor, weil der Hund für heute genug mitgemacht hat. »Er soll mich erst kennenlernen, bevor er mich mit Leid und Schmerzen in Verbindung bringt«, sage ich zu Dr. Kessel, einem mageren Mann im OP-Anzug, der viel zu jung aussieht, um ein Medizinstudium abgeschlossen zu haben. Mit einem kleinen Scanner sucht er Socks knochigen Rücken nach einem möglicherweise unter die Haut eingepflanzten Mikrochip ab. Währenddessen sitzt der Hund auf dem Untersuchungstisch und wird von mir gestreichelt.
»Ja, er hat einen, einen hübschen kleinen RFID-Chip, und zwar genau, wo er sein sollte, nämlich
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