Bastard
IAFIS, und auch nichts im Nationalen Zentralregister der vermissten Personen. Morgen haben wir seine DNA und können sie mit CODIS abgleichen.« Marinos behandschuhte Pranken legen das Lineal unter das Kinn des Toten. »Das mit dem Hund ist aber irgendwie seltsam. Jemand muss ihn doch gefunden haben. Ich denke, wir sollten eine Meldung über einen entlaufenen Greyhound an die Medien geben. Zusammen mit einer Nummer, wo die Leute anrufen können.«
»Kein Wort von uns«, entgegne ich. »Im Moment machen wir einen Bogen um die Medien.«
»Genau«, stimmt Benton mir zu. »Schließlich sollen die bösen Buben nicht mitbekommen, dass wir überhaupt von der Existenz des Hundes wissen, geschweige denn, dass wir ihn suchen.«
»Böse Buben?«, hakt Anne nach.
»Was sonst?« Ich umrunde den Tisch, was Lucy gern als »Expedition« bezeichnet, und betrachte die Leiche gründlich von Kopf bis Fuß.
Marino fotografiert. »Bevor wir ihn heute Morgen zurück in die Kühlkammer geschoben haben, habe ich seine Hände auf Spuren untersucht und alles, auch seine persönliche Habe, vorläufig sichergestellt«, sagt er.
»Seine persönliche Habe hast du gar nicht erwähnt. Nur, dass er offenbar nichts bei sich trug«, antworte ich.
»Einen Ring mit Wappen, eine Armbanduhr aus Edelstahl von Casio, einige Schlüssel an einem Schlüsselbund. Was sonst noch? Einen Zwanzigdollarschein. Eine kleine Holzschachtel für Haschisch. Leer. Habe sie auf Drogenspuren überprüft. Die Schachtel aus dem Video. Man kann eine Sekunde lang sehen, wie er sie gleich nach seiner Ankunft in Norton’s Woods in der Hand hält.«
»Wo wurde sie gefunden?«, frage ich.
»In seiner Tasche. Dort habe ich sie entdeckt.«
»Also hat er die Schachtel im Park aus der Tasche geholt und vor dem tödlichen Zwischenfall wieder eingesteckt.« Ich lasse die Bilder vom iPad Revue passieren: die kleine Schachtel in einer schwarz behandschuhten Hand.
»Ich würde sagen, wir sollten nach etwas zum Schnupfen oder zum Rauchen suchen«, sagt Marino. »Ich tippe auf Gras. Keine Ahnung, ob es dir aufgefallen ist«, wendet er sich an mich, »aber er hatte eine Glaspfeife in einem Aschenbecher auf dem Schreibtisch.«
»Warten wir das Ergebnis der toxikologischen Untersuchung ab«, erwidere ich. »Wir überprüfen den Alkoholpegel und beschleunigen den Drogentest. Wie viel Rückstau haben sie im Labor?«
»Ich bitte Joe, unseren Fall ganz oben auf die Liste zu setzen. « Damit meint Anne den Cheftoxikologen, den ich aus New York mitgebracht habe. Ich habe ihn schamlos aus dem kriminaltechnischen Labor der dortigen Polizei abgeworben. »Sie sind der Chef. Sie brauchen nur ein Wort zu sagen.« Sie blickt mich an. »Willkommen daheim.«
»Was für ein Siegelring? Und wie sieht der Schlüsselbund aus?«
»Ein Wappen: ein offenes Buch mit drei Kronen«, antwortet Marino. Ich merke ihm an, wie er es genießt, besser im Bilde zu sein als Benton. Die Beweissicherung ist sein Fachgebiet.
»Keine Inschrift, kein lateinischer Satz, nichts dergleichen. Ich weiß nicht, wie die Wappen des MIT und von Harvard aussehen.«
»Anders, als du es beschrieben hast«, entgegnet Benton. »Darf ich den da benutzen?« Er weist auf einen Computer, der auf der Arbeitsfläche steht.
»Der Schlüsselring ist aus Stahl und hängt an einer Lederschlaufe, damit man ihn am Gürtel befestigen kann«, fährt Marino fort. »Und wie uns allen bekannt ist, hatte der Tote keine Brieftasche bei sich. Nicht einmal ein Mobiltelefon. Das ist wirklich komisch. Wer verlässt denn das Haus ohne Telefon? «
»Er war mit seinem Hund unterwegs und hat dabei Musik gehört. Vielleicht wollte er nur einen kurzen Spaziergang machen und hatte keine Lust zu telefonieren«, wendet Benton ein, während er Suchbegriffe eingibt.
Ich wende die Leiche auf die rechte Seite und drehe mich zu Marino um. »Könntest du mir vielleicht helfen?«
»Drei Kronen und ein offenes Buch«, verkündet Benton. »City University of San Francisco.« Er tippt weiter. »Eine Online-Universität, die auf Berufe im Gesundheitswesen spezialisiert ist. Gibt es an einer Online-Universität Ringe mit dem Wappen der Uni?«
»In welchen Spind hast du seine Sachen gelegt?«, erkundige ich mich bei Marino.
» Numero uno. Und ich habe den Schlüssel, falls du ihn willst.«
»Will ich. Ist etwas dabei, das im Labor untersucht werden sollte?«
»Kann ich mir nicht vorstellen.«
»Dann behalten wir die Sachen hier, bis wir wissen, wer der Tote ist,
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