Bastard
eigentlich keine Freunde. Sie ist die beste Freundin, die er je hatte. Leider ist sonst nichts zwischen ihnen, obwohl ich darauf gehofft habe. Doch daraus wird wahrscheinlich nichts werden. Wie es aussieht, ist sie mit einem anderen Mitarbeiter von Otwahl liiert, einem Wissenschaftler. «
»Kennen Sie seinen Namen?«
»Tut mir leid; falls ich ihn je gewusst habe, habe ich ihn vergessen. Ich glaube, er ist ebenfalls aus Berkeley und wegen des MIT und Otwahl hergekommen. Ein Südafrikaner. Johnny hat ziemlich unschön über den afrikanischen Streber gesprochen, mit dem Dawn geht, und noch einige andere Kraftausdrücke
benutzt, die ich hier nicht wiederholen möchte. Davor war sie mit einem geistig minderbemittelten Sportler zusammen, das waren Johnnys Worte, denn er ist ein bisschen eifersüchtig …«
»Einem geistig minderbemittelten Sportler?«, hake ich nach.
»Einfach pietätlos, so etwas über jemanden zu sagen, der auf derart tragische Weise gestorben ist. Aber Johnny hat kein Taktgefühl. Das gehört zu seinem Anderssein.«
»Wissen Sie, wie der Mann, der gestorben ist, hieß?«
»Ich erinnere mich nicht. Der Footballspieler, der im Hafenbecken gefunden wurde.«
»Hat Johnny mit Ihnen über den Fall gesprochen?«
»Sie wollen doch nicht etwa andeuten, mein Sohn könnte etwas damit …«
Ich versichere ihr ruhig, dass ich nichts dergleichen andeuten möchte, und beende das Telefonat, als das Auto knirschend über den Schnee rollt, der unsere Einfahrt in Cambridge bedeckt. An ihrem Ende steht unter den kahlen Ästen einer riesigen Eiche das Kutschhaus, das wir zur Garage umgebaut haben. Die Scheinwerfer beleuchten die doppelflügelige Tür aus Holz.
»Du hast es selbst gehört«, meine ich zu Benton.
»Das heißt nicht, dass Jack es nicht war. Kein Beweis dafür, dass er Wally Jamison, Mark Bishop oder Eli Goldman nicht auf dem Gewissen hat«, fügt er hinzu. »Wir müssen vorsichtig sein.«
»Natürlich müssen wir das. Wir sind immer vorsichtig. Und du wusstest wirklich nichts von all diesen Dingen?«
»Ich darf nicht wiederholen, was ein Patient mir anvertraut hat. Aber drücken wir es einmal so aus: Was Mrs. Donahue gerade gesagt hat, ist interessant. Außerdem behaupte ich nicht, dass ich mir in Sachen Fielding sicher bin. Wir müssen
uns nur bedeckt halten, weil uns über gewisse Dinge noch die Informationen fehlen. Doch wir werden sie bekommen, das verspreche ich dir. Nach Dawn Kincaid wird überall gesucht. Ich werde die neuesten Fakten weitergeben«, sagt Benton. Damit will er in Wahrheit ausdrücken, dass wir momentan nichts tun können oder sollten, und er hat recht. Schließlich geht es nicht an, dass wir als zweiköpfiger Suchtrupp losziehen, um Dawn Kincaid aufzuspüren, die inzwischen ohnehin vermutlich über alle Berge ist.
Benton stoppt den Wagen und richtet eine Fernbedienung auf die Garage. Ein Holztor hebt sich. Innen schaltet sich das Licht an. Es beleuchtet seinen schwarzen Porsche 911 und drei leere Stellplätze.
Nachdem er den SUV neben dem Sportwagen geparkt hat, lege ich Sock die Leine um den langen, schlanken Hals und hebe ihn von meinem Schoß und vom Rücksitz in die Garage, wo es wegen des fehlenden Fensters bitterkalt ist. Dann überquere ich mit ihm den gummierten Bodenbelag und spähe durch das klaffende schwarze Quadrat in unseren verschneiten Garten hinaus. Trotz der Dunkelheit kann ich aufgewühlten Schnee und Unmengen von Fußabdrücken erkennen. Die Nachbarskinder haben unser Grundstück wieder als Abkürzung benutzt, womit endlich Schluss sein muss. Wir haben einen Hund. Außerdem werde ich den Garten einzäunen lassen. Ich werde die miese, unfreundliche Nachbarin sein, die anderen das Betreten ihres Grundstücks verbietet.
»Das ist doch ein Witz«, meine ich zu Benton, während wir aus der frei stehenden Garage auf die glatte, schneebedeckte Einfahrt hinaustreten. Die Nacht ist eiskalt, weiß und totenstill. »Du beschließt, eine Alarmanlage für die Garage anzuschaffen. Jetzt haben wir eine, die nicht funktioniert. Jeder könnte ungehindert einsteigen. Wann kommt das neue Fenster? «
Wir gehen zur Hintertür. Vorsichtig tasten wir uns über den verkrusteten Schnee, der Sock offensichtlich nicht zusagt. Er zieht ruckartig die Pfoten hoch, als wären es glühende Kohlen, und zittert am ganzen Körper. Dunkle Bäume wiegen sich im Wind, der Nachthimmel ist mit Sternen übersät. Der Mond schwebt klein und knochenweiß hoch über den Dächern und Wipfeln
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