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Bastard

Bastard

Titel: Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Leichensack, der nicht leckt. Und da wäre noch etwas: die Blutstropfen auf dem Boden, die von der Anlieferungszone in die Kühlkammer führen.«
    »Warum verschieben wir dieses Gespräch nicht auf später?« Es ist gerade Zeit fürs Einchecken. Als wir auf die moderne, aber schlicht verputzte Fassade des Hotels zugehen, wimmelt der Parkplatz von Menschen, und Marinos Stimme klingt so laut, als spräche er in einem Amphitheater.
    »Ich glaube kaum, dass Fielding sich die Mühe gemacht hat, die Aufnahmen anzusehen«, fährt Marino dennoch fort. »Überhaupt bezweifle ich, dass er auch nur einen Finger gerührt hat. Ich habe den Schwachkopf seit heute Morgen nicht mehr zu Gesicht gekriegt. Spurlos verschwunden, wie schon so oft.« Er öffnet die Glastür. »Hoffentlich müssen wir seinetwegen nicht dichtmachen, verdammt. Wäre das nicht ein Witz? Du tust dem Idioten einen Gefallen und gibst ihm einen Job, obwohl er sich beim letzten Mal einfach verdrückt hat. Und er versetzt dem Institut den Todesstoß, noch ehe wir richtig angefangen haben.«
    In der mit Vitrinen voller Orden und Souvenirs der Air Force, bequemen Sesseln und einem riesigen Flachbildschirmfernseher ausgestatteten Vorhalle begrüßt ein Schild die Gäste in der Heimat der C-5 Galaxy und der C-17 Globemaster III. An der Rezeption reihe ich mich schweigend hinter einem Soldaten in der Kampfuniform der Army mit ihrem gedeckten Muster aus durchbrochenen Tigerstreifen ein, der Rasierschaum, Wasser und einige Minifläschchen Scotch, Marke Johnnie Walker, kauft. Dann teile ich dem Mann am Empfang mit, dass ich früher abreise als geplant. Ja, ich werde nicht vergessen, meinen Schlüssel abzugeben. Und natürlich sei mir klar, dass ich den für Staatsbedienstete üblichen Preis von achtunddreißig Dollar pro Tag bezahlen müsse, obwohl ich die Nacht nicht hier verbringen würde.

    »Wie heißt es noch mal so schön?«, spricht Marino weiter. »Keine gute Tat bleibt ungesühnt.«
    »Wir sollten uns bemühen, nicht so negativ zu sein.«
    »Wir beide haben gute Positionen in New York aufgegeben und das Büro in Watertown geschlossen. Und jetzt haben wir den Salat.«
    Ich schweige.
    »Ich hoffe nur, dass wir unsere Karrieren nicht in den Sand gesetzt haben, verdammt«, ergänzt er.
    Ich antworte nicht, denn ich habe genug gehört. Als wir an den Läden und Verkaufsautomaten vorbeigehen und die Treppe in den ersten Stock hinaufsteigen, teilt er mir endlich mit, dass Lucy uns nicht am Helikopter auf dem Zivilflugplatz erwartet. Sie ist in meinem Zimmer, wo sie meine Sachen packt, sie berührt, Entscheidungen über sie fällt, meinen Wandschrank und meine Schubladen leert und meinen Laptop, meinen Drucker und mein Navigationsgerät abbaut. Er hat diese Information bis jetzt zurückgehalten, weil er weiß, dass ich mich unter gewöhnlichen Umständen unglaublich darüber ärgern würde, obwohl ich meine Nichte – Computergenie und ehemalige FBI-Agentin – wie eine Tochter großgezogen habe.
    Allerdings sind die Umstände alles andere als gewöhnlich, und so bin ich erleichtert, dass Marino hier ist, dass Lucy sich in meinem Zimmer aufhält und dass die beiden gekommen sind, um mich abzuholen. Ich muss nach Hause, um zu retten, was noch zu retten ist. Wir folgen dem langen, mit einem dunkelroten Teppich belegten Flur und passieren eine mit Möbeln im nachgeahmten Kolonialstil geschmückte Empore mit einem elektrischen Massagestuhl, den ein fürsorglicher Mensch für müde Piloten aufgestellt hat. Während ich den Kartenschlüssel ins Schloss meiner Zimmertür stecke, frage ich mich, wer Lucy wohl hereingelassen hat. Im nächsten Moment
denke ich wieder an Briggs und CNN. Ein Fernsehauftritt kommt nun nicht mehr in Frage. Was, wenn die Medien Wind von dem Zwischenfall in Cambridge bekommen haben? Doch das würde ich inzwischen wissen. Marino ebenfalls. Bryce, mein Verwaltungschef, würde mir sofort Bericht erstatten. Also wird alles gut.
    Lucy sitzt auf meinem ordentlich gemachten Bett und schließt gerade meinen Kosmetikkoffer. Als ich sie umarme, steigt mir der frische Zitrusduft ihres Shampoos in die Haare, und mir wird klar, wie sehr ich sie vermisst habe. Der schwarze Pilotenoverall betont ihre kühn wirkenden grünen Augen, das kurze rötlich blonde Haar, die markanten Züge und ihre schlanke Figur. Wieder einmal erkenne ich, dass sie auf ungewöhnliche Weise atemberaubend gut aussieht, jungenhaft, aber weiblich, muskulös, aber mit Brüsten, und so

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