BattleTech 44: Falke im Aufwind
gewußt, selbst nachdem er den ersten Test verloren hatte und ich mich von ihm abkehrte. Wir hatten einander in der Geschko sehr nahe gestanden, aber danach wies ich ihn ab. Schließlich entsprach das dem Wesen der Clans. Ich wußte von Beginn an, daß es Aidan niemals leichtfallen würde, sich in die Rolle eines Techs einzufinden, aber ich nahm an, seine Anpassungsfähigkeit und Findigkeit würden ihm erlauben, in einer niederen Kaste Karriere zu machen. Statt dessen floh er, wie allgemein bekannt, und kehrte unter dem Namen Jorge zurück. Das war das Werk Falknerkommandeur Ter Roshaks, der Aidan die Gelegenheit verschaffte, sich in der Tarnung eines Freigeborenen zum Krieger zu qualifizieren.«
»Als Freigeburt«, murmelte Samantha Clees. Es war die verächtlichere Version des Begriffs Freigeborener und diente bei den Clans häufig als obszönes Schimpfwort. Marthe war klar, daß manches an dieser Geschichte einen Schock für die saKhanin bedeuten mußte, denn gewisse Details waren nicht allgemein bekannt.
»Nachdem er zum Krieger wurde, schwor Aidan Ter Roshak, die Umstände seines zweiten Tests nicht aufzudecken. Er spielte einige Jahre die Rolle eines freigeborenen Kriegers, bis er in eine Lage gedrängt wurde, die ihn zwang, diesen Schwur zu brechen. Damals gab es lautstarke Proteste gegen Aidans Teilnahme als Wahrgeborener an einem Blutrecht. Er setzte sich in einem Widerspruchstest durch und nahm am Gestampfe teil, um sich zu qualifizieren. Er gewann das Gestampfe und bald darauf den Blutnamen, und zwar mit einem unorthodoxen Schachzug, den er einsetzte, als er die Niederlage schon vor Augen hatte. Es ist sogar so, daß Aidan verloren hätte und in Vergessenheit geraten wäre, hätte sein damaliger Gegner nicht darauf bestanden, bis zum Tod zu kämpfen. So aber siegte er und wurde zum anerkannten Krieger. Schließlich brachte er es sogar zum Kommandeur einer Einheit, die ebenso umstritten war wie er, der Falkengarde. Er stellte den Ruf der Garde wieder her, und Jahre später wurde dieser Ruf noch zementiert, als Joanna Natascha Kerensky besiegte, die berüchtigte Schwarze Witwe. Aber da war Aidan bereits auf Tukayyid den Heldentod gestorben. Er hielt Horden angreifender BattleMechs auf, damit der Rest der Falkengarde ohne weitere Verluste abheben konnte. Außer ihm selbst natürlich. Ironischerweise war eine der Kriegerinnen, deren Leben er dabei rettete, eben diese Diana.«
Samantha blieb kurz stehen und meinte tonlos: »Dramatisch vorgetragen, Marthe Pryde. Manches davon wußte ich bisher noch gar nicht.«
»Ich erzähle dir diese Einzelheiten nur, um zu erklären, weshalb Dianas Anspruch mir ganz persönlich gerechtfertigt erscheint. Ihre Forderung, an einem Blutrecht teilnehmen zu dürfen, entspricht den unorthodoxen Taktiken Aidan Prydes.«
»Wie kannst du die beiden vergleichen?«
»Wenn auch nur die geringste Chance besteht, daß Diana als Tochter...« Marthe mußte fast lächeln, als Samantha bei diesem Wort zusammenzuckte, »... des wagemutigen und findigen Aidan Pryde einen Blutnamen erringen kann, bin ich bereit, das Mißfallen unseres gesamten Clans zu riskieren und ihr die Gelegenheit zu ermöglichen, sich zu beweisen. Ehrlich gesagt habe ich selbst meine Zweifel, daß es ihr gelingt, aber dann denke ich an Aidan Pryde und all die Hindernisse, die er überwunden hat, und werde unsicher. Deshalb, Samantha Clees, habe ich mich gegen die Strömung gestemmt, ihre Kandidatur genehmigt und Ravill Pryde gezwungen, sie offiziell vorzuschlagen. Er war außer sich, aber er ist ein guter Jadefalken-Krieger und intelligenter Stratege, der den Wert meiner Einwände eingesehen hat, ebenso wie du es inzwischen tust, frapos?«
Einen Augenblick lang schien es so, als würde Samantha ihr widersprechen, aber dann antwortete sie doch mit dem rituellen Pos, bevor sie weiter durch Marthes Schlafzimmer marschierte. »Viele Jadefalken-Krieger stehen in dieser Frage gegen dich, ebenso wie viele Khane des Konklave.«
Marthe schluckte schwer. »Das stimmt, befürchte ich. Aber das stehen wir durch, und dazu benötige ich deine Hilfe, saKhanin Samantha Clees.«
»Ich stehe immer zu Diensten.«
Einen Augenblick lang, als Samanthas Gangart sich beschleunigte, schien es so, als müsse sie jeden Augenblick gegen die Wand schlagen. Doch sie blieb auf einmal stehen und wirbelte zu Marthe herum. »Aber das Gefauche im Konklave halte ich nicht aus.« Ihre Stimme klang ruhig, aber offensichtlich war es ihr ernst. »Jadefalken sind
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