BattleTech 28: Ritter ohne Furcht und Tadel
schwache Form der Unterhaltung. Trotzdem entschied sie sich, das Ritual zu meistern, für den Fall, daß diese Fähigkeit ihr irgendwann in der Zukunft noch von Nutzen sein konnte. Sie hatte einem jungen Mann, der neben dem Tisch stand, ein paar Geldscheine ausgehändigt, und er hatte sie gebeten, zwei Zahlen auszuwählen. Ihre Antwort war festgehalten worden, und nachdem auch andere Spieler ihre Zahlen gewählt hatten, versetzte der Mann ein großes Rad auf einem Ständer neben dem Tisch in Drehung. Das Rad trug die Zahlen von l bis 100 und ratterte, während es sich drehte, weil in regelmäßigem Abstand montierte Aufsätze gegen eine Bremse stießen, die seine Drehbewegung allmählich verlangsamte und schließlich vollständig zum Stillstand brachte. Am obersten Punkt des Rades befand sich ein Leuchtpfeil. Soweit Dawn feststellen konnte, gewann die Zahl, auf die der Leuchtpfeil zeigte, wenn das Rad stehenblieb. Wie auch immer dieses Spiel funktionierte, sie hatte gerade zum zweiten Mal gewonnen.
»Ich kann es nicht fassen. Glück und Schönheit in einem bezaubernden kleinen Paket.«
Diese Bemerkung hatte ein hinter ihr stehender, dunkelhäutiger Mann fallen lassen. Dawn setzte bereits an, dieser Freigeburt zu sagen, wohin er sich seine zweifelhaften Komplimente stecken konnte, als sie sich an Duncans Ermahnung erinnerte, kein Aufsehen zu erregen. Also warf sie der dreckigen Ratte nur einen vernichtenden Blick zu, drehte auf dem Absatz um und marschierte davon.
Duncan saß derweil an einem Spieltisch und fühlte sich wie zu Hause. Es gab eine Menge Casinos auf Kyeinnisan, aber dieses hier war das populärste und auch sein Favorit… die Höhle. Soweit er sehen konnte, hatte sich seit seinem letzten Besuch nicht viel verändert. Trotz des Namens war das Etablissement so prunkvoll eingerichtet, wie es die enormen Einnahmen des Hauses gestatteten. Und für die Spieler waren alle Drinks kostenlos. Duncan hob sein leeres Glas in Richtung einer spärlich bekleideten Bedienung.
Bovos stand schweigend hinter dem Samtseil, das von Messingständern gehalten den Tisch umgab, an dem Duncan Karten spielte. Jeder Tisch und jedes wichtige Spielareal waren mit solchen Seilen abgesperrt, um die Zuschauer, »die Galerie«, auf wenigstens einen Meter Abstand zu halten. Duncan Viererdrax spielen zu sehen, eines der beliebtesten Kartenspiele im Marik-Raum, war für Bovos eine traurige Erinnerung an die langen Nächte, in denen er mit seinen Kameraden in der Kaserne Drax gespielt hatte, begleitet von jovialen Prahlereien, Reminiszenzen und gutmütigen Scherzen. Soweit er sehen konnte, gewann Duncan… eine Menge. Hawkes, der kein großer Spieler war, schlenderte herüber und sah ebenfalls zu.
»Sind Sie bereit für die vierte Karte?« fragte der Dealer nervös. Er war so zittrig und unbegabt, daß Duncan nicht verstand, wie er diesen Job je bekommen hatte – oder es schaffte, nicht entlassen zu werden.
»Gib.« Der Sprecher war ein Textilhändler von Tamarind. Er wirkte nicht gerade sympathisch. Sein mürrisches Gesicht war voller Pockennarben, und einige seiner Zähne glänzten golden. Seine bisherigen Verluste hatten nicht gerade dazu beigetragen, seine Stimmung zu verbessern.
Der Dealer verzog verzweifelt das Gesicht, als er sah, daß er Duncan den Lancer des Hauses Marik gegeben hatte. Für sich genommen, war diese Karte wertlos, aber durch ihren Besitz stieg der Wert jeder anderen Marik-Karte in Duncans Hand um eins. Die beiden bereits aufgedeckten Karten Duncans waren eine Steiner-Neun und eine Marik-Acht, die damit ebenfalls zu einer Neun wurde. Duncan legte den Lancer aufgedeckt zur Seite, entsprechend den Regeln, und erhielt eine weitere Karte. Es war eine weitere Neun, diesmal vom Haus Kurita.
»Ich bin draußen.« Der Spieler, der mit diesen Worten aufgab, hatte eine Vier, Fünf und Sechs aufgedeckt vor sich liegen. Alle drei Karten waren von derselben Farbe. Er hatte offensichtlich versucht, die zweithöchste Kombination des Spiels zu erhalten, einen sogenannten ›Drax‹ – vier numerisch aufsteigende Karten einer Farbe. Welchen Wert seine erste, verdeckt gegebene Karte auch hatte, sie reichte nicht aus, die anderen drei zu einer Siegerkombination zu vervollständigen. Der Mann hatte sich als irgendein niederer Bürokrat von Atreus vorgestellt, der hier auf Urlaub war. Als er das gehört hatte, war Duncan froh gewesen, daß keiner der Ritter dabei war. Was, wenn dieser Mann Trane oder einen seiner Männer erkannt
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