BattleTech 35: Höhenflug
Grendel lächelte wieder, diesmal etwas ehrlicher als zuvor. »Willkommen bei Generro Aerospace, Ms. Dooley. Sie sind etwas früh, aber Mr. Leclerc erwartet Sie.« Er griff in die Tasche, zog eine Art Abzeichen etwa von der Größe einer Spielkarte hervor und reichte es ihr. »Bitte legen Sie diesen Ausweis während des Aufenthalts in der Anlage nicht ab. Er identifiziert Sie als Besucherin. Wenn Sie uns wieder verlassen, geben Sie ihn bitte bei mir oder einem meiner Kollegen wieder ab. In Ordnung?«
»Okay.« Sam drehte die Karte in der Hand. Sie war aus Plastik und erinnerte an eine übergroße, ungewöhnlich dicke Kreditkarte. Sie konnte jedoch weder irgendwelche eingeprägten Zahlen noch einen Magnetstreifen finden. Die einzige Markierung auf der hellgrauen Oberfläche war der in großen schwarzen Lettern gehaltene Schriftzug VISITOR. Warum ist sie so dick? überlegte sie. Wahrscheinlich eine ›Smart Card‹, vielleicht mit eingebautem Peilsender. Interessant.
An einer Seite der Karte war eine kleine Krokodilklemme angebracht, mit der sie den Ausweis am Kragen ihrer weißen Baumwollbluse befestigte. Sie lächelte zu dem Posten hoch. »So, damit wäre ich wohl offiziell.«
Diesmal war sein Antwortlächeln ehrlich. »Kann man so sagen.« Er deutete durch das Tor, die Asphaltstraße hinab, die zu den nächsten der niedrigen Gebäude im Innern der Anlage führte. »Bleiben Sie auf der Hauptstraße, bis sie zu Ende geht, Ms. Dooley«, wies der Posten sie ein. »Dann biegen Sie rechts ab. Der Besucherparkplatz befindet sich vor dem Empfangsgebäude. Mr. Leclerc wird Sie dort abholen. Okay?«
»Bis zum Ende und dann rechts«, wiederholte sie. »Und wenn ich nach links fahre...?«
Er lachte. »Das ist der Teil meines Jobs, der mir am wenigsten gefällt: die Hinterbliebenen benachrichtigen. Einen schönen Tag noch, Ms. Dooley.« Als er zurücktrat, glitt das Tor lautlos auf Metallschienen beiseite.
Sam fuhr langsam weiter und hielt sich an die neben der Straße angezeigte Geschwindigkeitsbegrenzung von zehn Meilen in der Stunde. Als sie durch das Tor fuhr, bemerkte sie eine Videokamera auf einem der metallenen Torpfosten, die ihrem Wagen in einer sanften Drehbewegung folgte. Sie wandte hastig den Blick ab - nichts macht Sicherheitstechniker nervöser als Leute, die ihren Spielzeugen zuviel Aufmerksamkeit schenken - machte sich aber ihre Gedanken über den Eindruck der Kamera, den sie in ihrem Gedächtnis bewahrt hatte. Ein großes Objektiv. Wahrscheinlich ein leistungsstarker Zoom. Ohne Zweifel würden die Jungs im Torhäuschen es augenblicklich sehen, falls sie tatsächlich versuchte, nach links statt nach rechts abzubiegen.
Die zweispurige Straße führte vom Tor in gerader Linie auf den Gebäudekomplex zu. Die Entfernung betrug schätzungsweise eine Viertelmeile. Zu beiden Seiten der Straße war das Gelände hinter dem flankierenden Grünstreifen staubtrocken und eben. Keine Gebäude, keine Zäune, nichts. Eine Pufferzone, erkannte sie. Ein Schutzgürtel zwischen dem Zaun und der eigentlichen Anlage. Die nehmen ihre Sicherheitsvorkehrungen wirklich ernst. Wahrscheinlich ein Überbleibsel aus den ruhmreichen Tagen der Firma, als sie mit millionenschweren Militäraufträgen bedacht wurde. Aber warum halten sie das aufrecht? fragte sie sich plötzlich. Der Geldaufwand für diese Art von Sicherheit ließe sich doch bestimmt in wichtigere Projekte investieren ...
Jetzt waren die zusammengedrängten Bauten schon viel deutlicher zu erkennen: ausgedehnte, flache Betonblocks, häufig mit eindrucksvollen Ansammlungen von Mikrowellen- und Satellitenantennen auf dem Dach. Nur ein kleiner Teil besaß Fenster, und die wenigen, die es überhaupt gab, bestanden aus stark eingefärbtem Glas: ohne Zweifel hauptsächlich, um das Gebäudeinnere nicht unnötig aufzuheizen; aber gleichzeitig verhinderten sie, daß Sam einen Blick ins Innere werfen konnte. Entlang einzelner Gebäude hatte jemand schmale Blumenbeete angelegt, wohl in einem halbherzigen Versuch, die institutionelle Kälte zu mildern, aber die meisten grenzten an spärlich besetzte Parkplätze. Dieser Ort wirkt erstaunlich vertraut. Sie mußte einen Augenblick überlegen, bevor sie verstand, warum: Generro Aerospace schien ein Mittelding zwischen einem modernen Industriegelände und einer Anlage der Regierung wie dem Zentrum für bemannte Raumfahrt in Houston, das sie als Teenager einmal besucht hatte, zu sein.
Sie erreichte das Ende der Straße und drehte wie angewiesen
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