BattleTech 36: Blindpartie
Schwerelosigkeit oder unter minimaler Gravitation hatten alle Schotten geschlossen und fest verriegelt zu sein, um Unfälle zu vermeiden, falls das Landungsschiff gezwungen war, sich schnell vom Sprungschiff abzukoppeln und zu beschleunigen. Für Landungsschiffsbesatzungen war das Einhalten solcher Regeln zweite Natur, und die Techs der Angeli standen ihnen in Sorgfalt nicht nach, denn wenn durch einen Unfall etwas entzwei ging, hatten sie die Arbeit, es wieder instandzusetzen. Marcus hob ein einigermaßen trockenes Teil seines Hemdschoßes ans Gesicht und wischte den Schweißtropfen weg, der im linken Augenwinkel brannte. Die Luke konnte auch nicht von einem unvorsichtigen Familienangehörigen der Angeli offengelassen worden sein, denn die befanden sich alle an Bord der Stecknadelkopf und hätten hier unten ohnehin nichts zu suchen gehabt.
Blieb ein MechKrieger.
Marcus streckte langsam die Hand aus und löste den Metallhaken, der die Luke offen hielt. Er spielte mit dem Gedanken, einfach hindurchzuschweben und sie hinter sich zu schließen, um es seinen Engeln nicht unnötig schwer zu machen. Aber dann überlegte er es sich anders. Er wollte nicht zu weich werden. Er drückte gegen die Luke, um sie zu schließen, aber kurz bevor sie in den Rahmen fiel, pfiff ein heftiger Luftstoß durch die Lücke zwischen der Metallwand und der Gummibeschlagzeising der Luke. Irgendwo im Achsenschacht mußte noch eine andere Luke offenstehen.
Marcus sicherte die Luke und verriegelte sie mit
einer Vierteldrehung des Rads. Ein paar Handzüge trugen ihn an den Eingang zum Mechhangar. Wie alle Luken in den Hangarräumen wurde auch diese auf beiden Seiten durch drei schwere Metallriegel gesichert, so daß sie selbst dem Zug des Vakuums standhielt. Weil es der MechKriegereingang war, besaß diese Luke zusätzlich eine Schnellentriegelung, die mit einem Hebelgriff alle sechs Riegel gleichzeitig löste.
Marcus hielt mit einer Hand an dem glänzenden Stahlhebel an. Beinahe wäre es ihm gelungen, sich sein Vorhaben auszureden. Er haßte es, die Mutterhenne zu spielen, die ihre Kinder ermahnte, hinter sich aufzuräu
men. Aber das ist auch Teil der Arbeit. Wahrscheinlich
waren es Karstchow oder Foley gewesen, die beiden neuesten Angeli. Ungebeten trat das Bild Brent Karstchows und Charlenes vor sein Auge, die durch den Hangar schlenderten, und wieder wäre er fast umgedreht. Aber er riß sich zusammen und war entschlossen, die Kommandeursrolle durchzuziehen, als er leise die Tür öffnete. Er würde nur einen kurzen Blick hineinwerfen. Wenn es den Anschein hatte, als verletze er jemandes Privatsphäre, würde er mit der Zurechtweisung warten.
Die Luke gab den Zugang zu einem großen, kreisrunden Laufsteg frei, der hoch über dem Boden des Mechhangars verlief und Zugang zu den Kopf- und oberen Torsobereichen von acht BattleMechkokons bot. Der scharfe Geruch von Kühlmittel, vermischt mit dem unvermeidlichen Duft von Schmiermittel, verlieh der Luft ein vertrautes Aroma, das er weder als angenehm noch als unangenehm empfand.
Die gedämpfte rote Beleuchtung, häufig als >Nachtlicht< bezeichnet, verwandelte die schon unter normalen Bedingungen bedrohlich wirkenden Kampfmaschinen in geisterhafte Titanen. Marcus konnte nur die nächsten drei Mechs sehen. Die große Radarantenne auf dem Kopf von Connor Monroes Kampfschütze verdeckte die Sicht auf das Innere des Hangars. Er stieß sich in Richtung auf den Mech ab, packte eine der Leiterstreben nahe dem Einstiegsluk des Cockpits und hing schweigend über dem riesigen, stillen Hangarsaal.
Winzige Lichtpunkte wie von Taschenlampen spielten durch das transparente Kanzeldach von Paula Jacobs' Wespe.
Marcus zuckte zusammen. Angst und Zweifel ließen seine Haut kitzeln, während gleichzeitig ein warmer Schauer an seinem Körper aufstieg. Die Wespe stand in einem Kokon keine zehn Meter vor den Hangartoren, so daß sie sich etwa zehn Meter voraus und dreißig Meter links von Marcus' Position am Kopf des Kampfschütze befand. Ein leichter Flug, falls er sich dazu entschloß. Die Lichter blitzten wieder auf. Eindeutig zwei. Marcus wollte sich zurückziehen und Faber holen, bevor er der Sache näher auf den Grund ging. Aber ein plötzliches Geräusch in seinem Rücken ließ ihm dazu keine Gelegenheit.
Es war das Rasseln der Laufsteggitter, der Klang, den die Belastung einer lockeren Abdeckung auslösen konnte. Marcus zog augenblicklich die Beine unter den Körper, bereit, sich in welche Richtung auch
Weitere Kostenlose Bücher