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Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition)

Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition)

Titel: Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabina Schneider
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Seine Eingeweide drehten sich und er spürte Angst.
    Angst, die man ihm während seiner Ausbildung zum Assassine ausgetrieben hatte. Man hatte alle Ängste mit einer Angst überdeckt. Man hatte sie so gehegt und gepflegt, ihn sie nie vergessen lassen, ihn immer daran erinnert, dass sie allgegenwärtig war. Er hatte das Training ertragen können, er hatte alles getan, um dieser einen Angst nicht ausgeliefert zu werden. Und jetzt s tand er hier. Stand er vor all dem, das diese Angst verkörperte. Vor dem Ort, an dem sein Training begonnen hatte: den Kerkern von Sorifly.
    Der Himmel war blau und die Äste der kahlen Bäume streckten sich der Sonne entgegen. Der kommende Winter lag in der Luft. Und doch wirkten die Bäume zu kahl, zu schwarz. Tot. Als hätte jemand oder etwas ihnen ihre Lebensenergie ausgesaugt. Von dem Hügel, auf dem sich die Gruppe befand, konnten sie auf das Verlies blicken. Sorifly war rund und hatte den Durchmesser von wohl über einem Kilometer. Der Koloss wirkte wie ein schwarzes Labyrinth. Doch obwohl die Sonne hell schien, konnte sie nicht in die Gänge des seltsamen Gebäudes vordringen. Im Gegenteil, ein dunkler Nebel stieg von den Mauern auf und saugte sich an den Strahlen der Sonne satt. Der Nebel umschmeichelte die Gemäuer und hauchte ihnen Leben ein.
    Armirus hörte mit bleichem Gesicht zu, wie die anderen über ihr Vorgehen diskutierten. Serena bezog alle mit ein, hörte sich die Ideen von Boril und den restlichen Banditen an, dachte nach. Dann fiel ihr Blick auf Armirus: „Was sagst du Armirus? Wir gehen nachts rein, durchsuchen das Verlie und gehen wieder raus?“ Mit aufgerissenen Augen und Mund starrte Armirus dieses kleine Mädchen an, das keine Ahnung hatte, worauf es sich einließ. Ein hysterisches Lachen entriss sich seinen Lippen. Er hatte sich auf diesen Moment gefreut. Armirus würde Serena jetzt die Augen öffnen und durch ihren Seelentod über seinen Bruder triumphieren. Seinen Bruder ... zu dem er als Kind aufgeschaut hatte, den er vergöttert hatte ... bis zu jenem Moment.
    „Mädchen , mein Mädchen. Hineinzukommen ist kein Problem, das schafft jeder. Das Problem ist hinauszukommen. Sorifly ist ein lebendes Labyrinth, gebaut aus Stein, Eisen und Knochen der Gefangenen. Es gibt niemanden, der jemals heraus gefunden hat.“
    „Du scheinst viel darüber zu wissen“, sagte Mikhael mit zugekniffenen Augen.
    „Die Wärter werden den Weg kennen. Wir schnappen uns einen und der wird uns schon zum richtigen Verlies führen und den Weg wieder hinaus zeigen können“, sagte Serena grimmig. Mit hysterischer Stimme erwiderte Armirus: „Es gibt keine Wärter.“
    „Aber die Gefangenen müssen doch beobachtet und ernährt werden“, überlegte Serena laut. Wieder fing Armirus laut zu lachen an. Sein Körper wurde geschüttelt von der Hysterie, die sich in seine Eingeweide gekrallt hatte und nun aus ihm herausbrach. Die Männer schauten ihren Anführer mit vor Angst geweiteten Augen an. So hatten sie ihn noch nie erlebt.
    Mehrere Minuten hielt dieser Zustand an. Alle schwiegen, bis sich Armirus beruhigt hatte und weiter sprach: „Das Verlies wurde magisch von Morphis errichtet. Dem größten Zauberer, den die Welt je gesehen hatte. Man erzählt, er sei nach dem Erbau wahnsinnig geworden. Wer einmal drinnen ist, kommt nie wieder heraus. Das Labyrinth lebt. Es dehnt sich weiter und weiter aus. Es baut sich selbst mit den Knochen der Gefangenen, die darin sterben.
    Ein Hungertod ist das Gnädigste, das einem dort passieren kann. Das Verlies spielt mit dem Grausamsten, das diese Welt zu bieten hat: der Hoffnung. Es sind keine Kerker im üblichen Sinn. Man ist nicht in einer Zelle gefangen. Man wandert frei umher, ohne Ketten. Getrennt von Mauern, Stäben aus Eisen, aus Knochen. Doch man sieht die Außenwelt. Die Mauern, die von außen betrachtet das Innere des Verlieses verbergen, zeigen aus dem Inneren heraus die Außenwelt. Man erlebt Tag und Nacht, Regen, Wind, Schnee und Eis wie auf einer Leinwand. Wie ein Bild, das dich umgibt, in das du hinein möchtest, aber nicht kannst.
    Du hast die Freiheit ständig vor Augen. Du folgst den Gängen, die mal einen Blick darauf zulassen, mal nicht. Du triffst auf halbverrottete Leichen und Skelette, die eins werden mit den Mauern und ein Netz aus Knochen weben. Um die Folter so lange wie möglich hinzuziehen, findest du alle Tage mal Wasser, steinhartes Brot ... Das Fleisch von andern Insassen, wenn du Glück hast.“
    Serena wurde

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