BattleTech 20: Die Stunde der Helden
Verteidiger anzugreifen, waren Verluste von Menschen und Maschinen unausweichlich.
»Gut«, sagte er schließlich und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, daß es ihm die Kehle zuzog. »Sie liefern weiter Deckung, Kommandanthauptmann. Tun Sie gegen die Jäger, was in Ihrer Macht steht.« Ohne auf eine Antwort zu warten, schaltete er auf einen anderen Kanal. »An alle Einheiten, an alle Einheiten! Hier ist Geisterführer. Neue Befehle. Phase Fünnef starten, Ausführung wie geplant. Ich wiederhole, wir starten Phase Fünnef… jetzt! Europa, starten Sie, sobald Sie dazu in der Lage sind, aber führen Sie jetzt Phase Fünf aus. Haben Sie verstanden?«
Oberleutnant Fowlers Stimme antwortete. »Verstanden, Geisterführer. Ich hoffe bei Gott, Sie wissen, was Sie tun.«
Ich auch, dachte Alex. Ich auch.
Hauptmann Julio Vargas überprüfte ein letztes Mal alle Cockpitanzeigen, bevor er die Funkleitung öffnete. »Hier Drachenführer. Bereit zum Ausschleusen.«
»Verstanden, Drachenführer«, antwortete ihm die Stimme des Flugbeobachters der Europa. Er klang nervös, und er hatte allen Grund dazu. »Übergebe Batteriestrom an Startkontrolle.«
»Drachenführer«, reagierte Vargas und legte die Schalterreihe um, die das Triebwerk seines Luft/Raumjägers startete. »Beginne Startsequenz. Jetzt.«
Er schaltete die Verbindung ab und murmelte ein kurzes Gebet. Normalerweise war Vargas kein religiöser Mensch, aber dies war auch kein gewöhnlicher Einsatz. Nicht, seit Carlyles Befehl, Phase Fünf vorzeitig zu starten.
Der ursprüngliche Schlachtplan hatte vorgesehen, die Jäger der Legion bis zu Phase Vier, in der die Europa startete, zurückzuhalten. Sie sollten das Landungsschiff unterstützen und feindliche Jäger und Landungsschiffe beschäftigen, während Fowler seinen Teil der Operation durchzog. Phase Fünf sollte erst anlaufen, wenn die Rolle des Landungsschiffes beendet war, und die Jäger wieder, je nach Bedarf, für Luftdeckung oder Bodenunterstützung zur Verfügung standen. Jetzt waren sie sofort in den Gefechtseinsatz beordert worden, noch bevor das Landungsschiff abgehoben hatte.
Aber es war nicht der geänderte Einsatzplan, der Vargas Sorgen machte. Es war der Start. Sein Flügelmann und er hatten ihre Killer - Luft/Raumjäger an Bord der Europa gebracht, bevor die Freie SkyeArmada den Orbit erreicht hatte. Laut ursprünglichem Plan wären sie erst nach dem Abheben ausgeschleust worden, um dem Schiff den voraussichtlich notwendigen Geleitschutz zu geben, während die übrigen vier Jäger im winzigen Arsenal der Legion wenige Minuten später aus einem versteckten Hangar im Castle Hill starteten.
Jetzt mußten sie noch am Boden das Schiff verlassen, und das war gefährlich. Der achtzig Tonnen schwere Killer war ein Offensivjäger mit starker Bewaffnung, aber nicht sonderlich wendig. Die beiden Piloten würden sich anstrengen müssen, eine Kollision mit den Gebäuden außerhalb des Raumhafengeländes zu vermeiden, wenn man sie aus der Hangaröffnung katapultierte.
Situationen dieser Art machten Vargas einfach Angst. Sicher, er spielte seinen Kameraden das klassische Bild eines furchtlosen Jagdfliegers vor, und in einer normalen Gefechtssituation konnte er auch alle Zweifel und Ängste beiseite wischen und sich ganz in den nur Sekundenbruchteile dauernden Aktionen verlieren. Aber jetzt zuckten die Sekunden der automatischen Startsequenz vor ihm auf der Anzeige vorüber, und er konnte nur im Cockpit sitzen und sich vorstellen, was alles schiefgehen mochte.
Vargas hatte keine Angst vor dem Tod. Ein Jagdpilot gewöhnte sich bald an den Gedanken, daß jeder Kampf der letzte für ihn sein konnte. Aber Julio Vargas hatte eine fürchterliche Angst vor Verletzung, vor einer schweren, verkrüppelnden Verletzung, die ihn zu einem Schatten seiner selbst machen würde. Natürlich konnte man mit den modernen Verfahren der Bionik und der plastischen Chirurgie nahezu jede Verletzung heilen, aber der Gedanke, den Rest seines Daseins mit Kunstgliedmaßen oder pseudoorganischer Ersatzhaut leben zu müssen, stieß ihn ab. Menschen wie Davis McCall mit bionischen Organen und Gliedmaßen machten ihn nervös. Die Vorstellung, selbst so zu enden…
Und ein Absturz beim Start war genau die Art Unglück, bei der Vargas Gefahr lief, als Krüppel zu überleben.
Licht umspülte den Jäger. Die Schleusentore des Startkanals hatten sich geöffnet. Die Sekundenanzeige marschierte ungerührt weiter auf die Null zu…
Der Andruck
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