BattleTech 22: Fernes Land
anstrengen mußten, ihre Worte zu verstehen. Sie sprach langsam und bedächtig, und machte lange Pausen zwischen den einzelnen Sätzen. Trotzdem hatte sich die Geschichte in mehr oder weniger korrekter Version durch das ganze Lager verbreitet, als sie fertig war. Das Ergebnis ließ nicht auf sich warten.
Trotz der Gefahr unbekannter Beobachter in der Dunkelheit loderten die Lagerfeuer höher auf. Die Menschen gingen von einem Feuer zum anderen und versammelten sich in heftig diskutierenden Gruppen, bevor sie sich wieder verteilten. Die Stimmen wurden lauter. Menschen rannten durch die Dunkelheit. Vereinzelt kam es zu Schlägereien. Während all das passierte, saß Holly Goodall an dem kleinen Feuer, vor dem sie ihre Geschichte erzählt hatte, und starrte stumm ins flackernde Licht der glühenden Kohlen.
Robert Fullerton näherte sich Takuda, gefolgt von einer Menschenmenge. Der DEST-Kommandeur, der neben Goodall saß und mit ihr ins Feuer blickte, hörte ihn kommen und wußte, daß Ärger in der Luft lag. Fullerton blieb vor dem Feuer stehen. Einige der Leute hinter ihm drängten sich nach vorne.
Takuda sah zum Anführer der Flüchtlinge empor. »Wollen Sie zu mir, Robert Fullerton?«
»Wir haben nachgedacht«, erklärte Fullerton und wich dem Blickkontakt mit Takuda aus. Er malte mit der Stiefelspitze Muster und Linien in den weichen Waldboden, die er mit großem Interesse studierte. »Einige meiner Leute haben von Vosts Angebot gehört. Manche von ihnen, also, ehrlich gesagt eine ganze Menge, halten es für fair. Die meisten haben sich Ihnen in der Hoffnung angeschlossen, daß Sie siegen. Jetzt sieht es nach einem Sieg Vosts aus.«
»Kennen sie die ganze Geschichte? Ist ihnen klar, daß der Vertrag nicht auf ewig gilt? Haben sie darüber nachgedacht, was hinterher aus ihnen wird?«
»Mehr oder weniger«, erwiderte Fullerton, der noch immer Kringel in den Waldboden zeichnete. »Hier sehen sie keine große Hoffnung mehr. Ich meine, Sie wollen mit ihnen das Gebirge durchqueren, in der Hoffnung, irgendeine legendäre Siedlung zu finden. Es gibt noch immer einige, die dazu bereit sind. Aber andere wollen nicht aufgeben, was sie kennen und verstehen. Sie wollen einfach nur nach Hause.«
»Das möchten wir alle«, meinte Takuda. Er dachte an die kleine Koya an einem See auf Yumesta, weitab von allem, was auch nur entfernt ans Militär erinnerte. Er hatte die Hütte während einer Zwangserholung gefunden, zu einem Zeitpunkt, als er jede Sekunde seiner erzwungenen Ruhe gehaßt hatte. Aber der Ort hatte ihn vom ersten Augenblick an verzaubert. Die Hütte war in schlechtem Zustand, aber sie schien trotz allem eine andere Zukunft zu repräsentieren. Er hatte das Bild in seinem Herzen bewahrt, aber jetzt würde er diesen Ort nie wiedersehen. Er riß sich los und kehrte in die Wirklichkeit zurück. »Haben Sie eine Entscheidung getroffen? Haben Sie eine Entscheidung getroffen, Robert Fullerton?«
Fullerton blieb einen Augenblick stumm und verschämt stehen. »Ja, habe ich«, sagte er dann mit leiser Stimme. »Ich würde gerne annehmen, was Vost bietet.« Zum erstenmal hob er die Augen und sah Takuda an.
Mark Jacobs war auch zu dem Kreis um das Feuer gestoßen. »Wir haben alle unsere Gründe, nicht wahr? Einige von uns legen Wert aufs Geld, mehr oder weniger. Und die Höhe der Bezahlung ist eine Grundlage für ihr Selbstwertgefühl. Ich habe als Bordingenieur der Telendine ganz gut verdient und keine C-Note mehr gesehen, seit wir gelandet sind. Aber eines sage ich euch: Ich habe noch nie so viel Spaß am Leben gehabt, wie seit dem Zeitpunkt, als Holly und Takuda mich in den Heuschreck gesetzt haben. Ich würde lieber bei Ihnen bleiben.«
»Ich bin nur eine Söldnerin«, sagte Goodall und öffnete zum erstenmal, seit sie ihren Bericht beendet hatte, den Mund. »Und ich habe das beste Angebot erhalten. Es würde wohl Sinn für mich machen, mich Vost anzuschließen. Wahrscheinlich sollte ich das auch.« Goodall senkte den Kopf und starrte weiter in die Flammen. »Aber ich kann es nicht. Es liegt gar nicht mal so sehr daran, daß Vost nichts weiter als ein Schleimer ist. Auch nicht daran, daß er ein selbstsüchtiger, megalomanischer, egozentrischer Bastard ist. Mir gefällt diese Wahl einfach nicht. Irgendwas stimmt mit der ganzen Idee nicht. Eine Söldnerin zu sein, ist schon in Ordnung. Es ist nichts Falsches daran, für Geld zu kämpfen. Aber da steckt wohl noch etwas anderes in mir. Für mich gibt es mehr als nur Geld, und
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