BattleTech 20: Die Stunde der Helden
irgendwie hatten sie trotzdem eine Operation zustande gebracht. Und das ohne einen einzigen ihrer hohen Offiziere. Der einzige Offizier über dem Rang eines Oberleutnants, den sie nicht in den ersten Stunden des Coups arrestiert hatten, war King, ihr Senior Tech, und der hätte nicht in der Lage sein dürfen, einen Angriff auf die Beine zu stellen.
Aber trotzdem fand der Angriff hier und jetzt statt, und um Roger DeVries brach eine Welt zusammen. Die Legion würde kämpfen, was er auch tat, und das bedeutete einen Angriff der Freien Skye-Armada. Glengarry würde Kriegsschauplatz werden…
Und wer auch immer den Sieg davontrug, nachdem der Plan des Generalgouverneurs, den Frieden zu erhalten, fehlgeschlagen war – er wurde automatisch zur unerwünschten Person. Der Graue Tod würde ihm nie wieder vertrauen, und General von Bülow würde kaum gewillt sein, die Verhandlungen noch einmal aufzunehmen, wenn die Legion erst zurückgeschlagen hatte.
»Herr Gouverneur«, drängte O’Leary, und der Titel klang wie ein Fluch.
»Schon gut, schon gut. Ich gebe die Befehle«, gab DeVries nach.
Vielleicht funktionierte der Plan ja, den Walthers ausbrütete. Wenn sie entkommen und zu von Bülows Landetruppen aufschließen konnten, ließ sich vielleicht noch etwas retten. »Die Maschine ist in fünfzehn Minuten startbereit.«
»Sagen wir in zehn. Wir haben nicht mehr viel Zeit, bis die Bastarde hier anklopfen.«
»Aber…« DeVries sah O’Learys Miene und schluckte seinen Protest hinunter. »In zehn Minuten. Ich werde dem Hauptmann Bescheid geben. Aber während ich hier alles organisiere, müssen Sie etwas für mich erledigen.«
Der Corporal war mißtrauisch. »Was?« Er machte sich nicht einmal mehr die Mühe, seinen Titel zu benutzen.
»Meine Tochter. Sie hat Stubenarrest im Südflügel, bis sie… sich in das Unabwendbare fügt. Wenn wir uns zurückziehen, kommt sie mit. Ich möchte, daß Sie sie holen und zum Landefeld bringen.«
O’Leary setzte zu einer Antwort an, dann wurde er plötzlich nachdenklich. »Ihre Tochter, ja? Na schön, Exzellenz. Ich werde sie holen. Aber Sie sollten besser dafür sorgen, daß Ihre Maschine startklar ist.«
Der Blick des Söldners ließ keinen Zweifel daran, daß Caitlin dafür bezahlen würde, wenn irgend etwas schief ging. DeVries schluckte und nickte. Walthers und seine Söldner hatten bereits bei der Handhabung de Villars bewiesen, was man mit Geiseln alles erreichen konnte. Sie würden keinen Augenblick zögern, Caitlin zu benutzen, um ihr Ziel zu erreichen…
Als O’Leary aus dem Büro lief, gab Roger DeVries bereits die Rufnummer seines Piloten ein. Er konnte sich jetzt keinen Fehler mehr erlauben. Nicht, wenn Caitlins Leben auf dem Spiel stand – und sein eigenes dazu.
Die Tür glitt plötzlich auf, und Caitlin DeVries wirbelte herum. Aus ihren Räumen am Südhang des Castle Hill hatte sie von den Vorgängen, die den Alarm ausgelöst hatten, nur das Feuerwerk am Fuß des Berges mitbekommen.
Sie erkannte den kleinwüchsigen, gedrungenen Unteroffizier, der in der offenen Tür stand, als einen der Leibwächter ihres Vaters. Hinter ihm waren zwei weitere Planetare Gardisten zu sehen, zwei von den Soldaten, die vom ersten Tag des Coups an ihre Räume bewacht hatten. Beide waren offensichtlich nervös.
Caitlin zog den Morgenmantel über ihrem Schlafanzug zusammen. Die Art, wie der Mann ihre von der dünnen Kyoto-Shin-Seide nur notdürftig verhüllten Kurven betrachtete, gefiel ihr ganz und gar nicht. Sie war nicht sonderlich prüde – niemand, der gezwungen war, in der schwülheißen Enge eines Mechcockpits tagein, tagaus nur in knappen Shorts und Kühlweste zu arbeiten, konnte sich ein übertriebenes Schamgefühl leisten -, aber der Ausdruck in seinen Augen ließ sie frösteln.
»Was, in Blakes Namen, machen Sie hier, Corporal?« fragte sie im besten ›Gouverneurstochtertonfall‹, während sie sich zu voller Größe reckte und ihn mit eisigem Blick fixierte. »Haben Sie noch nie etwas davon gehört, daß man sich anmeldet, bevor man in ein fremdes Zimmer stürmt?«
Der Unteroffizier verzog keine Miene. »Unwichtig«, bellt er. »Sie kommen mit.«
Sie wich vor ihm zurück. »Wohin? Was ist los?«
»Ihr Vater will Sie sehen. Bewegung jetzt!«
Caitlin trat noch einen Schritt zurück. »Erlauben Sie mir wenigstens, mich vorher anzuziehen…«
»Jetzt, habe ich gesagt!« Der Corporal zog eine gefährlich aussehende Vibroklinge. »Ich habe zugesagt, daß ich Sie hole,
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