BattleTech 31: Im Herzen des Chaos
Wache nie. Niemand wäre blöd genug, nach der Sperrstunde ohne die erforderlichen Papiere und einen verdammt guten Grund direkt zu den Toren der Residenz des Schirmherrn des Planeten zu fahren. Howard Blaylock gefiel es, sich wichtig zu machen.
Der Lastwagen hielt an. Die Wache murmelte vor sich hin, erhob sich von ihrem Hocker, öffnete dem eisigen Nachtwind die Tür des Wachhäuschens und trat mit ihrem Vereinigten Sturmgewehr über einer Schulter und einer Taschenlampe in der rechten Hand hinaus. Der Wachmann ließ den Lichtstrahl über den Aufbau gleiten. Er trug die Aufschrift ›Aquilonia Audiovisuell, Ihr Supermarkt für Unterhaltungselektronik‹.
Der Fahrer kurbelte das Fenster herunter. Er trug eine dunkle Skimütze und hatte ein langes Gesicht, dessen Schärfe die Jahre nicht abgemildert hatten. »Howdy«, sagte er. »Habe eine Ladung Hochleistungs-Holovidausrüstung hinten drin. Befehl von Blaylock.«
Der Wachmann runzelte die Stirn. »Ich dachte, das Zeug für die große Show morgen sollte erst nach Mitternacht reinkommen.«
»Läuft es nicht immer so, mein Freund?« fragte der Fahrer mit mitleidigem Grinsen. »Niemand sagt einem irgendwas.«
»Ich muß mir trotzdem die Papiere ansehen.«
»Der Papierkram dauert immer so lang«, sagte der Fahrer lächelnd. »Wie wäre es damit?«
Er hob eine Autopistole, auf deren Lauf ein fetter schwarzer Schalldämpfer geschraubt war. Das letzte, was die Wache sah, war ein heller kleiner Blitz.
»Sie erbitten viel von uns, Kolonel Camacho«, sagte Ganz Harter vom Schutzbund der Gunderland-Rancher quer über den zerkratzten Tisch aus Gunderlandpinie. Von draußen hörte man das Knirschen von BattleMech-Schritten im frischgefallenen Schnee vor der Jagdhütte. Don Carlos ging kein Risiko ein – dieses Treffen sollte nicht so rüde unterbrochen werden wie das vor zwei Tagen.
Ein Feuer brannte in einem grauen Feldstein-Kamin, der wesentlich bescheidener war als der am ursprünglichen Treffpunkt. Der Gemeinschaftsraum, dessen dunkelfleckige Stützbalken so niedrig hingen, daß selbst Don Carlos vorsichtig war, wenn er sich zu seiner vollen Größe von 173 Zentimetern aufrichtete. Diese Versammlung war exklusiver und fand hundert Klicks von der Lodge am Bear Creek entfernt statt, allerdings noch immer tief im Gebirge und weit weg von jedem Ort, in den einzudringen die Dracos und ihre Lakaien gewagt hätten. Außer natürlich das Wolfsmädchen, das diesmal nicht eingeladen war.
»Bisher könnte man den Eindruck gewinnen, ihr Söldner wärt wesentlich mehr gerannt, als ihr gekämpft habt«, fuhr der stämmige ExMechReiter fort.
»Das stimmt«, sagte Maccabee Bar-Kochba in seinem an aneinanderreihende Kiesel ermahnenden Baß. Seine Kompanie Dayan war in Lanzen in einem Bogen nördlich und östlich von Port Howard verteilt. Sie hatten Stoßtrupps von Kuritapanzern und BattleMechEinheiten in Hinterhalte gelockt und sich dann wieder zurückgezogen. Sie hatten zwei Mechs, sieben Panzer und zwanzig weitere Fahrzeuge zerstört, ohne selbst Verluste zu erleiden. Das war die Art von Krieg, in der die Caballeros unübertroffen waren. »Aber wir schlagen zu, und denen tut es weh.«
»Sie sind aber viel mehr«, sagte Pik Vosloo, ein weiterer ehemaliger MechKrieger, der jetzt Rancher war. Der dunkle, schmale Mann in den Dreißigern hatte tiefliegende schwarze Augen und kurzgeschorenes schwarzes Haar, das sich zu einem dünnen Zopf auswuchs. »Einen Zermürbungskrieg können Sie nur verlieren.«
»Deshalb rennen wir ja weg«, sagte Peter White-Nose Pony. Im Augenblick hatte er die Kompanie Geronimo des Dritten Bataillons südlich von Port Howard und blockierte die Autobahn in die Hafenstadt Sarnath in der Provinz Nemedien. Wie Maccabee hatte er seine beiden anderen Kompanien vor der Invasion auf Onkel Chandys Besitztümer rings um das westliche Hyboria verteilt.
»Ein Planet ist ein sehr großer Ort, meine Freunde, wenn Sie mir erlauben, das Offensichtliche noch einmal festzuhalten«, sagte Kolonel Camacho von seinem Sitz am Kopfende des Tisches aus. Er lächelte. »Wie wir in den paar kurzen Wochen zwischen unserer Ankunft und der unserer ungebetenen Gäste nur allzu deutlich erfahren haben. Diese abtrünnigen Kuritas müssen wohlüberlegt vorgehen, da sie nicht hoffen dürfen, Towne mit brutaler Gewalt zu erobern.«
»Aber es wird keine Knappheit an Kollaborateuren herrschen, die bereit sind, für einen Hauch von Macht ihr Geburtsrecht zu verscherbeln«, sagte Vosloo. »Dafür
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