BattleTech 16: Wolfsrudel
der Lage sein, die Eindringlinge aufzuhalten? Oder Mariks Liga Freier Welten? Oder Sie? Ist der müde Reiz der Rache das Risiko wert?«
Jaime Wolf schwieg lange Zeit. »Ich werde über das nachdenken, was Sie gesagt haben, Theodore sama.«
31
Dechan Fräser blieb wie vom Blitz getroffen auf der Straße kurz vor dem Anwesen stehen, das er von Theodore Kurita als Belohnung für treue Dienste erhalten hatte. Zuerst glaubte er, seine müden Augen würden ihm im Zwielicht des Abends einen Streich spielen. Er erkannte die graue Mähne und den ebenso grauen Bart, die kleine kompakte Silhouette. Obwohl er seit Jahren keine mehr getragen hatte, erkannte er auch die Dragoneruniform. Er konnte sich nicht irren. Dieser unerwartete Gast, der da vor dem Tor zu seinem Anwesen wartete, war Colonel Jaime Wolf.
Er hatte ein Gerücht gehört, das Duell sei verschoben worden, aber er hätte nie gedacht, daß Wolf einen Besuch bei Dechan Fräser auf seinen Stundenplan setzen würde. Neugierig, verwirrt und kein bißchen wütend ging Dechan zu seinem ehemaligen Kommandant. »Suchen Sie jemanden?«
Wolf drehte sich um und betrachtete ihn von oben bis unten. »Dechan, Sie sehen gut aus.«
Die ausgestreckte Hand ignorierend, sagte Dechan: »Es gehört sich nicht, Gäste auf der Straße zu empfangen. Bitte kommen Sie herein.«
Dechan öffnete das Tor und bedeutete Wolf voranzugehen. Der Colonel trat ein und gab seinen Mantel einem Bediensteten, der lautlos aufgetaucht war und dann ebenso lautlos wieder verschwand. Dechan führte ihn ins Wohnzimmer, wo die Bediensteten bereits Tee und ein Tablett mit kleinen Keksen vorbereitet hatten. Neben seiner und Jenettes Tasse stand eine dritte. Die Bediensteten hatten gewußt, daß ein Gast wartete.
»Ich hoffe, ich mache Ihnen keine Umstände«, sagte Wolf in schwacher Imitation der Kurita-Höflichkeit. Er sah sich nach einer Sitzgelegenheit um. Als er keine fand, kniete er sich nach Art der Kuritas ein wenig unbeholfen hin.
»Do itashimashite«, sagte Dechan, indem er sich ebenfalls hinkniete. Dabei fiel ihm auf, wie leicht er in die offizielle Rolle des Gastgebers geschlüpft war und begonnen hatte, Japanisch zu sprechen. Die Lebensweise der Kuritas war zu einem Teil seines Selbst geworden: Höflichkeit, hinter der man persönliche Gefühle verbarg, um alles zu glätten und das Gesicht zu wahren.
Wolf faßte Dechans Antwort als Hinweis auf und erging sich in oberflächlichem Geplauder. Sein Japanisch war ziemlich flüssig, und seine Standardbemerkungen klangen ziemlich aufrichtig. Dechan goß seinem Gast und sich selbst Tee ein. Sie redeten über das Wetter und Wolfs Reise, aber die förmliche Unterhaltung war von einer gewissen Unruhe unterlegt. Schließlich beendete Wolf den Austausch von Höflichkeiten und sagte: »Wird Jenette auch noch kommen?«
»Hai. Mittlerweile müßte sie eigentlich schon da sein.«
»Gut. Ich wollte mit Ihnen beiden reden.« Anscheinend zufrieden, hüllte Wolf sich in Schweigen. Dechan saß in der unbehaglichen Stille da, während alte Qualen an seiner Maske der Höflichkeit nagten. Er griff nach dem Wasserkessel, um sich Tee nachzuschenken, und griff fehl. Als seine Haut mit dem heißen Metall in Berührung kam, zog er rasch die Hand zurück. Er wollte die Hand zum Mund führen, um die Verbrennung zu kühlen, weigerte sich jedoch, vor diesem Mann Schwäche zu zeigen. Nicht jetzt. Nicht nach so langer Zeit. Die angestaute Frustration machte sich in seinen Worten Luft.
»Warum gerade jetzt? Ich hatte erwartet, etwas von Ihnen zu hören, als Sie zuletzt auf Luthien waren.«
Wenn Wolf durch den Ausbruch überrascht wurde, ließ er sich jedenfalls nichts anmerken. Er stellte seine Tasse sorgfältig auf das Tablett und sagte: »Wir waren nicht gekommen, um die Fehde zu beenden.«
»Aber Sie haben für Kurita gekämpft.«
»Wir standen bei Davion unter Vertrag.«
Dechan schüttelte ungläubig den Kopf. »Also war ein Kontrakt wichtiger als eine Blutfehde.«
»Ein Kontrakt ist eine beschworene Verpflichtung.«
»Die wichtiger ist als Ihr beschworener Eid?«
»Damals ja«, sagte Wolf gelassen.
Dechan grinste höhnisch. »Wie praktisch.«
Wolf nahm einen Schluck Tee und stellte die Tasse wieder auf das Tablett. Durch diese Handlung machte Wolf eine gewisse Distanz zu Dechans Worten deutlich.
»Sie reden doch jetzt nicht über unsere Kämpfe für Kurita, oder etwa doch?«
»Ja, genau, das tue ich. Aber Sie haben recht – dahinter steckt tatsächlich noch
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