BattleTech 39: Heimatwelten
ihr geworden seid. Und ich bin auf demselben Weg. Das verstehe ich jetzt. Es geht nicht um mich und darum, wer ich bin. Ich bin, wer ich bin, und werde es bleiben, bis ich sterbe. In fünf, zehn, fünfzehn oder fünfzig Jahren wird niemand mehr mich oder dich oder dich wirklich kennen. Wer wir sind, wird in Vergessenheit geraten. Was wir getan haben, daran wird man sich erinnern, und das wird man über die Jahre beurteilen, preisen oder wiedergutmachen. Wird die Innere Sphäre durch mein Leben bereichert oder verarmt werden? Ich hoffe, daß sie bereichert wird, aber ich muß noch einiges tun, um das sicherzustellen.« Er ballte die Fäuste. »Und deshalb werde ich keinem von euch folgen. Ich gehe zurück. Ich werde noch nicht sterben.«
Hanse kicherte. »Das war eine schöne Ansprache, aber du kennst den Weg zurück nicht.«
Victor berührte wieder den Anhänger. »Ich nicht, aber er schon.«
Takashi lachte. »Das Ding wird dir nicht helfen.«
»Und ob es das wird.« Victor rieb den Anhänger und fühlte, wie der Stein sich erwärmte. Der Jadeaffe wurde größer und ließ das Lederband um Victors Hals los. »Wenn ich mir das alles nur einbilde, kann ich mir auch Sun Hou-Tzu als meinen Führer zurück ins Leben vorstellen. Und wenn das hier tatsächlich das Reich des Übernatürlichen und die Pforte ins Jenseits ist: Er hat Yen-lo-Wang ausgetrickst und sein Volk aus den Händen des Königs der Toten befreit, also gewinne ich wieder.«
Takashi nickte Hanse verärgert zu. »Er ist tatsächlich ein schlauer Bursche.«
»Das wird er auch nötig haben.«
Victor packte die Hand des Affen. »Ich kann und werde mir keine Sorgen darüber machen, was ihr von meinem Handeln halten würdet oder was irgend jemand sonst von mir denkt. Ich muß meiner selbst treu bleiben und tun, was ich als richtig erkannt habe. Alles andere hieße, mich selbst zu verraten, und das werde ich auf keinen Fall tun.«
Kai Allard-Liao sah von seinem Platz neben Victors Bett auf. Sein Nacken schmerzte, weil er auf dem Stuhl eingeschlafen war, aber er hatte sich geweigert, ein Bett anzunehmen, als man es ihm angeboten hatte. Er war nicht von Victors Seite gewichen.
Von der anderen Seite des Betts sah Omi herüber und lächelte. »Du hast ihn gehört?«
Kai nickte und stand auf. Victors Lider flatterten, dann öffneten sie sich. »Ruhig, Victor, du hast das Schlimmste hinter dir.«
Omi nahm Victors rechte Hand und drückte sie. Tränen strömten über ihr Gesicht, und Kai fühlte einen Kloß im Hals.
Victor hustete leicht und zuckte zusammen, dann zwang er sich zu einem Lächeln. Seine Brust hob sich zwei, drei Mal, der Verband spannte sich unter der Bewegung, dann versuchte der Prinz unter der Sauerstoffmaske etwas zu sagen.
»Was?« Kai schüttelte den Kopf und beugte sich zu ihm hinab.
»Liebe. Tut. Weh.«
Kai mußte lachen. »Laß die Witze, Victor. Du standst an der Schwelle des Todes.«
»Dahinter.« Er fuhr sich langsam mit der Zunge über die aufgesprungen Lippen. »Zurück.«
»Verdammt richtig. Du bist zurück.« Kai sah zu Omi. »Er kommt wieder in Ordnung.«
»Hai«, flüsterte sie leise. Sie streckte die linke Hand aus und strich über Victors Gesicht. »Die Ärzte sagen, du kannst schon bald wieder aufstehen.«
»Gut.« Victors Stimme wurde etwas lauter. »Den Tod besiegt.« Sein Blick wurde schärfer. »Nächstes... Nebelparder.«
29
Palast stiller Zuflucht, Imperial City, Luthien Präfektur Kagoshima, Militärdistrikt Pesht, Draconis-Kombinat
7. Januar 3059
Lieber Gott, gib mir Kraft. Victor Davion schloß die Augen, dann öffnete er sie wieder und glich bewußt das Schwanken seines Körpers aus. Achtundvierzig Stunden nach dem Kampf war er zurück im Garten, in denselben Kleidern wie zuvor, mit demselben Schwert. Er hatte kein Gefühl von Déjà-vu, hauptsächlich, weil die Medikamente und Arzneimittel, mit denen man ihn vollgepumpt hatte, ihm eine gewisse Abgehobenheit vermittelten. Statt dessen kam er sich vor wie ein Verbrecher, der an den Ort seiner Tat zurückkehrte.
Kais Stimme drang durch die kleine Kombination von Mikrofon und Ohrhörer. »Victor, alles klar?«
Der Prinz öffnete ein wenig den Mund, um zu antworten. Das winzige Mikrofon fing seine Stimme durch die Ohren und die Eustachische Röhre auf, was Victor nur recht war. Er hätte nicht lauter als im Flüsterton sprechen können. »Ich bin bereit, Kai.«
»Bist du in Ordnung? Ist dir kalt?«
Victor konnte nicht sofort antworten. Sein blutverschmierter Kimono war so
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