BattleTech 28: Ritter ohne Furcht und Tadel
minderwertig gewesen. Indem er ihre Mechsysteme gestört und sie am Einsatz ihrer Waffensysteme gehindert hatte, hatte er ehrlos gehandelt. Selbst seine Kapitulation hätte Dawn kaum angenommen. Dieser Krieger war es nicht wert gewesen, zu überleben. Und trotzdem hatte sie ihm etwas gegeben, dessen er nicht würdig gewesen war, den Tod im Kampf. Durch dieses Verhalten hatte sie Carmodys Cavalieren einen ebensolchen Dienst erwiesen wie ihrem eigenen Stall. Seine Vernichtung stellte sicher, daß er seine Gene nicht an eine neue Generation weitergeben konnte. Trotzdem war er mit einer gewissen Ehre gestorben – auf dem Schlachtfeld -, wie es sich alle wahren Krieger erträumten.
Mordoc holte Dawn ab, als sie vom Bein des Dunkelfalken zu Boden sprang. Einige Hurrarufe stiegen von der nahen Tribüne auf, aber sie hörte auch Buhs und feindseliges Zischen. Dawn wußte nicht so recht, was sie von der Versammlung halten sollte, von niederen Kasten, die sich ein Urteil über ihre Leistung als Kriegerin anmaßten. Sie sah zu ihnen hoch, dann blickte sie wieder zu Mordoc, in der Hoffnung, der Stallmeister könnte ihr sagen, wie sie reagieren sollte.
»Ich wollte, daß du gewinnst, aber ich hätte nicht gedacht, daß du den Typ dabei umbringst«, meinte er und klopfte ihr auf die Schulter.
»Einer seiner Kameraden störte meine Zielerfassung. Er kämpfte weiter und versuchte, diesen Umstand auszunutzen. Es war ein Beweis für seine Ehrlosigkeit. Deswegen habe ich ihn zerstört.«
»Ich hab mir schon gedacht, daß der alte Carmody sowas versuchen würde. Bist du okay?«
»Ich bin bereit zu dienen.«
»Du hast heute abend schon genug getan, Dawn. Von jetzt an werden wir vor allem aufpassen müssen, daß die Cavaliers dich nicht umbringen, um sich zu rächen.«
»Das würden sie tun?«
»Und ob sie das tun würden, wie nix. Das war nicht irgendein Pilot, den du da ausgeknipst hast. Das war Jay J. Carmody, der Sohn des Alten. Er hat seinen Jungen verloren und die Hälfte seines Vermögens. Der wird alle Hebel in Bewegung setzen, um sich zu rächen.«
Soweit es Dawn betraf, war Rache ein Konzept, das nach einer rituellen Lösung in einem Ehrenduell zwischen Kriegern verlangte. Wie anders diese neue Welt doch war, in die es sie verschlagen hatte, wie fremdartig. Wenn diese Menschen überhaupt ein Konzept von Ehre besaßen, dann hatte es offensichtlich nichts mit dem zu tun, was die Clans darunter verstanden.
Hermann Bovos erhob sich von seinem Sitz auf der Tribüne und beobachtete, wie die betrunkene Menge ausrastete. Der Mann neben ihm stand auch auf und blickte hinab auf die schlammverkrusteten Trümmer des Greifen. Er rollte den Wettbogen zusammen und stopfte ihn in die Tasche.
»Danke, daß Sie bereit waren, sich hier mit mir zu treffen«, meinte Bovos. »Claire sagte, Sie hätten möglicherweise ein paar Informationen für mich?«
Der Mann reagierte nicht auf die Frage. »Claire ist nicht gerade für ihre Gefälligkeiten bekannt.«
Bovos lächelte. Er verstand selbst nicht so recht, warum Claire Lieb sich entschieden hatte, ihm unter die Arme zu greifen, aber er fand kein Interesse dran, es zu zerreden. »Sagen wir einfach, wir sind befreundet, sie und ich.«
»Klar.« Der andere Mann sah sich unter den schnell spärlicher werdenden Zuschauern um. Als er beruhigt war, daß niemand sie belauschte, redete er weiter. »Claire meinte, Sie suchen nach jemand, der hier in letzter Zeit ernsthaft rekrutiert hat. Ich denke, ich hätte da jemand. Es heißt, in einer Woche oder so kommen sie wieder, um neue Krieger anzuwerben. Ich habe auch gehört, daß sie mehrere Kompanien suchen, komplette Einheiten, wenn möglich.«
Bovos' Puls raste. Das waren aller Wahrscheinlichkeit nach dieselben Leute, die auch die Husaren angegriffen, seine Lanze ausgelöscht und ihn für tot gehalten und zurückgelassen hatten. Endlich würde er eine Chance erhalten, es ihnen heimzuzahlen, eine Chance, sich in ihre Organisation einzuschleichen. Seine Gedanken wirbelten. »Danke für den Tip.«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Hör mir zu, Kid. Wenn ich du wäre, würde ich mich von diesen Leuten weit fernhalten. Ich habe gehört, daß sie verdammt gefährlich sind.«
»Unmöglich.«
»Dann solltest du dich besser hurtig einer Lanze oder Mechkompanie anschließen. Sonst werden sie dich kaum nehmen.«
14
Galaport, Galatea
Mark Skye, Vereinigtes Commonwealth
15. Mai 3057
Von der Tribüne beobachteten Duncan Kalma und ein Teil seiner Männer die
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