BattleTech 36: Blindpartie
zu halten. Es scheint, daß auf Outreach die sofortige Einlösung Ihrer Schulden gefordert wird. Ihre Gläubiger haben Sie für bankrott erklärt und alle planetaren Milizen sind aufgefordert, Ihre Mechs zu beschlagnahmen und als Pfand an Ihre Gläubiger zu schicken.« Der Kalif nahm eine Traube aus der Hand seiner Sklavin an und lächelte böse, während er sie zerkaute und schluckte. »Es scheint, Kommandant, daß Sie so schnell nicht in die Innere Sphäre zurückkehren werden.«
23 Palastgrund, Shervanis, Kalifat Shervanis Astrokazy, Peripherie
28. Juni 3058
So schnell werden Sie nicht in die Sphäre zurückkehren. Die Worte hallten immer noch durch Marcus' Gedan
ken, während er die engen Korridore des Palasts durchstreifte. Die Absätze klackten auf dem Marmorboden,
und das hohle Echo seiner Schritte verfolgte ihn, gejagt
vom leisen Flüstern der Sandalen, das ihn beständig an
seine >Eskorte< erinnerte.
Erzwesir Ji-Drohmien hatte auch den anderen vier
Angeli je einen turbanbewehrten Krieger zugeteilt, um
sie zu ihren Zimmern zu führen und ihnen später zu
helfen, sich im Palastgebäude zu orientieren. Um uns zu
bewachen und einzuschüchtern, bis der Kalif bekommt, was
er will, übersetzte Marcus. Er war noch geblieben, um
ein paar abschließende Worte mit Shervanis zu wechseln, und bei seiner Verabschiedung hatten zwei dieser
Begleiter auf ihn gewartet.
»Wie es Ihrem Status als unser höchst ehrwürdiger
Gast geziemt«, hatte Ji-Drohmien mit einem dünnen
Lächeln erklärt. Marcus hatte auf eine Antwort verzichtet. Er wollte nur aus den engen Mauern des Palasts
entfliehen und seine Enttäuschung verschmerzen. Die
beiden Wachen korrigierten ihn nur einmal, als er
falsch abbiegen wollte, und kurz darauf marschierte er
durch die weite Eingangshalle und die Vordertüren
hinaus in den Garten.
An einem Ende des überdachten Eingangs wartete jemand auf ihn. Die Frau kehrte ihm den Rücken zu, und
einen Moment lang glaubte Marcus, es sei Jericho Ryan.
Aber sie hatte weder Jerichos Größe noch ihre volle Figur, und ihr Haar war viel zu lang und glatt. Nein, es war Ki-Lynn. Marcus war überrascht, daß er die beiden hatte verwechseln können, dann wurde ihm klar, daß er gehofft hatte, Jericho zu treffen. Irgendwie konnte er mit ihr als Außenstehender viel leichter reden. Jedenfalls war es bisher so gewesen. Jetzt, da sie und ihre Lanze den Angeli angegliedert waren, trug er auch für sie die Verantwortung. Und der Gedanke, daß sie einen besonderen Platz in seinem Herzen beanspruchen könnte, wurde plötzlich beunruhigend. So beunruhi
gend, daß er die wartende Ki-Lynn fast vergessen hätte. »Konnichi-wa, Marcus«, begrüßte sie ihn.
An der gelassenen Geduld ihrer Stimme erkannte
GioAvanti, daß sie die Worte schon einmal gesprochen
hatte, und sie wahrscheinlich im selben nüchternen Ton
auch ein zweites und drittes Mal wiederholen würde,
bis er antwortete. »Konnichi-wa, Ki-chan.« Sein Japanisch war alles andere als perfekt, aber nach Jahren in
den Diensten des Draconis-Kombinats reichte es für
ein einfaches Gespräch. »Gomen-nasai«, entschuldigte
er sich. »Ich war in Gedanken.«
»Wakarimasu. Verständlich, wenn man die Dauer
Ihres Gesprächs mit Kalif Shervanis bedenkt.« Wie immer achtete Marcus mehr darauf, wie Ki
etwas sagte oder manchmal nicht sagte. Die Kunst der
Konversation unter Draconiern erforderte den Einsatz
von Subtilität und vagen Andeutungen selbst für die
alltäglichsten Themen. Und Ki-Lynn hatte darin Meisterschaft erlangt. Marcus schloß aus ihrer Feststellung,
daß sie sich über das Gespräch unterhalten wollte. »Laß
uns etwas gehen, Ki.«
Auch die leichte Bewegung ihrer Augen, mit der sie
seine Aufmerksamkeit auf ihre Eskorte zog, einen großen Beduinen, der reglos auf der anderen Seite einer
Säule wartete, entging ihm nicht. Marcus ging voraus
in den Palastgarten, einen Feldsteinpfad entlang, der
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237 um das Gebäude herumzuführen schien. Ki-Lynn spazierte eleganten Schritts neben ihm, und drei der Krieger des Kalifen folgten ihnen wenige Schritte zurück. Sollen sie, dachte Marcus. »Wir sind nicht allein«, stellte er auf japanisch fest. Falls es nicht weiter von Bedeutung war, geheimzuhalten, worüber sie sprechen wollte, konnte sie das Gespräch auf Anglik fortsetzen. Es überraschte ihn nicht, als sie in derselben Sprache antwortete.
»Hat der Oyabun Sie bedroht?«
Oyabun. Das war das japanische Wort für den Anführer einer Yakuza-Verbrecherorganisation.
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